Ludwigshafen. In elf Tagen wird über die Nachfolge der amtierenden Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (parteilos) entschieden. Sie ist vor wenigen Tagen 63 Jahre alt geworden und hat aus verschiedenen Gründen auf eine erneute Kandidatur verzichtet. Nach dem Ausschluss des AfD-Bewerbers Joachim Paul treten vier Kandidaten zur Wahl an, die in den vergangenen Tagen an vielen Stellen in Ludwigshafen Wahlkampf gemacht haben und dabei nicht nur positive Erfahrungen gemacht haben.
Ob-Wahl in Ludwigshafen: Wie ist die genaue Ausgangslage?
Klaus Blettner (57, CDU), Jens Peter Gotter (53, SPD), Michaela Schneider-Wettstein (45, Volt) und Martin Wegner (57, parteilos) sind zur Oberbürgermeister-Wahl am Sonntag, 21. September, zugelassen. Zur Wahl aufgerufen sind rund 122.000 Ludwigshafener und Ludwigshafenerinnen. Darunter sind auch Staatsangehörige anderer Mitgliedsstaaten der EU. Sie dürfen wählen, sofern sie am Wahltag das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben und seit mindestens drei Monaten in Ludwigshafen eine Hauptwohnung innehaben und nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen sind.
Warum ist die OB-Wahl in Ludwigshafen spannend?
Keiner der Bewerber hatte bisher ein kommunales Spitzenamt inne. Auf eine lange parteipolitische Laufbahn in städtischen Gremien kann ebenfalls niemand zurückblicken. Lediglich Klaus Blettner gehört seit der Kommunalwahl 2024 als CDU-Fraktionsmitglied dem Ludwigshafener Stadtrat an. Nur Michaela Schneider-Wettstein war vor vielen Jahren mal bei der Ludwigshafener Stadtverwaltung tätig und hat dort eine Ausbildung absolviert. Die drei männlichen Bewerber haben noch nie in einer städtischen Verwaltung gewirkt. In einem ersten Stimmungsbild, das die „Rheinpfalz“ im Mai veröffentlicht hat, hat sich kein Kandidat als absoluter Favorit herauskristallisiert. Auch jetzt sieht es danach aus, als würde erst ein zweiter Wahlgang die Entscheidung bringen. Dieser findet am 12. Oktober statt.
Welche Rolle spielt der Ausschluss des AfD-Bewerbers Joachim Paul?
Nicht wenige Ludwigshafener halten den Ausschluss des AfD-Bewerbers für falsch und sehen darin eine Beschädigung der Demokratie. Der Vorwurf: Der Wahlausschuss, der sich für den Wahlausschluss verantwortlich zeichnete, habe sich eines vermeintlichen Wahlfavoriten entledigen wollen.
Dagegen stehen die Beurteilungen des Verwaltungsgerichts in Neustadt und des Oberverwaltungsgerichtes in Koblenz, die beim formalen Vorgang keine Verstöße festgestellt haben, nachdem der rheinland-pfälzische Verfassungsschutz Bedenken hinsichtlich der Frage formuliert hatte, ob Joachim Paul tatsächlich auf dem Boden des Grundgesetzes agiere.
Paul hatte in der Vergangenheit immer wieder intensive Berührungspunkte mit identitären Bewegungen, rechtsextremen Burschenschaften und rechtsradikalen Vorfeldorganisationen. Auch der ehemalige Mitarbeiter des rheinland-pfälzischen Landtagsabgeordneten, Norbert W., stammt aus dem rechten Milieu und gehörte einer Skinhead-Gruppierung an. Vor allem CDU-Kandidat Klaus Blettner, der den Ausschluss Pauls inzwischen für falsch hält, und Jens Peter Gotter (SPD) hätten sich gerne politisch mit Paul auseinandergesetzt und ihn lieber an der Urne geschlagen.
Wird sich der Ausschluss Pauls auf das Wahlverhalten der Ludwigshafener auswirken?
Davon ist auszugehen. In den sozialen Medien rufen unter anderem Prominente wie die Publizistin und frühere Politikerin Vera Lengsfeld dazu auf, bei der Wahl den Namen Joachim Paul auf den Wahlzettel zu schreiben und die anderen vier Kandidaten durchzustreichen. So könne eine starke Protestnote gesetzt werden. Der Vorschlag trifft auf reichlich Zuspruch. Auch die Mitglieder der Ludwigshafener AfD werden so verfahren, wie der Vorsitzende Johannes Thiedig auf Anfrage sagt.
Was würde in diesem Fall mit den Stimmen passieren?
Die Stimmen verlieren ihre Gültigkeit. „Zusätze, Vorbehalte oder andere Beifügungen auf dem Stimmzettel – dazu zählen auch Streichungen oder das Hinzufügen von Namen – führen grundsätzlich zur Ungültigkeit der Stimme“, teilt eine Sprecherin der Stadtverwaltung mit. Etwas anderes gelte nur dann, wenn nur ein Wahlvorschlag zur Wahl zugelassen wurde. In Bayern gab es einmal so einen Fall, in dem ein Mann zum Bürgermeister gewählt wurde, der nicht zur Wahl zugelassen war. In den sozialen Medien wird darauf immer wieder Bezug genommen. „Das ist in Ludwigshafen aber nicht der Fall“, so die Sprecherin. Dennoch: Ludwigshafen droht bei der OB-Wahl eine außergewöhnlich hohe Anzahl an ungültigen Stimmen.
Werden die mit Joachim Pauls Name beschrifteten Stimmzettel gesondert erfasst?
Nein. „Nach dem Wahlrecht werden die ungültigen Stimmzettel in ihrer Gesamtheit erfasst“, erklärt die Sprecherin. Eine weitere Differenzierung erfolge nicht.
Wie viele Bürgerinnen und Bürger haben Briefwahl beantragt?
Bis Montag wurden nach Angaben der Stadt 17.651 Anträge auf Erteilung eines Wahlscheins gestellt. Das sind, Stand heute, deutlich weniger als bei der letzten OB-Wahl im September 2017, als insgesamt 22.885 Briefwähler erfasst wurden. Ob daraus Rückschlüsse auf die generelle Wahlbeteiligung zu ziehen sind, wird sich zeigen.
Was passiert am Wahlabend in Ludwigshafen?
Nach Schließung der Wahllokale lädt die Stadtverwaltung Interessierte ab 18 Uhr ins Wilhelm-Hack-Museum (Berliner Straße 23) ein. Dort wird der aktuelle Stand der Auszählungen präsentiert. Das Ganze wird auch als Livestream über den Youtube-Kanal der Stadt Ludwigshafen ins Internet übertragen. Fortlaufende Informationen finden sich ab 18 Uhr auch auf www.ludwigshafen.de.
Wird Joachim Paul das Ergebnis der Wahl anfechten?
Dieser Redaktion hat der AfD-Bewerber das nicht bestätigt. Gegenüber anderen Medien äußerte sich Paul jedoch dahingehend. Der AfD-Vorsitzende Johannes Thiedig kündigt an, dass „auf jeden Fall eine Normenkontrollklage zum Bundesverfassungsgericht eingereicht“ werde. Damit soll die Verfassungsmäßigkeit der Gemeindeordnung überprüft werden.
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