Mannheim. Mannheimer Forschende haben wichtige Erkenntnisse darüber geliefert, wie Belastungen in früheren Lebensphasen zu anhaltenden Veränderungen im Hirn führen können. Das hat das Mannheimer Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) mitgeteilt. Wissenschaftler des ZI sowie des Donders Institute for Brain, Cognition and Behaviour in den Niederlanden veröffentlichten die „wegweisende Studie“ in der Fachzeitschrift Nature Neuroscience, so das ZI.
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Sie ergab, dass im Alter von 25 Jahren weitreichende Veränderungen im Hirn festgestellt wurden, die mit widrigen Einflüssen in früheren Lebensphasen zusammenhängen: Die Widrigkeiten, denen diese Personen ausgesetzt waren, waren etwa Komplikationen bei der Geburt, familiäre Probleme oder traumatische Ereignisse. Heraus kam etwa, dass letztere psychosoziale Widrigkeiten mit beschleunigter Entwicklung in Regionen, in denen Angst reguliert wird, zusammenhängt. Während Komplikationen bei der Geburt mit verzögerter Hirnentwicklung in Verbindung standen. Die Veränderungen waren auch im Alter von 33 Jahren nachweisbar.
Ermöglicht das Mannheimer ZI bald bessere Vorhersagen?
Dass etwa ein Trauma nicht nur psychische, sondern auch physiologische Spuren hinterlassen kann und das Gehirn oder den Stoffwechsel verändert, zeigten bereits viele Studien. Laut Ärzteblatt werden etwa 50 bis 70 Prozent aller Menschen mindestens einmal im Leben mit traumatischen Ereignissen konfrontiert. Nicht alle erkranken jedoch etwa an einer posttraumatischen Belastungsstörung.
Das Thema ist komplex, doch das besondere an der Mannheimer Studie sind die entwickelten Modelle der Wissenschaftler. Sie könnten dazu beitragen, „individuelle Risiken für psychiatrische Erkrankungen besser vorherzusagen und möglicherweise gezielte Behandlungsansätze zu entwickeln“, so die Forscher. Die Ergebnisse eröffneten neue Möglichkeiten auch für „das Verständnis von Gehirnveränderungen, die psychischen Erkrankungen zugrunde liegen“, sagt Nathalie Holz, Forscherin am ZI und Erstautorin der Studie.
Auf diese Weise könnte es beispielsweise möglich werden, zu verstehen, warum manche Menschen, die im Laufe ihres Lebens Widrigkeiten erleben, psychische Erkrankungen entwickeln, andere dagegen nicht. Denn: Interessanterweise führten verschiedene Arten von eingangs genannten Widrigkeiten zu unterschiedlichen Mustern von Veränderungen im Gehirn, so die Forscher. Besonders bedeutsam sei, dass Personen, deren Gehirnvolumen stärker von den erwarteten Veränderungen durch Widrigkeiten abwich, ein erhöhtes Risiko für Angstsymptome aufwiesen, betonen die Wissenschaftler. „Dies legt nahe, dass neurobiologische Veränderungen, die über das vorhergesagte Muster hinausgehen, zu psychischen Problemen beitragen könnten“ so das ZI.
Künstliche Intelligenz hilft den Mannheimer Forschenden
Die Forschenden verwendeten einen Ansatz, der auf maschinellem Lernen (KI) basiert. Sie analysierten eine Gruppe, die von Geburt an bis ins Erwachsenenalter begleitet wurden und ein erhöhtes Risiko für psychische Erkrankungen aufwiesen. Mithilfe von MRT-Scansverglichen diese mit der altersbedingten Entwicklung des Gehirns, die auf Grundlage von 20 000 Personen erstellt wurden.
Die Ergebnisse konnten in einer unabhängigen Gruppe von Personen mit ähnlichen Belastungen reproduziert werden, teilt das ZI mit.
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