Oppau

Geschichtsträchtiger Bunker in Ludwigshafen steht zum Verkauf

Der massive Bunker in der Oppauer Schinkelstraße ist einer der größten in ganz Ludwigshafen. Jetzt wird er verkauft. Mit dem Gebäude ist auch ein tragisches Schicksal verbunden

Von 
Julian Eistetter
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Dieser geschichtsträchtige Bunker in der Oppauer Schinkelstraße 39 steht ebenfalls zum Verkauf. © Christoph Blüthner

Ludwigshafen. Die gewaltige Fassade zur Straße hin ist zu großen Teilen von Kletterpflanzen überwuchert. Sie verdecken meterdicke Betonmauern, hinter denen im Zweiten Weltkrieg bis zu 3000 Menschen Schutz vor Luftangriffen suchten. Der massive, fünfgeschossige Bunker in der Schinkelstraße in Oppau ist einer der größten Ludwigshafener Schutzbauten. Das Gebäude birgt eine besondere und zugleich tragische Geschichte. Jetzt soll es verkauft werden - wie schon so viele Bunker in der Chemiestadt vor ihm.

Errichtet zum Schutz von Zwangsarbeitern

Errichtet wurde das Ungetüm aus Beton nach Angaben von Klaus-Jürgen Becker, Bunkerexperte und stellvertretender Leiter des Stadtarchivs, ab dem Jahr 1943 als einer der letzten Schutzbauten in Ludwigshafen. „Er war für die Massenunterbringung insbesondere von Zwangsarbeitern der heutigen BASF vorgesehen“, berichtet er im Gespräch mit dieser Redaktion. Auf die Idee, diese zu schützen, seien die Nationalsozialisten erst gekommen, als die „Zufuhr“ von Zwangsarbeitern aus dem Ausland allmählich verebbt sei. Der Bunker sei sogar schon genutzt worden, als er noch nicht fertiggestellt war, lediglich mit einer dünnen Decke. „Einem Angriff hätte er keinesfalls standgehalten“, berichtet Becker.

Letztes Oppauer Kriegsopfer stirbt auf dem Dach

Zu einer solchen Katastrophe kommt es nicht, und dennoch schreibt der Bunker eine der vielen tragischen Geschichten des Krieges. Kurz vor dessen Ende besteigt der Anwohner Emil Fick am 21. März 1945 das Dach des Gebäudes, um weiteres Blutvergießen zu verhindern.

Als sichtbares Signal für die vorbeiziehende 10. Panzerdivision der US-Armee will er eine weiße Fahne, ein weißes Bettlaken hissen. Doch diesen Einsatz zahlt er mit seinem Leben. Auf dem Dach trifft den Maurermeister ein tödlicher Schuss, vermutlich abgegeben von einem fanatischen Nazi-Anhänger. Der Sozialdemokrat ist das letzte Kriegsopfer im Stadtteil Oppau.

Der Schutzbau in einem der Jahre nach seiner Fertigstellung 1944. Vor allem Zwangsarbeiter sollten hier unterkommen. © Stadtarchiv Ludwigshafen

Mehr als 78 Jahre später wird der auch als Hellmeierbunker oder Maxbunker bekannte Koloss nun beim Portal immobilienscout24 zum Verkauf angeboten. 550 000 Euro sind als Preis für das Gebäude aufgerufen. Vermarktet wird es von der Mannheimer Agentur Mildner Immobilien. „Es ist ein sehr spezielles Objekt“, sagt deren Inhaber Martin Mildner im Gespräch mit dieser Redaktion. Der eine oder andere Interessent habe sich schon bei ihm gemeldet, zu einem Abschluss sei es jedoch noch nicht gekommen.

Der Bunker ist derzeit als Lagerhaus zugelassen. Von den rund 920 Quadratmetern Lagerfläche seien derzeit etwa 575 vermietet - zu meist marginalen Konditionen, wie Mildner berichtet. „Die Performance könnte man auf jeden Fall noch verbessern“, ist er überzeugt. Auch wenn es sich bei dem Bunker insgesamt nicht um ein „klassisches Renditeobjekt“ handele, wie der Makler sagt. „Es braucht jemanden mit einer konkreten Idee.“

Wofür der Bunker geeignet sein könnte

Eine Wohnnutzung sei dabei eher ungeeignet, denn in zwei der drei oberen Etagen - es gibt zudem ein Erdgeschoss und einen Keller - betrage die Geschosshöhe lediglich 2,20 Meter. Auch Proberäume für Musiker oder Bands scheiden aus diesem Grund eher aus. Sehr gut geeignet seien die räumlichen und klimatischen Gegebenheiten aber etwa für eine Indoor-Gewächsanlage, eine Aufzuchtstation für Pilze oder ähnliches. Auch eine Art Weinlager sei denkbar, so Mildner.

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Insgesamt sieht er mit dem Bunker durchaus ein Einnahmepotenzial. Der aktuelle Eigentümer habe im Jahr 2020 rund 20 000 Euro Gesamteinnahmen damit erzielt. Es bestehen langfristige Mietverträge mit Betreibern von zwei Antennen auf dem Dach. Dort sind auch Photovoltaikanlagen installiert, mit deren Betreibern ab dem Jahr 2025 neu verhandelt werden könne. Auch ein Aufzug könne laut Mildner eingebaut werden, da die Geschossdecken nicht allzu dick sind.

Steigende Preise für Bunker

Insgesamt bezeichnet er den Zustand des Gebäudes als „substanziell und technisch gut“. Es gibt ein Badezimmer und zwei Schleusenzugänge im Erdgeschoss. Diese sind jeweils über kleine Treppenaufgänge zu erreichen und mit farbigen Mosaikfliesen gestaltet - ein Eingangsbereich in Blautönen, einer in Orange-Braun. Auf dem Gelände, das 926 Quadratmeter groß ist, stehen ein paar Parkplätze zur Verfügung.

Auch Klaus-Jürgen Becker, der den Bunker schon einmal selbst besichtigt hat, spricht von einem guten Zustand. Für die Einrichtung eines Bunkermuseums, für die Becker und dessen Mitstreiter vom Arbeitskreis Bunkermuseum kämpfen, eigne sich das Gebäude jedoch nicht so gut. Das liege nicht zuletzt daran, dass die Preisvorstellung völlig außerhalb des Möglichen für den Verein sei.

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„Es ist schon bemerkenswert, wie die Preise auch in diesem Bereich gestiegen sind“, sagt Becker. Vor Jahren hätten die Bunker noch für 60 000 bis 70 000 Euro den Besitzer gewechselt, nun würden „horrende“ Summen aufgerufen. So soll etwa auch der Bunker in der Schanzstraße, der aktuell durch Kuthan Immobilien vermarktet wird, 450 000 Euro kosten.

Generell tut sich am „Bunker-Markt“ in Ludwigshafen in den vergangenen Jahren einiges. Zwei Objekte in der Innenstadt und am Oggersheimer Bahnhof wurden durch das Berliner Auktionshaus Karhausen versteigert, der Bunker-Wasserturm im Hemshof wechselte den Besitzer genauso wie die Zwillingsbunker im Bereich des St. Marienkrankenhauses.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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