Drohungen eingegangen

Spenden nach Ludwigshafener Messerangriff - OB Steinruck verurteilt Hassmails

Die Spendenverteilung an die Ex-Frau des mutmaßlichen Mörders von Oggersheim hat für eine emotionale Debatte gesorgt. Einige schossen offenbar über das Ziel hinaus. Die Staatsanwaltschaft ist informiert

Von 
Julian Eistetter
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Blumen und Kerzen wurden bei einem Trauermarsch aufgestellt. © C. Blüthner

Ludwigshafen. „Unsere Antwort auf die Frage, wie wir in diesem Fall weiter vorgehen wollen, wirft auch ein Licht auf uns“ - mit diesen Worten wird die Oberbürgermeisterin von Ludwigshafen, Jutta Steinruck (SPD), in einer Mitteilung nach der nichtöffentlichen Sitzung des Bau- und Grundstücksausschusses zitiert. Gerade hat sich das Gremium nach der emotionalen Debatte der vergangenen Wochen auf ein neues Vorgehen bei der Spendenverteilung nach der Oggersheimer Bluttat verständigt. Spender, die nicht wollen, dass mit ihrem Geld die Ex-Partnerin des Angeklagten unterstützt wird, können dies der Stadt schriftlich mitteilen. Dieser Anteil wird neu verteilt.

Steinruck hofft, dass mit dieser Lösung die öffentliche Debatte wieder „versachlicht und befriedet“ werden kann. „Mit dem vorgeschlagenen Verfahren können die Spenderinnen und Spender nunmehr selbst bestimmen, wen sie bedenken wollen“, so die Rathauschefin.

Unter der Nennung ihrer Kontaktdaten können sich die Menschen per E-Mail oder Brief bei der Verwaltung melden. Auf der städtischen Homepage www.ludwigshafen.de steht seit Dienstag ein Formular als Download zur Verfügung.

Aufschrei wegen fehlender Transparenz

Die Diskussion im Bau- und Grundstücksausschuss (BGA) nahm Steinruck auch zum Anlass, das Geschehene noch einmal zu reflektieren. Wie berichtet, waren bei einer Spendensammlung nach dem Messerangriff mit zwei Toten und einem Schwerverletzten rund 22 000 Euro zusammengekommen. Diese wurden nach einem Beschluss des BGA zu gleichen Teilen an die Hinterbliebenen der Opfer, den Schwerverletzten sowie die Ex-Partnerin des mutmaßlichen Täters, einem 26 Jahre alten Somalier, verteilt.

Das sorgte für einen Aufschrei. Es wurde kritisiert, dass die Berücksichtigung der Frau, die im Nachgang der Tat angefeindet wurde und mit ihren Kindern die Stadt verlassen musste, nicht transparent gemacht worden war.

"Diskussion überschattet Trauer, Mitgefühl und Anteilnahme"

„Ich persönlich empfinde es als unerträglich, wie die aktuelle Diskussion die eigentliche Tat, unsere Trauer, unser Mitgefühl und unsere Anteilnahme überschattet“, so Steinruck. Sie räumte ein, dass die Verwaltung zur Spendenaufteilung „offensiv die Aussprache im Ausschuss“ hätte suchen sollen, um die Beweggründe darzulegen. Gleichwohl seien in der Vorlage alle Informationen enthalten gewesen.

Das alleinige Anliegen der Stadt nach dem brutalen Angriff sei es gewesen, unmittelbare Härten abzumildern - „weil wir uns nicht anmaßen wollen und dürfen, über Schuld und Unschuld zu richten“, so Steinruck.

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„Wir haben unermessliches Leiden erlebt. Und dabei haben wir auch die Ex-Partnerin als Opfer gesehen. Ihr wurde die Existenzgrundlage genommen, sie musste mit ihren Kindern aus ihrer Wohnung und aus der Stadt fliehen. Die Richterin am Landgericht hat dafür vor wenigen Tagen sehr deutliche Worte gefunden“, erklärt die OB. „Als Stadtverwaltung müssen wir all das sehen. Wir sind für alle da.“ Einen Weg zu finden, auch der Ex-Partnerin weitere Härten zu ersparen hält Steinruck für „ein Gebot der Menschlichkeit“, betont sie.

"Für Betroffene schwer auszuhalten"

„Ich kann emotional durchaus verstehen, dass insbesondere für Betroffene schwer auszuhalten ist, wenn jemand wie die Ex-Lebensgefährtin, die am 18. Oktober nicht durch den Täter verletzt wurde und nicht ihre Kinder verloren hat, bei der Abmilderung von existenziellen Härten ähnlich behandelt wird wie jemand, der sein Liebstes verloren hat. Das empfindet man als ungerecht. Und sich stelle mich gerne der Kritik und einer sachlichen Diskussion“, so Steinruck weiter. Hassmails und Drohungen, wie sie in den vergangenen Wochen bei der Stadt eingegangen seien, seien jedoch nicht zu rechtfertigen. Einige seien der Staatsanwaltschaft übergeben worden.

Aufwand für Spender zu groß?

Patricia Müller hätte sich eine vollständig neue Aufteilung der Spenden gewünscht. Sie hatte die Petition ins Leben gerufen, die bislang mehr als 700 Mal unterzeichnet wurde. Sie glaubt, dass viele der Spender den Aufwand nicht in Kauf nehmen wollen, nun an die Stadt zu schreiben. „Der Wille war da, aber ich bin ein wenig enttäuscht“, sagt sie im Gespräch mit dieser Redaktion.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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