Wohnraum - Die Stadtverwaltung möchte Vertriebene keinesfalls in Sportstätten unterbringen / Bedarf an Wohnraum steigt

Ukraine-Geflüchtete in Ludwigshafen: Turnhallen sind vorerst Tabuzone

Von 
Stephan Alfter
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Das soll in Ludwigshafen verhindert werden: die Nutzung von Sporthallen als Unterkunft wie hier in Schwetzingen. © N. LEnhardt

Ludwigshafen. Ludwigshafen ringt um Wohnraum für Geflüchtete aus der Ukraine. Die Lage ist zwar bisher beherrschbar, aber die Zahl von Anfragen steigt stetig. Dies auch, weil es nun öfters zu kleinen Unannehmlichkeiten zwischen Ankommenden und privaten Wohnraumanbietern kommt. Wie Sozialdezernentin Beate Steeg (SPD) am Dienstag in einem Pressegespräch skizzierte, seien private Unterbringungen an mancher Stelle nicht über Wochen möglich. Einzelne Menschen merkten vielleicht, dass sie nicht so zueinander passten, so der Tenor. Das gebe es von der einen wie von der anderen Seite.

Das jedoch führt dazu, dass der Bedarf nach gefördertem Wohnraum steigt. „Wir sind im Aufbau, aber eine Stadtverwaltung ist eben kein Maklerbüro“, sagte Steeg angesichts der Tatsache, dass in den vergangenen Wochen 419 Leistungsbezieher bei der Stadt registriert worden sind. In dieser Fülle habe man das noch nicht gehabt. De facto befinden sich noch mehr Ukrainer und Ukrainerinnen in der Stadt.

Beim zentralen Anlaufpunkt der Ausländerbehörde für Geflüchtete aus der Ukraine sind mittlerweile 475 Menschen angemeldet. Die Stadt Ludwigshafen selbst hat aktuell 41 Menschen in Unterkünften und Wohnungen untergebracht, davon wurden der Stadt 38 vom Land Rheinland-Pfalz zugewiesen (einschließlich der Zuweisungen für diese Woche).

An einer Kapazitätsgrenze ist man bisher nach Aussagen der beteiligten Abteilungen, darunter die Ausländerbehörde, nicht angekommen. Was es in Ludwigshafen auch im äußersten Fall nicht geben soll, das sind Unterbringungen in Turnhallen. Diese sollten weiter den Schulen und den Vereinen zur Verfügung stehen, macht Steeg deutlich. Man habe zwei Hallen, die man schnell errichten könne, in der Hinterhand. Dort könnten, je nach Einteilung des Platzes, etwa jeweils 200 Vertriebene unterkommen.

„Horrende Mietpreise“

Keine Hinweise hat die Stadt derzeit darauf, dass gewisse „Gastgeber“ die Notlage etwa von ukrainischen Frauen ausnutzen, um beispielsweise Menschenhandel oder Prostitution zu betreiben. „Mit solchen Fällen sind wir bisher nicht konfrontiert gewesen“, so Steeg. Was es indessen ganz vereinzelt gegeben habe, sei der Versuch, hohe Mieten für Wohnraum zur Unterbringung von Geflüchteten zu kassieren. In Speyer machte die Stadtverwaltung am Montagabend darauf aufmerksam. „Es wurden schon Mietverträge zu horrenden Preisen mit aufgenommenen Personen abgeschlossen“, schrieb die dortige Sozialdezernentin Monika Kabs auf dem Facebook-Kanal der Stadt und mahnte an, aus der Notlage der Menschen keinen persönlichen Nutzen zu ziehen.

Nach Aussage der Ludwigshafener Stadtverwaltung bekommen ab 1. Juni Geflüchtete aus der Ukraine keine Leistungen mehr nach Asylbewerberleistungsgesetz, sondern Sozialleistungen nach der sogenannten Hartz IV-Gesetzgebung.

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Insgesamt hat die Stadt Ludwigshafen derzeit 1 036 Menschen in Asylunterkünften oder Wohnungen untergebracht (darunter auch anerkannte Asylbewerber); 81 Menschen wurden der Stadt Ludwigshafen bisher im Jahr 2022 zugewiesen (einschließlich der 38 Menschen aus der Ukraine).

In den Ludwigshafener Schulen sind laut Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion bisher 72 Schüler und Schülerinnen aus der Ukraine aufgenommen worden, davon 31 an Grundschulen und 31 an Gymnasien. Die zuständige Dezernentin Cornelia Reifenberg (CDU) sagte am Dienstag, dass es bereits 49 Anträge auf Lernmittelfreiheit gebe. Ohnehin merke man, dass die ukrainischen Gruppen untereinander gut vernetzt seien. Immerhin 28 Menschen aus der Ukraine hätten sich schon einen Ausweis für die Stadtbibliothek ausstellen lassen. Dort wurden rund 40 Willkommen-Taschen ausgegeben. Gutscheine für die Willkommen-Taschen werden im Ukraine-Café und bei der Registrierung von Personen verteilt. An der Volkshochschule sei die Sprachberatung für ukrainische Staatsangehörige (mittwochs von 14 bis 16 Uhr) gut angelaufen, 20 ukrainische Kinder konnten in Sprachkurse in den Osterferien vermittelt werden. Nach den Osterferien soll ein Sprachkurs für geflüchtete Frauen mit Kinderbetreuung starten.

Jana Sand, Leiterin der Familienbildung im Heinrich-Pesch-Haus, freut sich über inzwischen 90 Helfer bei dem Projekt „LU can help“.

Wer helfen will, kann sich unter www.lucan.help melden.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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