Ludwigshafen. Eine der beiden Hochstraßen ist in dem entstehenden Werk schon zu erkennen. Wie eine weiße Schlange zieht sie sich von der einen Seite bis zur anderen hindurch. Das Weiß hebt sich deutlich von den bereits mit Farbe ausgefüllten asymmetrischen Flächen rechts und links davon ab. Einige Meter entfernt stehen Delia Rothas und Andreas Heinrich auf einer Hebebühne und befestigen Klebeband auf der noch kahlen Betonfläche direkt über ihnen. Graue Linien zeigen auch hier schon, wo sich in den kommenden Tagen noch Flächen mit Farbe füllen werden.
Rothas und Heinrich verzieren in der Ludwigshafener Innenstadt die Brückenunterführung vom Berliner Platz in Richtung Rheinufer mit einem großflächigen Mural, einem Wandgemälde. Es zeigt einen Teil des Stadtplans von Ludwigshafen. Ende der Woche soll das Werk vollendet sein, das gerade in den Sozialen Medien schon einige Aufmerksamkeit erregt hat.
Erhalten haben Rothas und Heinrich den Auftrag von der Ludwigshafener Kongress- und Marketinggesellschaft (Lukom), die im Rahmen des Programms „Innenstadt-Impulse“ verschiedene Urban-Art-Projekte in der City ermöglicht. So wurden in den vergangenen Wochen etwa ein Trafo-Häuschen in der Ludwigstraße und der Durchgang zum Bürgerhof mit Wandgemälden aufgewertet. Für beide Vorhaben hatten Rothas und Heinrich das Projektmanagement übernommen. Das Paar ist in Ludwigshafen nicht unbekannt, es betreibt die Agentur QUAER und hat Projekte wie das Veranstaltungsmagazin WOW oder das Leerstandsfestival Nukleus umgesetzt.
Am Berliner Platz entsteht das erste eigene Mural des Künstler-Duos
Auch bei der Street-Art-Reihe MURALU des Wilhelm-Hack-Museums haben die beiden in vorderster Front mitgewirkt. „Wir haben Künstler gebucht und betreut und standen schon häufig mit auf der Hebebühne, waren also hautnah dabei“, berichtet die 30-jährige Rothas. Dabei sei das Interesse geweckt worden, auch mal selbst ein Wandkunstwerk zu erschaffen. Als dann die Anfrage der Lukom zur Brücke am Berliner Platz kam, bot sich die Möglichkeit. „Wir freuen uns sehr, dass uns das Vertrauen entgegengebracht wurde“, sagt Heinrich.
Das Motiv könnte kaum eine größere Verbindung zur Chemiestadt herstellen. Das Grundmuster ist ein Teil des Stadtplans, vor allem die Innenstadt mit den Hochstraßen. Die Flächen zwischen den Straßen werden mit verschiedenen Farben gestaltet. Rosa, Türkis, Lila, Gelb oder Hellblau. Einige Felder sind mit zusätzlichen Mustern versehen. „Wir haben uns den Berliner Platz auf einem Luftbild angeschaut, und dabei drei wesentliche Strukturen erkannt“, berichtet Heinrich. Das seien die geraden Linien auf dem Boden im Bereich der Heny-Roos-Passage und des Eingangs zum S-Bahnhof, die karierte Bodenmusterung im westlichen Bereich am Brunnen sowie die runde Baumscheibe im Zentrum. „Diese drei geometrischen Formen haben wir aufgenommen.“
Der Lukom habe der Entwurf sofort gut gefallen. „Insbesondere war es wichtig, dass er hell, freundlich und bunt ist“, berichtet Heinrich. Soll doch das Wandgemälde dazu beitragen, das über lange Jahre so ramponierte Image des zentralen Knotenpunktes aufzupolieren. Erste Schritte dazu hatte die Lukom mit dem Aufstellen von bunten Sitzgelegenheiten und Palmenkübeln gemacht. Die Farben dieser Möbel finden sich auch im Wandgemälde an der Brücke wieder.
Brücke am Berliner Platz zweieinhalb Tage lang von Spinnennetzen befreit
Vorletzte Woche haben Rothas und Heinrich losgelegt. „Zweieinhalb Tage lang mussten wir erstmal die Brücke mit Besen bearbeiten, um sie von Spinnennetzen zu befreien“, berichtet der 31-Jährige von den mühseligen Vorarbeiten. Das Grundmuster haben die beiden dann mit Hilfe von Freunden in einer nächtlichen Aktion auf den kahlen Beton gebracht. „Die haben die Karte mit einem Projektor auf die Flächen geworfen und wir haben die Konturen nachgemalt“, erklärt Rothas. Von 9 Uhr abends bis 4 Uhr morgens sei das Team dafür im Einsatz gewesen. Es habe sich aber gelohnt, denn so konnte man sich viel Abmess-Arbeit sparen.
Seit zwölf Tagen arbeitet das Paar jetzt schon an dem Wandgemälde, häufig überkopf. „Das geht ziemlich in die Arme, in den Nacken, in die Hände“, sagen beide. Für die Zeit nach der Fertigstellung planen sie deshalb erstmal Urlaub. Bis Freitag soll das Mural fertig werden. Ob das gelingt, können die beiden aber noch nicht genau sagen.
Mehr als 100 Liter Farbe werden am Ende auf den Beton der Abfahrt von der Konrad-Adenauer-Brücke verteilt sein, schätzen Rothas und Heinrich. Die Brücke wird dann ihre Handschrift tragen. „Wir haben wirklich gefallen daran gefunden. Wir wirken ja schon länger an verschiedenen Stellen an der Entwicklung des Stadtbildes mit. Jetzt können wir selbst etwas Sichtbares schaffen, dem Ganzen eine eigene Note geben“, sagt Heinrich.
Wandkunst in Ludwigshafen: „Es gibt noch viele Brücken“
Beide sind sich sicher, dass es nicht das letzte Wandgemälde sein wird, das sie gestalten. „Es gibt noch viele Brücken und passende Gebäude in Ludwigshafen“, sagt Rothas und lächelt. Konkrete Pläne und Ideen gebe es aber noch nicht.
Dass ihr Erstlingswerk schon bald von anderen Sprayern mit Graffitis überdeckt werden könnte, damit haben sich Rothas und Heinrich gedanklich schon abgefunden. „Das wird sich wohl nicht vermeiden lassen“, bedauern sie. „Die einzige Lösung wären da legale Flächen für Sprayer in der Stadt“, sagt die 30-Jährige. Dieses Thema will das Paar dringend nochmal bei der Verwaltung anbringen. Erstmal gilt der Fokus aber der Vollendung des bunten Brückenkunstwerks.
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