Mannheim. Das Collini Center ist fünfzig! Im April 1975 – und damit im Eröffnungsmonat der ersten Mannheimer Bundesgartenschau – wurde das 400-Millionen-Mark-Projekt am Neckarufer mit dem damals höchsten Gebäude der Stadt eingeweiht und der Bevölkerung während zweier programmreicher Besichtigungstage vorgestellt. Wenn seinerzeit vom „Collini“ die Rede war, bedeutete dies das gesamte Ensemble. Schließlich ahnte niemand, dass die Bereiche Wohnen und Büro unterschiedliche Entwicklungen nehmen würden. Bekanntlich strebt der Turm in Privateigentum bestens gepflegt gen Himmel, während der etwa halb so große kommunale „Bruder“ hinter einem Absperrgatter vor sich hin gammelt.
„Es wäre natürlich schön gewesen, pünktlich zum 50. Jahrestag der Eröffnung eine endgültige Entscheidung über die künftige Weiterentwicklung des Collini Centers bekannt geben zu können“, erklärt Oberbürgermeister Christian Specht auf Anfrage und ergänzt: „Wir stehen in guten Gesprächen mit Projektentwicklern und Architekten, um eine attraktive und zukunftssichere Nutzung für das prominente Gebäude am nördlichen Rand der Innenstadt zu finden.“ Das werde aber „noch etwas Zeit“ in Anspruch nehmen – schließlich solle die Lösung „das Quartier voranbringen und langfristig tragfähig sein“. Mit dem Vorschlag werde sich der Gemeinderat befassen.
Ein Prestigeprojekt im Wandel der Zeit
Als OB Ludwig Ratzel, sozusagen Spechts Vor-Vor-Vor-Vorgänger, das Prestigeprojekt seiner Bestimmung übergab, wurde noch von „Urbanität durch Dichte“ und dem „größten zusammenhängenden Baukomplex Mannheims nach dem Schloss“ geschwärmt. Allerdings hatten die beflügelnden Wolkenkratzerpläne im Vorfeld Federn, besser gesagt Höhe, lassen müssen: Aufgrund des schlechten Baugrunds reduzierten sich die 50 geplanten Stockwerke im nun 95 statt 150 Meter hohen Wohnturm auf 32. Immerhin hielt der Mannheimer Architekt Karl Schmucker den Zeitplan ein. Und so war die Übergabe des „visionären Formen-Spiels in Bau-Beton“, wie es in einem Zeitungsbericht hieß, dem großen Blütenfest in den beiden Stadtparks um einige Tage voraus.
Damals wäre wohl niemandem in den Sinn gekommen, dass ausgerechnet im Jahr der Buga-Zweitauflage, nämlich 2023, eine vom Rathaus erteilte Abrissgenehmigung für den Bürotrakt ziemlich Wirbel machen würde. Aber schon in den Jahrzehnten davor geriet „das Collini“ immer wieder in die Schlagzeilen. Beispielsweise gab es Mietwucher-Vorwürfe, weil die Hamburger „Treubau“ beim Vermieten von Appartements, die als Kapitalanlage dienten, Quadratmeterbeträge von knapp zehn Mark verlangte. Außerdem sollte bei Mannheims „Wohnadresse Nummer eins“ der Verkauf schleppender als gedacht verlaufen. Und so veröffentlichte der „MM“ im August 1975 eine Nachtaufaufnahme des Turms mit Text: „Noch brennen im Treppenhaus mehr Lampen als in den Wohnungen“. Das sollte sich freilich ändern.
Hingegen blieb die als Querspange dienende Galerie „ein Sorgenkind“, wie es der später geschasste Bau-Manager Klaus Vietor formulierte. Läden standen leer oder wechselten den Betreiber. Und in den mit „großstädtischem Flair geschaffenen Bummelpassagen“, so das Konzept, mochte kaum jemand schlendern oder shoppen. Die schon lange verwaiste Galerie sorgt selbst aktuell für Zoff: Weil die Stadtverwaltung unlängst den Verbindungsbau wegen Brandschutz ohne Absprache mit den Turm-Bewohnern gesperrt hat. Und hohe Wellen schlug von Anfang an das „Erlebnisbad“ als „tropische Oase“ – weil immer wieder die Kosten davon schwammen.
Umdenken bei Stadtplanung: Revitalisierung statt Abriss
Ursprünglich war die Kommune im „Collini“, besser gesagt im Bürotrakt, Mieterin von zwei Etagen – bis sich die Stadt 1984 angesichts des Zusammenbruchs des gewerkschaftseigenen Konzerns „Neue Heimat“ gezwungen sah, den gewerblichen Gebäudeteil samt Galerie und geschlossenem Bad zu erwerben. „Könnte die Schwimmhalle zum Ratssaal werden?“, spottete der „MM“. Und als noch eine mysteriöse Bürgschaft aufploppte, welche zusätzlich unter Druck setzte, kam es zu hitzigen Gefechten im Gemeinderat, der nur zähneknirschend den Kauf von knapp 32 Millionen Mark billigte. Bekanntlich hatten im „kleinen Turmbruder“ das Technische Rathaus samt Umweltberatung ihren Sitz, ehe 2021 der Umzug ins Glücksteinquartier erfolgte. Außerdem bekam das Stadtarchiv mit dem Ochsenpferchbunker ein neues Domizil.
Seit dem vom Rathaus ausgelobten Gestaltungswettbewerb galt als beschlossene Sache, dass beim Collini-Bürotrakt irgendwann die Bagger anrücken. Schließlich sah der prämierte Entwurf vier flügelförmige neue Gebäude vor. Allerdings sollte sich die Deutsche Wohnwerte im vergangenen Sommer als Investor zurückziehen. Ein Paukenschlag. Inzwischen hat sich bei Stadtplanern wie Architekten ein Umdenken vollzogen: Bauen im Bestand und Revitalisieren bieten sich im Sinne der Umwelt als Alternative an.
Bei allen Turbulenzen in den letzten Jahrzehnten gilt zu würdigen: Der imposante Wohnturm ist nicht nur stadtprägender Himmelsstürmer, sondern auch urbane Heimat für viele Menschen. Nicht von ungefähr plant der Verein „Wir im Collini“ zum Fünfzigsten ein Fest.
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