Interview - Schöpfer Helmut van der Buchholz spricht im Interview über die aufkommende Kritik – und warnt vor einer Zensur

Kritik an Ugliest City Tours in Ludwigshafen - Schöpfer warnt vor Zensur

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Julian Eistetter
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Bei einer der ersten Touren im Jahr 2018 zeigt Helmut van der Buchholz (vorne, dunkles T-Shirt) den Teilnehmern die hässlichsten Orte Ludwigshafens. © Anne Jeschke

Ludwigshafen. Die kritische Diskussion um die Zukunft der Ugliest City Tours durch Ludwigshafen hat deren Schöpfer Helmut van der Buchholz im Italienurlaub erreicht. Nach seiner Rückkehr spricht er im Interview mit dieser Redaktion über sein Verhältnis zur Chemiestadt, sein Ansinnen hinter den Führungen und die Zukunftsperspektiven für das seit 2018 bestehende Programm.

Herr van der Buchholz, finden Sie Ludwigshafen hässlich?

Helmut van der Buchholz: Ich lebe seit 1960 hier. Wenn ich dieser Ansicht wäre, dann wäre ich schon längst weggezogen.

Dennoch kokettieren Sie bei Ihren Führungen mit der Hässlichkeit der Stadt, die ihr 2018 durch die ARD-Satiresendung „Extra3“ mit einem Titel bescheinigt wurde. Ist dieser Witz nicht irgendwann abgenutzt?

van der Buchholz: Zur Zeit ist er noch nicht aufgebraucht, weil es immer noch viele Leute gibt, die sich das gerne zu Gemüte führen. Wir haben jetzt sogar noch höhere Anmeldezahlen als Anfang Juni, als die Diskussionen losgingen.

Die Fraktionen sorgen sich rührend um das Image der Stadt. Hätte Ludwigshafen ohne die Ugliest City Tours ein besseres?

van der Buchholz: Ich denke, wenn man dieser Stadt wirklich schaden wollte, dann muss man nur von förderungswürdiger wohlwollender und förderungsunwürdiger kritischer Kultur reden.

Der Macher

  • Helmut van der Buchholz (62) wurde am 15. Dezember 1959 in Hannover geboren.
  • Seit 1960 lebt er in Ludwigshafen. Er hat einen Gesellenbrief als Bildhauer sowie ein Diplom in den Fächern Städtebau und Architektur.
  • 2018 rief der die Ugliest City Tours als Reaktion auf den Titel „Hässlichste Stadt Deutschlands in der Sendung „Extra3“ für Ludwigshafen ins Leben.

Wie meine Sie das genau?

van der Buchholz: Wenn die Leute anfangen zu sagen, kritische Stimmen sollen nicht mehr gefördert werden, dann schadet man dieser Stadt noch viel mehr, denn eine Zensur-Stadt ist noch viel schlimmer als eine nicht ganz so schöne Stadt.

Sie wollen mit Ihren Touren also auch ein bisschen aufrütteln und Schlaglichter auf Probleme werfen?

van der Buchholz: Ich denke, ich will in erster Linie unterhalten, informieren und aufklären.

Hat Sie die plötzliche Kritik, die aufgekommen ist, überrascht?

van der Buchholz: Mich hat vor allem überrascht, dass sie jetzt im fünften Jahr erst aufkommt. Die haben sich das alle noch gar nicht angeschaut, irgendjemand hat angefangen zu zetern, und ein großer Chor ist darauf angesprungen.

Sind die Stadträte aus Ihrer Sicht zu spaßbefreit?

van der Buchholz: Zumindest mal die, die sich in dieser Richtung äußern. Aber ob das jetzt fehlender Humor oder Taktik ist, das vermag ich nicht zu sagen.

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Einige wollen den Touren die städtische Förderung entziehen. Könnten die Führungen ohne diese Gelder fortbestehen?

van der Buchholz: Da sag ich jetzt mal noch nichts dazu. Das müsste ich mir überlegen, wenn es soweit ist. Man kann sowas durch Crowdfunding oder Ähnliches auch noch am Leben halten. Es ist also schon vorstellbar.

Wie hoch sind denn die Förderungen seitens der Stadt für die Ugliest City Tours?

van der Buchholz: Das weiß ich nicht genau, da fragen Sie die Stadt. Es ist im unteren dreistelligen Bereich.

Wäre es denn eine Option, eine Teilnahmegebühr für die bislang kostenfreien Touren zu verlangen?

van der Buchholz: Da würde ich es eher so handhaben, dass ich das im Voraus irgendwie finanziere. Geld einsammeln nimmt dem Ganzen den Charakter.

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Wie ist denn Ihre persönliche Perspektive für die Ugliest City Tours? Ist das für Sie ein unbefristetes Projekt, oder denken Sie auch, dass es irgendwann abgenutzt sein könnte?

van der Buchholz: Das hängt mit der Nachfrage zusammen. Ich ändere das Programm ja auch jedes Mal wieder ein bisschen, so wie sich die Stadt auch jedes Mal wieder ein bisschen ändert. Dann passt man das an. Zurzeit ist es ja auch eine Art Forschungsprojekt.

Würden Sie behaupten, dass durch Ihre Touren in Ludwigshafen etwas zum Positiven bewegt werden konnte?

van der Buchholz: Das ist schwierig, da die einflussreichen Leute ja zum Teil nicht teilnehmen. Aber im Großen und Ganzen denke ich, dass das Image der Stadt sich dadurch eher in Richtung selbstbewusst, ehrlich und humorvoll gestaltet hat. Schlechte Eigenschaften stehen nicht im Zentrum.

Würden Sie sich wünschen, dass die Kritiker zeitnah bei einer Tour teilnehmen?

van der Buchholz: Aber auf jeden Fall! Die sollen doch zumindest einmal wissen, über was sie da eigentlich reden.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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