Finanzen

Frauen und Altersvorsorge: Weniger Geld, weniger Wissen

Frauen sorgen schlechter für ihr Alter vor. Warum das so ist, wie sich das ändern kann - und eine Entwicklung, die Hoffnung macht

Von 
Björn Hartmann
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Frauen bevorzugen sichere Anlagen wie Sparbuch oder Tagesgeld. Beides brachte in den vergangenen Jahren praktisch keine Erträge. © Arne Immanuel Bänsch/dpa

Berlin. Für die Altersvorsorge ist sie wichtig, aber nur wenige wollen oder können sich mit einer Geldanlage beschäftigen. Vor allem Frauen fühlen sich schlecht informiert, haben deutlich weniger Geld zur Verfügung als Männer und sorgen sich um ihr Auskommen im Alter. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Bundesverbands deutscher Banken, die dieser Redaktion vorliegt. Immerhin: Wenn sie investieren, stecken sie mehr Geld in Aktien, die langfristig mehr Ertrag versprechen als andere Anlagen.

„Ohne finanzielle Unabhängigkeit gibt es keine Freiheit. Denn ohne eigenes Geld fehlt der Spielraum, Entscheidungen selbstbestimmt zu treffen“, sagt Henriette Peucker, Stellvertreterin des Hauptgeschäftsführers beim Bankenverband. „Vor diesem Hintergrund sind die Ergebnisse unserer Studie besonders ernüchternd: Frauen beurteilen ihre wirtschaftliche Situation nicht nur weniger gut, sondern haben monatlich im Durchschnitt tatsächlich auch rund 400 Euro weniger zur freien Verfügung als Männer.“ Die Marktforscher von Infas Quo befragten für ihre Studie, die Anfang Februar durchgeführt wurde, bundesweit mehr als 1300 Personen.

Rund 1000 Euro können Frauen im Schnitt frei ausgeben. Wobei der Wert durch besonders hohe Einkommen ein wenig verzerrt ist: 72 Prozent der Befragten gaben an, über weniger als 1000 Euro verfügen zu können. Und das hat Folgen für die Altersvorsorge: Frauen können weniger zurücklegen. Etwas mehr als ein Viertel der Frauen spart bis zu 100 Euro monatlich, bei den Männern ist es ein Fünftel. Mehr als 200 Euro legen 28 Prozent der Frauen zurück, bei den Männern sind es 38 Prozent.

"Situation nicht hinnehmbar"

Wer weniger sparen kann, hat später weniger zur Verfügung: Die Hälfte der Frauen erwartet der Studie zufolge, dass es ihnen im Alter nicht so gut gehen wird, bei Männern ist es mehr als ein Drittel. Aber auch diejenigen, die sich finanziell gut oder sehr gut aufgestellt sehen, müssen zum Teil ihren Lebensstil ändern. „71 Prozent der Frauen denken, dass sie sich zur Rente hin deutlich werden einschränken müssen, von den Männern glauben das von sich lediglich 55 Prozent“, so Peucker. „Diese Situation ist nicht hinnehmbar.“

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Frauen halten sich beim Sparen möglicherweise auch zurück, weil sie zu wenig über Finanzthemen wissen. 25 Prozent von ihnen interessieren sich stark oder sehr stark für Finanz- und Wirtschaftsthemen, bei Männern sind es 49 Prozent. Letztere behaupten auch, sich gut in Geldfragen auszukennen: Drei Viertel der Männer sehen das so, aber nur knapp die Hälfte der Frauen. Vor allem beim Börsenwissen hapert es: 71 Prozent der Frauen und 52 Prozent der Männer erklärten, keine Ahnung davon zu haben, was an der Börse geschieht.

Wunsch nach Informationen

Die Umfrage offenbart auch, dass viele Befragte Geldanlagen und Bankgeschäfte zu kompliziert finden. Das sagt nichts darüber, ob Geldanlagen und Bankgeschäfte wirklich schwierig und eher undurchsichtig sind. Das Gefühl könnte aber ein Grund sein, warum viele solche Themen nur ungern oder gar nicht angehen. Vor allem in der Schule und von den Banken wünschen sich alle Befragten mehr Informationen zu Finanzen.

Am wichtigsten bei der Geldanlage ist allen Befragten Sicherheit – mit weitem Abstand vor Gewinn und Verfügbarkeit. Im Vergleich zur Umfrage von 2019 sind allerdings alle etwas mutiger geworden. Für künftige Geldanlagen können sich 43 Prozent der Männer vorstellen, ein höheres Risiko einzugehen. Frauen sind deutlich zurückhaltender: Bei Ihnen sind es nur 20 Prozent.

Möglicherweise deshalb setzen sie 2023 wie auch schon 2019 am liebsten auf ein Sparbuch (36 Prozent) oder auf Tagesgeld (34 Prozent). Beide Anlageformen brachten in den vergangenen Jahren wegen der Niedrigzinsphase praktisch keine Erträge, hatten aber auch kein Verlustrisiko, anders als Aktien oder Fonds. Hier zeigt die Umfrage eine deutliche Veränderung: „Frauen investieren wesentlich mehr in Aktien als noch 2019. Das ist eine erfreuliche Entwicklung“, sagt Peucker. „Heute besitzen 30 Prozent der Frauen Aktien, Fonds oder andere Wertpapiere – 2019 waren es nur 18 Prozent.“ Bei Männern sind es allerdings 47 Prozent. Wobei auch sie auf Tagesgeld (39 Prozent) und Sparbücher (32 Prozent) setzen.

Mehr Aktienbesitz als 2019

„Bei Frauen wie bei Männern haben Wertpapiere und Tagesgeld gegenüber 2019 am stärksten zugelegt, wobei fehlende Kenntnisse viele Frauen noch immer vom Wertpapierkauf abhalten“, fasst Peucker das Umfrageergebnis zusammen. „Wir stellen fest, dass die Distanz zwischen Frauen und Wirtschaft weiterhin groß ist. Nur wer die Vorteile eines Vermögensaufbaus an der Börse versteht, kann jedoch sinnvoll und langfristig vorsorgen.“

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