Energie

Fernwärmenetz in Mannheim soll ausgebaut werden

Wer mit Fernwärme heizt, ist unabhängig vom Gas. Und gleichzeitig kann sie klimaschonend produziert werden. Die MVV will das Netz in Mannheim ausbauen. Wir erklären den Sachstand

Von 
Martin Geiger
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Mannheim. Neben dem Ukraine-Krieg war die dadurch ausgelöste Energiekrise das große Thema des vergangenen Jahres. Schließlich ist das Gas nicht nur knapp, sondern auch sehr teuer geworden. Und im Zuge dessen ist der Strompreis gleich mit gestiegen. Dass die Mannheimerinnen und Mannheimer etwas weniger von dieser Krise gebeutelt worden sind als die Bewohner anderer Städte, hat einen Grund: Zwei Drittel aller Haushalte in der Stadt heizen mit Fernwärme. Nur ein Viertel der Bürger ist auf Erdgas angewiesen. Und künftig sollen es sogar noch weniger sein. Denn das hiesige Fernwärmenetz wird ausgebaut.

Die MVV Energie, die dafür verantwortlich zeichnet, will zum einen das Netz verdichten, also zusätzliche Haushalte an die bereits vorhandenen Leitungen anschließen. Es sollen aber auch neue verlegt werden, so dass weitere Stadtteile mit Fernwärme versorgt werden können.

MVV arbeitet an Konzept

Welche das sind, wann sie voraussichtlich erschlossen sein werden und welche Gebiete zunächst einmal außen vor bleiben müssen, will das Unternehmen allerdings noch nicht verraten. Man erarbeite derzeit ein Konzept, das samt Zeitplan Mitte des neuen Jahres vorgestellt werden soll, erklärt ein Unternehmenssprecher auf Anfrage lediglich. Im Frühjahr hatte die MVV noch verlauten lassen, dass insbesondere die Rheinau, Feudenheim und Seckenheim im Fokus der Überlegungen stünden.

 

Das komplette Stadtgebiet mit Fernwärme zu versorgen, scheint mittelfristig jedoch nicht vorstellbar: Denn zum einen ist der Ausbau der Leitungen sehr teuer. Und zum anderen muss die Wärme auch erzeugt werden. Daher analysiert die MVV zunächst einmal, wo künftig ohnehin Investitionen ins Gasnetz nötig werden, wo parallel dazu Fernwärmeleitungen verlaufen und welche neuen wirtschaftlich verlegt werden können.

Bald kein Erdgas mehr

Dass sich bei der Wärmeversorgung der Stadt im kommenden Jahrzehnt einiges ändern wird, steht jedoch fest. Denn im Zuge ihrer Klimastrategie hat sich die MVV auch das Ziel gesetzt, ab 2035 kein Erdgas mehr vertreiben zu wollen. Stattdessen sollen die Kunden, die nicht ans Fernwärmenetz angeschlossen werden können oder das nicht wollen, mit Wasserstoff oder anderen „grünen“ Gasen beliefert werden. Alternativ will ihnen das Unternehmen auch dezentrale Lösungen wie Wärmepumpen und Pelletheizungen anbieten.

Ab 2030 Erzeugung ohne GKM

Bei der Fernwärme soll die Energiewende sogar noch schneller vonstattengehen: Spätestens ab 2030 will die MVV sie ohne ihren bisherigen Hauptlieferanten, das Grosskraftwerk Mannheim (GKM), Deutschlands größtes Steinkohlekraftwerk, erzeugen. Bis vor drei Jahren lieferte es noch die komplette Fernwärme. Inzwischen steuert auch das Müllheizkraftwerk auf der Friesenheimer Insel bis zu einem Drittel bei. Ab Herbst 2024 soll das benachbarte Biomassekraftwerk ebenfalls einen Teil liefern.

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Um die restlichen rund 50 Prozent zu erzeugen, setzt die MVV neben einer Flusswärmepumpe unter anderem auf Geothermie: Gemeinsam mit der EnBW will sie im Raum südlich von Mannheim bis zu drei solcher Anlagen bauen. Gleichzeitig hat sie mit der Karlsruher Firma Vulcan einen Vertrag geschlossen, wonach sie ab 2025 die Wärme der bis zu drei im Großraum Mannheim geplanten Geothermie-Anlagen nutzen wird.

Falls das noch nicht reichen sollte, ist etwa auch der Bau einer Biomethan-Anlage oder eines weiteren Biomassekraftwerks vorstellbar. Wobei Letzteres, wie MVV-Chef Georg Müller kürzlich sagte, in der Prioritätenliste weiter nach hinten gerückt ist. Das dürfte vor allen Dingen die Klimaschützer freuen, die das Projekt von Beginn an kritisch bewerteten.

Wichtig für Klimaneutralität

Diese Wärmewende spielt auch eine wesentliche Rolle bei den Klimaschutzplänen der Stadt Mannheim, die bekanntermaßen ja bis 2030 klimaneutral werden will. Denn wenn die MVV die Fernwärmeerzeugung wie geplant umbaut, werden damit dann - zumindest auf dem Papier - 2030 mindestens zwei Drittel der Haushalte in der Stadt klimaneutral beheizt. Wobei Kritiker stets anmerken, dass die Müllverbrennungsanlage auf der Friesenheimer Insel zunächst einmal weiterhin CO2 ausstößt.

Neue Technologie nötig

Doch auch das könnte sich langfristig ändern: Die MVV, die bis 2040 klimaneutral und danach sogar klimapositiv werden will, rechnet damit, dass in Zukunft auch das Abscheiden und Speichern des klimaschädlichen Treibhausgases möglich sein wird. Bislang ist das, zumindest in Deutschland, noch nicht der Fall. Doch ohne diese Technologie, argumentiert man beim Versorger, seien die ehrgeizigen deutschen Klimaschutzziele nicht zu erreichen.

Redaktion Reporter für das Ressort "Mannheim".

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