Klimakrise

Das tut die Stadt Mannheim gegen Hitze

Vom Förderprogramm über entsiegelte Flächen bis hin zu neuen Bäumen – die Trockenheit fordert auch in Mannheim mehr Mut zu neuen Alternativen

Von 
Lisa Uhlmann
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Pflanzkübel in der Fressgasse, die damit grüner gestaltet wurde. © Michael Ruffler

Mannheim schwitzt wieder. Wie die Stadt auf die Hitzewelle reagiert und was noch geplant ist, um zukünftige heiße Sommer zu überstehen – wir haben bei der Verwaltung nachgefragt. Ein Überblick.

Neue Trinkwasserbrunnen sollen bei Hitze den Durst stillen. Wo sind sie zu finden – und wie gut werden sie genutzt?

Die Stadt Mannheim hat Mitte Juli den ersten städtisch betriebenen Trinkwasserbrunnen am Alten Meßplatz nahe der Straßenbahnhaltestelle eröffnet, der pünktlich zum Beginn der Hitzeperiode sehr gut angenommen wurde. Die Trinkwasseroffensive ist Teil des Hitzeaktionsplans der Stadt, weshalb weitere Anlagen bis voraussichtlich 2024 im Stadtgebiet folgen werden. In den kommenden Jahren sollen zusätzliche Brunnen kommen, etwa auf dem Paradeplatz, Marktplatz, Abendakademie, am ALTER sowie auf dem Quartiersplatz Jungbusch.

Deutlich mehr Grün soll die Stadt abkühlen. An welchen Stellen wurde Neues gepflanzt, und was wächst dort eigentlich?

Im öffentlichen Bereich wurden etwa Rasenflächen mit Bewässerungsanlagen ausgestattet. Wo in den letzten Jahren ein Park oder Platz saniert wurde, sind laut Stadt zusätzlich Bäume gepflanzt worden, wie etwa im Lauer- und Lameygarten. Auch die Feudenheimer Straße nennt die Verwaltung als Beispiel, aus ihr sei eine „prägende Baumallee geworden“. Allerdings sind dort mittlerweile einige junge Bäume vertrocknet, um die 20 von 200 müssen wohl ersetzt werden (wir berichteten). Auf dem Konversionsgelände werden zudem neue Grünflächen geschaffen, die in Summe mit dem Buga-Gelände rund 123 Hektar ausmachen. Als Paradebeispiel führt die Verwaltung den Grünzug Nordost an: Dort würde die Gesamtfläche um 71 Prozent grüner, rund 70 Prozent der ehemaligen Kasernenfläche werde entsiegelt. Insgesamt strebt die Stadt bei jeder Neubaumaßnahme eine Dachbegrünung an. Die soll Gebäude und ihr Umfeld abkühlen und Regenwasser im Sinne des „Schwammstadtkonzepts“ zurückhalten.

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Künftig will die Stadt jährlich 1000 statt 300 Bäume in Mannheim pflanzen. Werden dafür hitzeresistente Arten benutzt, die weniger Wasser benötigen?

Laut Stadt werden vermehrt Arten ausgewählt, die gegenüber Trockenphasen resistenter sind. Dennoch benötigen auch diese Arten eine Grundversorgung mit Wasser für mindestens acht Jahre. Im Rathaus ist man sich auch bewusst: Junge Bäume brauchen immer erst eine intensive Anwachspflege mit erhöhtem Ressourceneinsatz. Hierzu gebe es aber keine Alternative, wenn mit mehr Grün Hitzeperioden in Städten über mehr Schattenwirkung und mehr Verdunstung abgemildert werden sollen. Der ältere Baumbestand in Mannheim, der diese intensive Anwachspflege bereits erfahren hat, trage außerdem zur Lebensqualität in der Stadt bei und präge das Bild der Straßen und Stadtteile.

Berücksichtigt das 1000-Bäume-Programm eine mögliche Wasserknappheit?

Das Programm geht laut Stadt von einer regelmäßigen Bewässerung über acht Jahre in bis zu 20 Arbeitsgängen mit jeweils 100 bis 200 Litern aus. Nur mit diesem Aufwand könnten junge Bäume in dieser regenarmen Region anwachsen und sich nachhaltig entwickeln. Zudem werde bei der Bewässerung gezielt Wasser den Baumwurzeln zugeführt. Langfristig lasse sich nur in Verbindung mit Feuchtigkeitssensoren Wasser einsparen. Solche Anlagen würden aktuell beispielsweise auf dem Alten Meßplatz und in der Feudenheimer Straße sowie auf dem Buga-Areal exemplarisch getestet.

Als langfristige Maßnahmen sollen Flächen entsiegelt werden. Wo und wie groß sollen die sein?

Der Fachbereich Geoinformation und Stadtplanung der Stadt Mannheim hat 2018 eine Analyse über die gesamtstädtische Versiegelung durchgeführt. Das Ergebnis: 42 Prozent sind versiegelt. Großes Potenzial sahen die Experten aber in den Konversionsflächen. 2021 wurden dann auf Grundlage der Stadtklimaanalyse 2020 stadtweit 60 Freiflächen und Stadtplätze auf zusätzliche Begrünungspotenziale untersucht. Der Fokus lag dabei auf den bioklimatisch am stärksten belasteten Flächen.

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Welche Flächen werden und wurden schon umgestaltet?

Die Stadt nennt elf Orte, an denen bereits Neues entstanden ist oder noch entstehen soll. Dazu zählt der Neumarkt, auf dem 18 Bäume gepflanzt sowie eine Bürgerwiese und ein Urban-Gardening-Projekt gestartet worden sind. Auch der Alte Meßplatz mit Neugestaltung und Begrünung wird genannt oder der Pfalzplatz mit einem Urban-Gardening-Projekt. Zwölf Standorte wurden für eine vertiefende Untersuchung zur Begrünung vorgeschlagen. Dazu zählen der Kapuzinerplatz, der Carl-Phillip-Platz in A 1, der Habichtplatz, der Gerd-Dehof-Platz sowie die Promenade am Verbindungskanal. Hier sollen vor allem neue Bäume mit Pflanzbeeten eingesetzt werden.

Besonders in der Innenstadt staut sich die Hitze. Was ist hier geplant, um die Quadrate abzukühlen, was schon umgesetzt?

Die Stadt führt hier das Projekt „Neue Wege – mehr erleben in der City“ auf. Dabei wurden rund 1,8 Kilometer Straßenraum in der Kunststraße und Fressgasse grüner gestaltet und mit Pflanzkübeln und Sitzgelegenheiten aufgewertet. Bei Neubauprojekten legt die Stadt in der Regel zudem Auflagen zur Dach- und Fassadenbegrünung fest. Auch bei neuen Bebauungsplänen spielt dies eine Rolle.

Wie lässt sich das Stadtklima messen und verbessern?

Genaue Zahlen über das Klima liefern die städtischen Klimastationen, wie die Anlage in der Schlossgartenstraße. Die Stadtklimaanalyse gibt laut Stadt einen Überblick darüber, wie schützenswert oder wie klimatisch belastet eine Fläche im Stadtgebiet ist. Darin aufgelistet sind Maßnahmen, sie reichen von Innen- und Hinterhofbegrünung, Dach- und Fassadenbegrünung, Verschattung von Aufenthaltsräumen (wie Spielplätzen) mit Sonnensegeln bis zu Erhalt und Verbesserung der Bodenkühlleistung, Bewässerungsmaßnahmen, Schutz und Vernetzung für den Kaltlufthaushalt. Außerdem will die Stadt Frischluftschneisen und Kaltluftentstehungsgebiete schützen.

Wie stark werden Förderprogramme zur Gebäudebegrünung oder zur Entsiegelung genutzt?

Grundsätzlich werden laut Verwaltung diese Programme gut nachgefragt. In den Vorjahren etwa wurden alle verfügbaren Fördermittel des städtischen Begrünungsförderprogramms beantragt. Allerdings wurde das Förderprogramm im Vergleich zu anderen Förderungen wie zur energetischen Sanierung und Photovoltaik nie vor Jahresende ausgebucht. Die Klimaschutzagentur Mannheim erhalte regelmäßig und in den letzten Wochen vermehrt Beratungsanfragen zur Gebäudebegrünung. Dieses Jahr stehen 100 000 Euro Fördermittel zur Verfügung, davon sind aktuell zwei Drittel reserviert.

Wo macht sich die Hitze in der Stadt stärker bemerkbar als in den vergangenen Jahren?

Besonders in der Innenstadt sowie in den Stadtteilzentren, wo viel Fläche versiegelt ist, verzeichnet die Stadt erhöhte Tag- und Nachtemperaturen. Bemerkbar macht sich die Trockenheit auch am Zustand des Waldes, hier müssen andere Baumarten nachgepflanzt werden. Zudem trete die Waldbrandgefahr immer früher ein, in diesem Jahr war dies schon im März. Weil die Wälder als kühle Orte beliebt sind, strömen besonders viele Menschen ins Grün. Zudem falle mehr Arbeit für die Grünflächenpfleger an: Bäume müssten teilweise bis zu zehn Jahre angegossen werden. Auch die niedrigen Pegelstände bis hin zu Einschränkungen des Schiffsverkehrs und bei der Kühlwassernutzung insbesondere am Rhein wirken sich auf die Wirtschaft aus. Zudem fordert die Trockenheit auch die Landwirtschaft, die Hitze verursacht besonders bei hitzevulnerablen Gruppen gesundheitliche Probleme.

Redaktion Seit 2018 als Polizeireporterin für Mannheim in der Lokalredaktion.

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