Nahverkehr

Ex-Schlachthof wird zum Schlüssel der Mannheimer Verkehrswende

Ein neues Depot für nachhaltig angetriebene Busse soll nur der Anfang sein. Insgesamt müssten bis 2040 eine Milliarde Euro in die Infrastruktur fließen, damit Mannheim für die Verkehrswende gerüstet ist. Was geplant ist

Von 
Kai Plösser
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Zentrum Innovativer Mobilität statt Fleischversorgungszentrum: Im Gewerbegebiet Fahrlach soll ein neues Depot für Busse der RNV entstehen. Schon jetzt stellt der Verkehrsbetrieb dort Fahrzeuge ab. © Michael Ruffler

Mannheim. Der Betriebshof der Rhein-Neckar Verkehr GmbH (RNV) in der Schwetzingerstadt soll fit für die Zukunft gemacht werden: Damit die Verkehrswende in Mannheim gelingen kann, soll auf dem Gelände des ehemaligen Fleischversorgungszentrums (FVZ) ein neues Busdepot entstehen.

Das hat der Ausschuss für Umwelt und Technik des alten Gemeinderats in seiner letzten Sitzung im Juli bei einer Enthaltung mit deutlicher Mehrheit beschlossen. „Es ist ein zentrales Projekt für die Verkehrswende in unserer Stadt“, sagte Baudezernent Ralf Eisenhauer (SPD) damals.

Auf Schlachthofgelände entsteht Zentrum für innovative Mobilität

Geplant ist auf der Fläche des FVZ ein Zentrum Innovativer Mobilität (ZIM), wie es die Mannheimer Verkehr GmbH (MV), Eigentümerin der Infrastruktur für den ÖPNV, nennt. Im ZIM soll die notwendige Infrastruktur für elektronisch oder mit Wasserstoff angetriebene Nahverkehrsbusse hergestellt werden. Schließlich soll im Sinne des Klimaschutzes künftig die gesamte Busflotte des RNV aus nachhaltig betriebenen Fahrzeugen bestehen.

Im ehemaligen Fleischversorgungszentrum in Mannheim entsteht das neue Bus-Depot der RNV. © Michael Ruffler

Das ZIM und weitere damit einhergehenden Pläne, die auf dem Gelände des bisherigen Betriebshofs umgesetzt werden sollen, um für die Mobilität der Zukunft gerüstet zu sein, sind in den Augen des MV-Geschäftsführers Marcus Geithe unabdingbar. „Wir brauchen mehr Abstellflächen, mehr Werkstätten für Bus und Bahn“, betonte er in der Ausschusssitzung. Denn für die Verkehrswende brauche es nicht nur Menschen, die vom Auto auf den ÖPNV umsteigen - auch die dafür benötigte Infrastruktur im Hintergrund sei nötig. Geithe weist dabei auf die für die Verkehrswende notwendige Vergrößerung des Fuhrparks hin: Auf jeweils etwa 300 Bahnen und Busse müsse der anwachsen, um das RNV-Gebiet bei der zu erwartenden gesteigerten Nachfrage bedienen zu können. Ziel ist es, die Fahrgastzahlen bis 2030 im Vergleich zu 2010 zu verdoppeln.

Neues Depot in Mannheim soll Platz für rund 100 Busse bieten

Um den Anforderungen gerecht zu werden, müsse sich auch der Fahrzeugdurchsatz in den Werkstätten deutlich erhöhen, sagt Geithe. Der begrenzte Platz auf dem aktuellen Betriebshofgelände lasse künftig nur eine geringfügig höhere Anzahl an Arbeitsständen zu. Deswegen sieht Geithe nur eine Möglichkeit: eine Neuordnung des heutigen Betriebshofs. Bus und Bahn müssten räumlich „zwingend“ voneinander getrennt werden. Der gewählte Standort für das ZIM im Gewerbegebiet Fahrlach biete sich durch die örtliche Nähe zum Betriebshof in der Möhlstraße für ein neues Depot an, um den Busbereich ausgliedern zu können.

© MM-Grafik

Auf dem rund 20 000 Quadratmeter großen Gelände soll das fertige ZIM aus einem zweigeschossigen Depot für etwa 100 ausschließlich nachhaltig angetriebene Busse, Werkstätten, einer Waschanlage sowie einer Wasserstoff- und E-Tankstelle bestehen, heißt es im Bebauungsplan, der auf einer Machbarkeitsstudie der RNV basiert. Zudem sind ein sechsstöckiges Verwaltungsgebäude und eine Tiefgarage mit rund 200 Parkplätzen für Mitarbeiter vorgesehen. Voraussichtliche Kosten für das ZIM, das 2027 in Betrieb genommen werden soll: 127 Millionen Euro.

Das ZIM soll der Schlüssel für die weitere Entwicklung des bisherigen Betriebshofs sein. Auch dort sollen Abläufe optimiert werden. Die 60 Jahre alte Anlage müsse auf den neuesten Stand gebracht werden, so Geithe. Deshalb sollen gegenüber des FVZ-Areals bis 2026 ein Infrastrukturzentrum im Bereich der Fritz-Huber-Straße sowie bis 2027 eine neue Betriebszentrale entstehen. Dafür werden voraussichtlich jeweils etwa 36 Millionen Euro fällig. Mit dem ZIM summieren sich die Kosten damit auf rund 200 Millionen Euro. Zudem werden in Zukunft weitere Maßnahmen am Betriebshof in Käfertal umgesetzt, die die Betriebswerkstatt und Abstellmöglichkeiten für Bahnen betreffen. Hierfür werden bis 2029 nochmal insgesamt rund 80 Millionen Euro fällig.

Weitere Infrastruktur-Maßnahmen für Mannheim bis 2040 in Planung

Weitere Vorhaben sind nach 2030 für Bahnen am Standort Möhlstraße geplant, die die Schwerpunktwerkstatt (277 Millionen Euro), die Betriebswerkstatt (87 Millionen Euro) und Abstellmöglichkeiten (212 Millionen Euro) betreffen. Insgesamt werden für alle Maßnahmen bis 2040 somit voraussichtlich mehr als 850 Millionen Euro fällig. Weil die Berechnung auf Zahlen von 2022 beruhen, rechne die MV inzwischen aber mit höheren Preisen. „Am Ende werden die Kosten bei einer Milliarde Euro liegen“, sagt Geithe.

Der ehemalige Schlachthof in Mannheim soll umstrukturiert werden. © Michael Ruffler

Aktuell finanziere die Mannheimer Kommunalbeteiligungsgesellschaft (MKB), eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Stadt, das Projekt. Zuschüsse der Stadt gebe es bislang keine. Dass aber auch der Haushalt über kurz oder lang angezapft werden müsse, bleibe wohl nicht aus. „Im Moment schaffen wir es, im Konzern zu finanzieren. Das wird aber absehbar auf die nächsten fünf bis zehn Jahre nicht mehr funktionieren“, befürchtet Geithe.

Eisenhauer hob hervor, dass die Stadt über die MKB bereits jetzt „deutlich mehr als 30 Millionen Euro“ aus Dividenden der MVV-Aktie und Überschüssen der Mannheimer Parkhausbetriebe zur Finanzierung beisteuere. „Geld, das eben nicht erst in den Haushalt gelangt, sondern unmittelbar im Verkehrsbereich bleibt“, erklärte der Bürgermeister und betonte: „Und da ist das Geld auch gut angelegt.“

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Das sehen auch die meisten Mitglieder des ehemaligen Gemeinderats so. „Es ist wichtig, in den Bereich zu investieren und den Zukunftstechnologien einen Raum zu schaffen“, sagte etwa Volker Beisel von der FDP. Ähnlich sieht es Dennis Ulas (Linke): „Es ist eine Investition, die für die Verkehrsinfrastruktur unserer Stadt unumgänglich ist.“ Rüdiger Ernst (AfD) sagte, dass auch seine Partei das Projekt „grundsätzlich unterstützt“. Es sei richtig, „das Angebot auszuweiten und die entsprechende Infrastruktur bereitzustellen“. Reinhold Götz von der SPD sieht dahingehend noch viele weitere „ganz große Baustellen“ auf Mannheim zukommen. „Wir werden als Fraktion alles tun, dass das Projekt zügigst umgesetzt wird“, sagte Götz.

Redaktion

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