Mannheim. „In allen das gemeinschaftliche Eheleben betreffenden Fragen müssen Mann und Frau gemeinsam entscheiden, ebenso bei Fragen der Kindererziehung. Wenn sie sich jedoch hier nicht einigen können, hat der Vater das letzte Wort.“ Dieser Satz erschien 1957 im „Mannheimer Morgen“, wie auch kürzlich in der Epoche-Sonderausgabe dieser Zeitung zu lesen war, die historische Presseerzeugnisse wieder auflegt.
Auch wenn dieser eingangs genannte „Stichentscheid des Vaters bei Erziehungsfragen“ 1959 vom Verfassungsgericht verworfen wurde: Die Schritte zu mehr Gleichberechtigung verliefen und verlaufen in subtiler sowie offensichtlicher Art in Deutschland schleppend.
"Wer ist an der Entwicklung beteiligt?"
Passend zum Weltfrauentag informiert daher das Fraueninformationszentrum (FIZ) des Mannheimer Frauenhaus e. V. mit Hilfe einer Bodenzeitung und einem Quiz über Frauenrechte in Deutschland. Man wolle auf dem Marktplatz mit Passantinnen und Passanten „ins Gespräch kommen“, heißt es von den Organisatorinnen. Auf dem Boden prangen etwa Fragen wie: „Seit wann ist Vergewaltigung in der Ehe strafbar?“ „Wie weit sind wir in der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und wer ist wie an der Entwicklung beteiligt?“ „Welche Ungleichheiten gibt es nach wie vor?“
Sagenumwobene Prinzessin?
Am 8. März laden indes die Reiss-Engelhorn-Museen (REM) um 19 Uhr zu einem Abend über „starke Frauen aus den Kulturen der Welt“, so die REM. Sechs Wissenschaftlerinnen stellen Persönlichkeiten aus Geschichte und Gegenwart vor. Die Veranstaltung findet im Anna-Reiß-Saal im Museum Weltkulturen D5 statt. Der Eintritt ist frei. Präsentiert werden auch bisher durch Geschichtsbildung eher unbekannte Frauen aus vielen Bereichen: altägyptische Göttinnen, eine Prinzessin aus der sagenumwobenen Stadt Ur, die erste indigene Innenministerin der USA, eine Pionierin der Glaskunst oder eine Mannheimer Theaterdichterin.
Neuer Veranstaltungskalender
Zum Internationalen Frauentag stellt die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt zudem den Veranstaltungskalender „MannHeim als FrauenOrt“ vor. Er liegt in gedruckter und digitaler Form (hier abrufbar www.mannheim.de) vor. Die Broschüre bietet eine Auswahl an Veranstaltungsformaten verschiedener Akteure, darunter Aktionen, Lesungen, Ausstellungen, Messen und Begegnungsformate über das Jahr.
„Fix the Women“ falscher Ansatz
„Ist Female Empowerment 2023 noch salonfähig?“ fragt derweil ein Online-„Couch Talk“ mit Simone Burel, Geschäftsführerin der Linguistischen Unternehmensberatung LUB, und Carolin Gellert, Culture & Learning Lead bei MLP. Das Problem von Frauen-Unterrepräsentation in Machtdomänen „wurde längst erkannt“, heißt es in der Ankündigung: „Diversity-Beauftragte, Frauen-Netzwerke, Business-Ratgeber für Frauen sind etabliert.“ Aber: Bestehende Fördermaßnahmen „funktionieren jedoch meist nach dem Prinzip ,Fix the Women’, demzufolge müssen Frauen sich den Gegebenheiten der Arbeitswelt anpassen“.
Jenseits der binären Norm
Allerdings brauche es das Gegenteil - einen Denkwandel in der Gesellschaft, um Geschlechterstereotypen und strukturelle Diskriminierung aufzubrechen - „Fix the System“, heißt es. Wie (Übergangs-)Lösungen aussehen können und welche Rolle Sprache dabei spielt, ist Thema. Außerdem müsse man „Menschen miteinbeziehen, die sich außerhalb der binären Norm befinden, also non-binäre Menschen, aber auch Trans-, Inter-Personen (sowie LGBTQIA+)“, betonen die Organisatorinnen (Veranstaltungslink abrufbar unter www.linkedin.com/events).
Und was ist mit der Rente?
Zum Impulsvortrag „Frauen und Rente“ lädt indes am Weltfrauentag von 13 bis 17.30 Uhr die Deutsche Rentenversicherung ins Hans-Böckler-Zentrum in die Hans-Böckler-Straße 1. Der Eintritt ist frei. Es gibt Infos über „das Leistungsspektrum der gesetzlichen Rentenversicherung und über die Möglichkeiten, mittels der gesetzlichen Rentenversicherung, aber auch privat- und betrieblich für das Alter vorzusorgen“.
Zum Equal-Pay-Day und Internationalem Frauentag betont indes die Bundestagsabgeordnete Melis Sekmen (Grüne), Obfrau im Wirtschaftsausschuss und Berichterstatterin für Frauen in der Ökonomie: „Frauen müssen wissen, dass sie Anspruch auf die gleiche Bezahlung wie ihre männlichen Kollegen haben - und diesen auch geltend machen.“ Der Anspruch „Gleicher Lohn für alle für dieselbe Arbeit“ müsse auch von Unternehmen umgesetzt werden. „Nach diesem Prinzip entschied jüngst das Bundesarbeitsgericht. Arbeitgeber dürfen davon nicht abweichen, selbst wenn Männer höhere Gehälter verhandelt haben“, so Sekmen.
„Bezahlung ist politisch“
Zur Anerkennung und Wertschätzung für die Arbeitsleistung von Frauen gehöre auch, „Frauen Entwicklungschancen zu geben, sie zusammenzubringen und sie fit für Führungspositionen zu machen“. Sekmen weiter: „Die geschlechtergerechte Bezahlung ist nicht nur eine politische Frage, sondern zeigt, wie gut das Personalmanagement eines Unternehmens aufgestellt ist.“
„Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, besserer Schutz vor häuslicher Gewalt und eine stärkere Unterstützung von Familien in allen Lebenslagen“ fordert die Mannheimer Frauen Union zum Internationalen Frauentag: Sie ist daher unter dem Motto „Darauf kommt’s uns an“ rund um den 8. März an fünf Tagen in Mannheim präsent. So sind folgende Infostände geplant, bei denen die Frauen Union anwesend ist und Postkarten mit Forderungen verteilt, damit Frauen diese weiterschicken können: Mittwoch 8. März, 10-12 Uhr, Lindenhof Markt Meeräckerplatz; Mittwoch 8. März 16.30-18 Uhr, Vogelstangcenter; Donnerstag 9. März, 10-12 Uhr Wallstadt Markt Rathausplatz; Freitag 10. März, 10.30-12.30 Uhr Feudenheim Rathausplatz; Samstag 11. März, 15.30 - 16.30, Innenstadt Paradeplatz; Sonntag 12. März, 9-10 Uhr Rheinau, Bäckerei Görtz.
Delegation in New York
Indes nimmt die Bundestagsabgeordnete Gökay Akbulut (Linke) aktuell an einer Delegation in New York teil, die dort die 67. Frauenrechtskonferenz besucht. Die Gruppe deutscher Abgeordneter möchte auch herausarbeiten, „wie die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen am technologischen Wandel verbessert werden kann“. Zudem ist ein Fachaustausch mit der Organisation „running start“ geplant, sie unterstützt junge Frauen dabei, politische Ämter anzustreben.
Der Deutsche Frauenring, Ortsring Mannheim, macht indes auf seine vielen Angebote für Frauen aufmerksam: Etwa gibt er hiesigen Künstlerinnen Gelegenheit, in den Räumen des Vereins (Renzstraße 1) Bilder auszustellen. Aktuell stellt Manuela Albu-Schreyer aus. Kontakt für Interessierte möglich per E-Mail an astrid.teigesser@t-online.de
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