Mental Health

Gehen gegen Einsamkeit? Neue ZI-Studie legt Erstaunliches nahe

Eine neue Studie des Mannheimer ZI legt Erstaunliches nahe. Wer läuft, kompensiert negative Folgen des Alleinseins. Warum ist das so und wie viel muss man laufen?

Von 
Lea Seethaler
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Laut einer aktuellen ZI-Studie soll Spazieren gegen Einsamkeit helfen. © DPA

Mannheim. Soziale Isolation und Einsamkeit sind ein großes gesellschaftliches Problem. Ihre negativen Auswirkungen für die psychische Gesundheit haben sich durch die Covid-19-Pandemie weltweit noch verschärft. Forscher des Mannheimer Zentralinstituts für Seelische Gesundheit (ZI) haben mit Wissenschaftlern des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), der Ruhr-Uni Bochum (RUB) und der Uni Bern untersucht, inwiefern körperliche Aktivität negative Auswirkungen sozialer Isolation auf das Wohlbefinden abschwächen kann.

Eine Stunde Gehen wirkt schon - und besonders gut bei Risikopatienten

Das Forscherteam hat seine Studienergebnisse in der Fachzeitschrift Nature Mental Health veröffentlicht. Die Studie zeigt, dass Menschen, die in ihrem Alltag momentan alleine waren, über ein vergleichsweise geringeres Wohlbefinden berichteten, welches sich jedoch erhöhte, wenn sie sich körperlich betätigten. Die Daten legen nahe, dass körperliche Aktivität wie etwa eine Stunde Gehen mit einem Tempo von fünf Stundenkilometern das momentane sogenannte „sozial-affektive Defizit“ ausgleichen kann.

Die Forschenden beschreiben in weiteren Analysen, dass dieser positive Effekt von Bewegung selbst bei geringerer körperlicher Aktivität und während der Pandemie-bedingten Einschränkungen bestehen blieb. Untersuchungen der Hirnfunktionen der Probanden ergaben darüber hinaus, dass Menschen mit einem erhöhten neuronalen (das Nervensystem betreffenden) Risiko für Depression und Einsamkeit besonders deutlich von einem körperlich aktiveren Lebensstil profitierten.

Probanden arbeiteten mit Beschleunigungssensoren und Smartphone-Tagebüchern

Die Studie umfasste 317 junge Erwachsene und zusätzlich eine zweite Gruppe von 30 Erwachsenen, die während der Pandemie untersucht wurde. Die Wissenschaftler nutzten für ihre Untersuchung eine vielfältige Methodenkombination, darunter Beschleunigungssensoren, Smartphones mit elektronischen Tagebüchern und Hirnbildgebung.

Dieses Vorgehen ermöglichte es den Forschenden, das komplexe Zusammenspiel von sozialem Kontakt, körperlicher Aktivität und psychischem Wohlbefinden im Alltag zu untersuchen und ebenso damit zusammenhängende Hirnfunktionen ausfindig zu machen.

„Bisherige Studien haben soziale Kontakte und körperliche Aktivität überwiegend unabhängig voneinander untersucht“, sagt Anastasia Benedyk von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am ZI, die mit Markus Reichert (ZI und RUB) Erstautorin der Studie ist. „Unsere Studie erweitert den Wissensstand, indem sie ein dynamisches Zusammenspiel dieser beiden Faktoren im Alltag zeigt, das sich auf das affektive Wohlbefinden auswirkt“, betont Benedyk.

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Heike Tost, ebenfalls von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am ZI, macht deutlich: „Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass körperliche Aktivität als wirksame und zugängliche Strategie genutzt werden kann, um den psychologischen Auswirkungen des Alleinseins und der Einsamkeit entgegenzuwirken und die öffentliche Gesundheit zu verbessern.“

Die Daten zeigen: Bewegung, es muss kein Extremsport sein, ist, wie schon in vielen anderen Studien gezeigt, förderlich für die Gesundheit. Nicht nur gegen viele Volkskrankheiten physischer Natur wie etwa Adipositas, sondern auch bei psychischen Erkrankungen wie Demenz, gibt es präventive Effekte. Und nun wohl auch beim „stillen Killer Einsamkeit“, wie sie zuletzt sogar der WHO-Chef nannte.

Redaktion Redakteurin und Online-Koordinatorin der Mannheimer Lokalredaktion

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