Tourismus

"Hässlichste Stadt"-Touren in Ludwigshafen starten trotz Kritik wieder

Schädigen die "Ugliest City Tours" das Image von Ludwigshafen? Diese Kritik wurde 2022 laut. Der Initiator macht trotzdem weiter - und führt in diesem Sommer zu den "Weltwundern" der Chemiestadt

Von 
Julian Eistetter
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Bei einer der ersten Touren im Jahr 2018 zeigt Helmut van der Buchholz (vorne, dunkles T-Shirt) den Teilnehmern die hässlichsten Orte Ludwigshafens. © Anne Jeschke

Ludwigshafen. Die einen erfreuen sich an der herrlichen Selbstironie, die anderen fürchten einen ernsthaften Imageschaden für Ludwigshafen: Im vergangenen Jahr ist eine intensive Debatte über die Zukunft der „Germany’s Ugliest City Tours“, die Führungen durch Deutschlands angeblich hässlichste Stadt, entbrannt. Das war genau fünf Jahre, nachdem die NDR-Satiresendung „extra3“ Ludwigshafen 2018 den fragwürdigen Titel verliehen hatte.

Initiator Helmut van der Buchholz ließ sich durch die kritischen Stimmen jedoch nicht beirren und hat für diesen Sommer wieder ein vielseitiges Führungsprogramm zusammengestellt. Die „Ugliest City Tours“ gehen in ihre sechste Saison - inhaltlich hat sich das eine oder andere geändert.

„Die sieben Weltwunder“ in Ludwigshafen

Sieben Touren hat der Schöpfer des Formats für diesen Sommer konzipiert, der offizielle Titel: „Die sieben Weltwunder von Ludwigshafen“. Die ersten fünf Jahre hätten einer Bestandsaufnahme gedient, so van der Buchholz. Es seien Fragen behandelt worden, wie Begriffe wie „schön“ und „hässlich“ in den Köpfern der Menschen entstehen und welche Entwicklungen in der Stadt zum aktuellen Zustand geführt haben.

Für die neue Auflage scheint die Herangehensweise nun etwas optimistischer zu sein. Wo gibt es Punkte, auf die man aufbauen kann? Wie kann es die Stadt schaffen, aus dem Schlamassel der Krisen herauszukommen? Van der Buchholz will Touren anbieten, „die auf die Einzigartigkeit der Stadt hinweisen und LU aus dem Einheitsbrei deutscher Innenstädte herausheben“, betont er.

Eine traurige Konstante in der Ludwigshafener Innenstadt: das „Loch“ am Berliner Platz. © Helmut van der Buchholz

Eine Reaktion auf die Kritik im vergangenen Jahr - etwa durch CDU-Fraktionschef Peter Uebel und Raik Dreher vom Grünen Forum und Piraten - sei diese inhaltliche Ausrichtung nicht, sagt der Künstler im Gespräch mit dieser Redaktion. Er mache sich immer wieder neue Gedanken, damit sich inhaltlich nicht zu viel wiederhole. „Die Innenstadt ist ja nicht unendlich groß. Aber sie unterliegt einem stetigen Wandel“, sagt er. „Außer natürlich das Loch am Berliner Platz.“

Das ewige "Loch" wird gewürdigt

Dieses wird standesgemäß in einer der Touren von van der Buchholz gewürdigt. „Die Tour ist die Tour ist die Tour ist die Tour“ heißt die altbewährte Führung, die am Donnerstag, 17. August, ab 18 Uhr „keinerlei Schönheit verspricht“, wie es in der Ankündigung heißt.

Der Klassiker soll die Veränderungen in der Stadt veranschaulichen und die Baugrube am Berliner Platz als einzige Konstante würdigen.

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Den Auftakt macht in diesem Jahr am Donnerstag, 15. Juni, eine Fahrradtour mit dem Titel „Feuchtgebiete“. Diese zeigt die Bemühungen, die Stadt zum Rhein hin zu öffnen. „Wo bis zur Jahrtausendwende ein reiner Industriehafen mit trostlosen Containerterminals war, entstanden neue, frei zugängliche Erlebniszonen mit unterschiedlicher Aufenthaltsqualität“, schreibt van der Buchholz. Eine Entwicklung, die noch nicht abgeschlossen sei - und die sich anzuschauen lohnt.

Touren und Termine

  • Feuchtgebiete: 15. Juni, 18 Uhr; Fahrrad; Start: BASF Tor 6.
  • Statuen, Plastiken, Skulpturen: 22. Juni, 19 Uhr; zu Fuß; Start: Hack-Museumsgarten.
  • Die hängenden Gärten von Ludwigshafen: 13. Juli, 18 Uhr; Fahrrad; Start: Theaterplatz.
  • Tempel in der City und die unbekannte Kulturmeile: 24. Juli, 20 Uhr; zu Fuß; Start: Rheinufer Höhe Kaiser-Wilhelm-Straße.
  • Der Koloss von Ludwigshafen: 10. August, 18 Uhr; Fahrrad, Start: Bürgerhof.
  • Die Tour ist die Tour ist die Tour: 17. August, 18 Uhr; zu Fuß, Start: Danziger Platz.
  • Leuchtturmprojekte – Erinnerungen an die Zukunft: 28. September, 18 Uhr; zu Fuß, Start: Lichttor vor dem Rathaus-Center.
  • Mehr Infos: www.ludwigshafen-wow.de und www.helmutvan.de

Weitere Touren - es sind insgesamt vier zu Fuß und drei mit dem Fahrrad, allesamt kostenfrei - nehmen das Stadtgrün, Kunst im öffentlichen Raum oder innerstädtische Visionen in den Fokus. Ganz neu ist eine Führung, die sich unter dem Titel „Der Koloss von Ludwigshafen“ auf die Spuren des Alt-Bundeskanzlers Helmut Kohl begibt. Dieser habe die Stadt geprägt, auch wenn sich bis heute mit seinem Erbe viele schwertun, sagt der Initiator der „Ugliest City Tours“.

Führungen bei WOW gebündelt

Auch organisatorisch gibt es in diesem Jahr Änderungen, wie eine Sprecherin der Stadtverwaltung auf Anfrage sagt. „Die ,Ugliest City Tours’ sind kein Veranstaltungsformat des Kulturbüros mehr, sondern in die neuen ,WOW-City Tours’ eingebunden, die unterschiedliche Stadtführungen bündeln“, erklärt sie. Das gebündelte Angebot lade dazu ein, Ludwigshafen aus verschiedenen Blickwinkeln zu sehen und neu kennenzulernen.

Hinter der digitalen Veranstaltungsplattform WOW stehen Andreas Heinrich und Delia Rothas. Deren Initiative zielt insbesondere darauf ab zu zeigen, dass Ludwigshafen in kultureller Hinsicht einiges zu bieten hat. Neben den Stadtführungen finden sich auf der Webseite auch Termine und Informationen zu Ausstellungen, Theatervorführungen, Konzerten oder Tanzveranstaltungen.

„Mit den ,WOW-City Tours’ wollen wir sämtliche Angebote bündeln und gemeinsam bewerben“, berichtet Andreas Heinrich im Gespräch mit dieser Redaktion. An der Diskussion über den Titel „Hässlichste Stadt Deutschlands“ will er sich nicht beteiligen. „Inhaltlich ist das Angebot der Führungen gut. Man lernt die Stadt aus einem neuen Blickwinkel kennen. Und darum geht es“, sagt er.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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