Mannheim. Zeichnet sich im Streit um die Kostüme der Senioren-Tanzgruppe AWO-Ballett eine Lösung ab? Am Montag wollen sich AWO-Vorsitzender Alexander Manz und Buga-Geschäftsfüher Michael Schnellbach persönlich treffen.
In einem Schreiben an Schnellbach schlägt Manz nun vor, die Seniorinnen-Gruppe wie ursprünglich geplant ohne Änderungen an Kostümen und Ablauf des Programms bei den monatlichen Seniorennachmittage sowie beim Landesseniorentag am Mittwoch, 5. Juli, auftreten zu lassen, dabei aber eine „gemeinsame Erklärung von AWO und BuGa zu Vielfalt und Offenheit zu verlesen – angelehnt an die Mannheimer Erklärung für ein Zusammenleben in Vielfalt, der sich die AWO Mannheim mit samt allen Gliederungen vollumfänglich angeschlossen und diese unterzeichnet hat, so Manz. Der AWO Vorsitzende zeigte sich zuversichtlich, dass eine gute Lösung gefunden werden kann.
Warum die Buga die Kostüme der AWO-Frauen ablehnt
Am 19. April wäre ihr großer Auftritt gewesen. 18 Tänzerinnen des Rheinauer „AWO-Ballets“ waren ursprünglich Teil des Programms beim ersten Buga-Seniorennachmittag am Mittwoch auf der Freilichtbühne. Doch die „Weltreise mit dem Traumschiff“ wurde abgesagt, weil die Buga-Gesellschaft verschiedene Kostüme der Gruppe abgelehnt hat.
„Wir haben einige Kostüme der Gruppe abgelehnt, bei denen der Eindruck entstehen könnte, es würden kulturelle und religiöse Stereotype zur Unterhaltung ausgeschlachtet werden“, begründet Corinna Brod, Sprecherin der Bundesgartenschau, die Entscheidung auf Nachfrage dieser Redaktion.
Das sagte der Mannheimer AWO-Kreisverband
Bei der Mannheimer Arbeiterwohlfahrt (AWO) stößt die Entscheidung auf Unverständnis. Alexander Manz, Vorsitzender des Kreisverbands Mannheim, kritisiert in einem dieser Redaktion vorliegenden Statement die Reaktion der Buga. Der Kreisverband sei verwundert gewesen „als wir in der Samstagsausgabe des „MM“ lesen mussten, dass einem Teil der AWO-Familie, dem AWO Ballett - einem ehrenamtlichen Zusammenschluss (allesamt Mitglieder der AWO) z.T. hochbetagter Frauen zwischen 70 und 90 Jahren – mit ihrem extra für die Bundesgartenschau einstudierter Programm, eine „kulturelle Aneignung“ durch verwendete Kostüme in Teilen seitens Ihren Mitarbeiterinnen vorgeworfen wurde.“
Manz spricht in seinem Schreiben Buga-Geschäftsführer Michael Schnellbach direkt an: „Sehr geehrter Herr Schnellbach, ich kann Ihnen versichern, dass der AWO Kreisverband Mannheim e.V. und all seine Gliederungen ob im Haupt- oder Ehrenamt gemäß unseren bundesweit gültigen Statuten und Leitsätzen für Vielfalt und Toleranz steht. Und da ist sicher auch das AWO Ballett keine Ausnahme – hierauf achten wir in unserem Governance Kodex im Besonderen.“
Eine Veränderung des Programms, etwa durch eine Veränderung der Kostüme oder ein Weglassen, lehnt der AWO-Kreisvorstand ab. Das könne den Damen in diesem Alter nicht zugemutet werden, heißt es vonseiten der AWO.
Buga-Kulturchef äußert sich
„Als das Projekt vor einigen Wochen vorgestellt wurde, sind vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion zur Sensibilität für kulturelle und religiöse Codierungen Bedenken an der Wirkung einiger Kostüme aufgekommen“, teilt die Pressestelle auf Anfrage mit.
Fabian Burstein, Leiter des BUGA 23- Kulturprogramms wird in der Mitteilung wie folgt zitiert: „Wenn es uns nicht gelungen ist, unsere Argumente und Bedenken – auch im Sinne des AWO-Balletts – transparent genug zu kommunizieren, so tut uns das leid. Wir sind inzwischen in einer sehr lebendigen, offenen und auf wechselseitigem Verständnis, ausgerichteten Diskussion mit Mitgliedern des AWO-Balletts. Gleichzeitig wollen wir auch um Verständnis werben, dass der Umgang mit kulturellen Codes sehr achtsam erfolgen muss und wir hier als BUGA 23 klare Positionen vertreten.“
Reaktionen auf die Absage
Am Montag hatte es in Mannheim unterschiedliche Reaktionen auf die Entscheidung der Buga-Gesellschaft gegeben, einen Teil der Kostüme bei dem Auftritt zu verbieten – darunter einen Flamenco-Rock und ein indisches Sari-Kleid.
Steffen Mendel kann zwar verstehen, dass die Buga-Gesellschaft nicht Menschen in Klischeevorstellungen packen möchte. Trotzdem hält der Präsident der Deutsch-Spanischen Gesellschaft Rhein-Neckar mit Sitz in Mannheim das Verbot für überzogen. „Ich finde, das wird überdramatisiert. Ich sehe nicht, dass mit dem Tragen der Kostüme bei einer Tanzaufführung die Kultur angeeignet wird. Im Gegenteil, es ist ein Zeichen von Weltoffenheit. Wieso soll eine deutsche Tanzgruppe kein Flamenco-Kostüm tragen dürfen?“ Der Verein mit seinen aktuell knapp 40 Mitgliedern aus Deutschland, Spanien und Lateinamerika pflegt nach eigenen Angaben die interkulturelle Zusammenarbeit.
Geteilte Meinungen
Auch Rudradev Devulapelli vom Vorstand des rund 220 Mitglieder starken indischen Kulturvereins Germany Telugu Vedika in Mannheim hat nach eigenen Angaben kein Problem mit dem Auftritt der Awo-Gruppe. „Ich empfinde von Herzen Respekt für die Senioren, die sich so viel Mühe geben, das Kleid zu planen, vorzubereiten und zu nähen, um die Vielfältigkeit von Mutter Erde durch ihr Programm ,Weltreise in einem Traumschiff’ zu zeigen. Obwohl wir alle durch geografische Grenzen getrennt sind, ist die gesamte Menschheit eins“, erklärte er. Die Seniorinnen machen sich seiner Ansicht nach nicht über den Sari lustig, „sondern zeigen der Welt, wie schön sie ist“.
Dagegen forderte Jan-Phillipp Possmann, langjähriger Leiter des Mannheimer Künstlerhauses Zeitraumexit, bei Facebook, die Buga dürfe „jetzt nicht einknicken“. Nun biete sich die Gelegenheit, „mal offen und ernsthaft mit Senior*innen über Identitätspolitik und soziales Miteinander zu diskutieren“.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Von Angst getrieben: Das Buga-Kostümverbot