Buga

Energiebällchen statt Fast-Food: Veggie-Köche bilden Schulklassen aus

Agavendicksaft statt Zucker und keine Chips: Mannheimer Kombüse-Chefs zeigen Fünftklässlern in einer Outdoorküche, wie vegetarisches Kochen gelingt - und dabei auch noch schmeckt

Von 
Christine Maisch-Bischof
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Kocht in der Kombüse: Chef Johnathan Sternberg mit Lehrerin Andrea Kolar © Maisch

Mannheim. Zögerlich kostet Gennar von dem schokobraunen Häufchen, das sich auf dem Löffel vor ihrer Nase auftürmt. Prompt verzieht die Elfjährige ihre Mundwinkel, als habe sie gerade in eine supersaure Zitrone gebissen. Schmeckt denn die Eigenkreation ihrer Gruppe nicht? „Geht so“, antwortet sie schon wieder etwas gefasster, aber urteilt knallhart: „Zu viel Tahin, das hat alles ruiniert.“ Tahin? „Ja, das ist so eine Paste aus gemahlenem Sesam.“

Eine Zutat, die ihre Familie, die ursprünglich aus dem Irak stammt, schon hin und wieder mal verwendet. Die jedoch offenkundig nicht so ganz den Geschmack der Schülerin trifft. Zusammen mit dem Rest der 5d von der Geschwister-Scholl-Realschule (GSR) hat sie für einen Tag die Schulbank auf der Vogelstang gegen die Outdoor-Küche im Spinelli-Park eingetauscht. Dort lernen die Mädchen und Jungs unter fachkundiger Anleitung von Jonathan Sternberg, einem der Chefs der kulinarischen Vegetarier-Oase „Kombüse“ aus der Jungbuschstraße, wie ein gesunder Snack entstehen kann.

Köstlichkeiten ohne Zucker

„Erst mal alle Hände waschen“, lautet selbst im Freien die Profi-Küchenregel Nummer Eins. Die gilt natürlich auch für Klassenlehrerin Andrea Kolar, die dem Küchenchef zusammen mit ihrer Gruppe brav zum Waschbecken folgt. Schließlich haben die Besucher aus dem Osten Mannheims schon einen kleinen Rundgang absolviert, bei dem sie frische Rezeptzutaten für gesunde Gerichte kennengelernt haben. „Zurzeit wächst Basilikum besonders üppig“, versichert der Restaurant-Chef: „Damit kann man beispielsweise ein leckeres Pesto zaubern.“ Er erzählt, dass die Beete noch vor ein paar Wochen mit Veilchen übersät waren: „Die habe ich mit einer anderen Schüler-Gruppe frisch gepflückt und zu einem Salat verarbeitet.“

Wie entsteht ein gesunder vegetarischer Snack? Das lernen Fünftklässlerinnen der Geschwister-Scholl-Realschule von Koch Johnathan Sternberg. © Maisch

Dazu gab es Rosmarinkartoffeln und Pfannkuchen mit Karottenmarmelade. „Da bekommt man ja schon beim Zuhören Hunger“, sagt Realschullehrerin Sarah Ludwig lachend, während unter dem schattenspendenden Holzdach eine laue Brise durch den luftigen Pavillon weht. Eingebettet zwischen einem Areal mit Gemüse aus der Pfalz und dem Gin-Aromagarten duftet es nach Heu und Minze. Der Blick schweift über das Dahlieneck, wo momentan noch leuchtendbunter Sommerflor sprießt, zum Mittelpunkt des blühenden Klassenzimmers: der Kochinsel.

Riegel und Chips sind tabu

Denn zumindest auf einen kleinen Snack hätten jetzt auch ihre Schüler Lust. Doch Supermarktriegel und Chips sind jetzt zunächst mal tabu. Vielmehr will Jonathan Sternberg den Mädchen und Jungs beweisen, dass es keineswegs immer nur ein Fast-Food-Produkt sein muss. Sein Ziel ist es, den Kindern einen Weg zu gesunder Kost aufzuzeigen, den sie auch leicht nachvollziehen können. „Nicht zu kompliziert.“ Damit den Kindern auch ein eigenhändig zubereitetes Rezept gelingt. „Natürlich schmecken Pommes gut“, räumt er ein: „Aber hört auf euren Körper, auf euren Bauch und Magen. Zu viel davon und vor allem zu oft tut einfach nicht gut.“

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Deshalb hat er auch schon mal etwas vorbereitet. Fein säuberlich aufgereiht warten Gläser mit Kakao, Nüssen, Feigen und Rosinen auf emsig knetende Hände. Am Ende der Prozedur sollen vitamin- und ballaststoffreiche Energiebällchen entstehen. „Das macht voll Spaß so rumzumatschen“, findet die zwölfjährige Lamis. „Bloß keine Erdnussbutter mehr dazu tun“, warnt Hanna: „Die mag ich nicht so besonders gerne.“

Nebenan flechten sich Gennar und ihre Freundin Alessia gegenseitig die hüftlangen Haare zu Zöpfen. „Beim Kochen ist das praktischer ohne offene Haare“, erklärt Mitschülerin Ajlin , während sie der zwölfjährigen Sedra einen gefüllten Probierlöffel reicht. Vielleicht fehlt ja noch ein bisschen Honig, Ahornsirup oder Agavendicksaft? „Ja, genau“, stimmt Sedra zu: „Dann wird es ein bisschen süßer.“ Denn Veggie-Fan Jonathan Sternberg hat seinen Koch-Azubis bereits erklärt, dass es weitaus gesündere Möglichkeiten zum Würzen von Nachtischen gibt, als Zucker. „Und dass so ein selbstgebautes Energiebällchen mit all seinen wertvollen Zutaten natürlich auch viel besser sättigt und Power gibt, als Fast-Food-Kram“, ergänzt Heilpädagogin und Klassenausflug-Begleiterin Paula von Oelffen.

Gennar erzählt, dass sie Zuhause oft und gerne kocht. Mit der Mama? „Auch allein. Ein Rezept mit Spaghetti und Käsesoße habe ich sogar selbst erfunden.“ Wunderbar, aber ist das auch gesund? „Klar, es gibt ja Salat mit Tomaten und Gurken dazu.“ Und mit Roten Beeten? „Bei mir nicht. Mir schmeckt Ringelbete besser. Die sieht auch schöner aus. Wenn man die aufschneidet, ist sie weiß und rot geringelt.“ Bei so viel Sachkenntnis nickt sogar Fachmann Sternberg anerkennend.

Selbst erfundene Rezepte

Ob die Elfjährige ihre gnadenlose Gastrokritik inzwischen etwas abgemildert hat? „Man darf halt nicht von einer Zutat zu viel auf einmal reinmischen“, rät die Hobbyköchin. Zum Beispiel Tahin? „Genau“, räumt sie lachend ein. Die Dattel-Erdnuss-Variante ist eher ihr Fall. Die Klassenlehrerin stimmt zu: „Und überhaupt, das ist eine supertolle Idee von den Kombüse-Chefs.“ So gut, dass für die Pädagogin jetzt schon feststeht: „Am Montag rollen wir die Energiebällchen mit den anderen Kindern in der Schulküche nach.“ Wahrscheinlich ohne Blüten-Duft, vielleicht mit Sesampaste - aber in jedem Fall mit genauso viel Power.

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