Finanzen

Millionen-Steuerrückzahlungen in Ludwigshafen: So viel Geld ist schon geflossen

170 Millionen Euro Gewerbesteuer muss Ludwigshafen an Unternehmen zurückzahlen. Was sich seit der Hiobsbotschaft im Herbst 2023 getan hat und welche Beträge bereits rückerstattet wurden

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Julian Eistetter
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Große Unternehmen in Ludwigshafen hatten gegen Gewerbesteuermessbescheide geklagt. Jetzt muss die Stadt Rückzahlungen leisten. © Uwe Anspach/dpa

Ludwigshafen. Für das finanziell ohnehin stark gebeutelte Ludwigshafen war es eine Horrornachricht: Im Herbst vergangenen Jahres wird bekannt, dass die Stadt insgesamt rund 170 Millionen Euro an erhobener Gewerbesteuer an Unternehmen zurückzahlen muss. Zurückzuführen sei dies - zumindest in weiten Teilen - auf erfolgreiche Klagen der Firmen gegen die vom Finanzamt festgesetzten Gewerbesteuermessbescheide, hieß es damals. Die genauen Hintergründe blieben mit Verweise auf das Steuergeheimnis unklar, lediglich der Zusammenhang zu einem millionenschweren Gerichtsverfahren der BASF gegen die Finanzbehörde ließ sich herstellen. Wie hat sich die Sache seitdem entwickelt?

Verfahren vor dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz endet mit Vergleich

Wie eine Sprecherin des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz in Neustadt auf Anfrage dieser Redaktion berichtet, ist das genannte Verfahren, in dem es um die Frage ging, ob eine kartellrechtliche Strafe der EU gegen die BASF deren zu versteuernden Gewerbeertrag mindern kann oder nicht, inzwischen mit einem Vergleich abgeschlossen worden.

Für die Stadt Ludwigshafen habe sich dadurch an der Situation jedoch nichts geändert, sagt ein Verwaltungssprecher. Teile der Rückerstattungen seien bereits aus der Stadtkasse an die Unternehmen geflossen. „Die bereits geleisteten Rückzahlungen belaufen sich auf 65,5 Millionen Euro“, erklärt der Sprecher. 105 Millionen Euro würden derzeit also noch ausstehen.

Die Stadt weist nochmals darauf hin, dass die von der Stadt erwarteten und eingeplanten Rückerstattungen nicht ausschließlich auf Klagen beruhen. Es gebe mehrere Ursachen, unter anderem auch corona- und konjunkturbedingte Gründe. Näher geht der Sprecher darauf jedoch nicht ein.

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Für den Erlass oder die Änderung von Gewerbesteuermessbescheiden sei immer das Finanzamt zuständig, unabhängig davon, auf welcher Grundlage die Festsetzungen basieren, also auf Gerichtsentscheidungen, Konjunktur oder anderen Faktoren. „Diese Messbescheide stellen Grundlagenbescheide dar. Das heißt: Die vom Finanzamt getroffenen Festsetzungen sind für die Stadt bindend“, so der Sprecher.

Akteneinsicht beim Finanzamt gestaltet sich wegen Reglementierung schwierig

Die Risiken der immensen Steuerrückzahlungen seien der Stadt im Vorfeld nicht bekannt gewesen, hatte Kämmerer Andreas Schwarz im Herbst 2023 betont. Seitens der Finanzbehörde habe es keinerlei Hinweise gegeben, und auch aus den Finanzdaten der Unternehmen seien die Effekte nicht ablesbar gewesen. Unter anderem im Stadtrat hatte das für kritische Nachfragen gesorgt.

Die Stadt hatte daraufhin angekündigt, dass man im zukünftigen Austausch mit dem Finanzamt drohende Gerichtsurteile gezielt abfragen werde. Außerdem wurde bei der Finanzbehörde Akteneinsicht beantragt. Dazu der Rathaussprecher: „Die Akteneinsicht wurde beantragt, allerdings sind Art und Umfang der Akteneinsicht von Steuerakten stark reglementiert. Die Stadtverwaltung ist daher noch im Austausch mit dem Finanzamt und dem Finanzgericht, was eingesehen werden darf.“

An der aktuellen Misere und den noch zu zahlenden 105 Millionen Euro dürfte sich dadurch jedoch ohnehin nichts mehr ändern lassen.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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