Immobilie in der Schanzstraße

Weiterer Weltkriegsbunker in Ludwigshafen steht zum Verkauf

Zwei Ludwigshafener Bunker sind bereits versteigert worden. Diesmal soll ein Maklerbüro die Sonderimmobilie in der Schanzstraße veräußern. Was über den Bunker bekannt ist und welcher Preis aufgerufen wird

Von 
Julian Eistetter
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Der Bunker in der Schanzstraße 69 und das daneben liegende Grundstück (l.) sollen verkauft werden. © Christoph Blüthner

Ludwigshafen. Die graue Betonfassade sieht schmuddelig und durch jahrzehntelange Witterungseinflüsse gezeichnet aus. Der Sockel und die Türumrahmung sind aus rotem Sandstein, der jedoch inzwischen eine eher grünliche Farbe angenommen hat. Zwei auffällige Masten sind im oberen Bereich des Bauwerks angebracht und stehen an beiden Seiten über das Flachdach hinaus.

Einen schönen Anblick bietet der Bunker in der Schanzstraße 69 in Ludwigshafen für unbedarfte Beobachter wahrlich nicht. Liebhaber solch historischer Schutzbauten dürften die aktuellen Entwicklungen jedoch sehr interessieren, denn die Immobilie soll mitsamt einem daneben liegenden Grundstück verkauft werden.

Bunker und Grundstück im Paket

Übernehmen soll diese Aufgabe das Maklerbüro Kuthan Immobilien, wie eine Sprecherin mitteilt. „Es ist der erste Bunker, den wir verkaufen“, berichtet sie. Erfahrung mit dieser Art von Sonderimmobilien hat das Unternehmen also noch nicht gemacht. Dennoch ist die Hoffnung natürlich groß, schnell einen Käufer zu finden. Als Preis für den Bunker und die danebenliegende, 330 Quadratmeter große Brachfläche werden 450 000 Euro aufgerufen. „Der benachbarte Getränkemarkt nutzt das Grundstück derzeit als Lager“, berichtet die Sprecherin.

Bunker in Ludwigshafen

  • Die Nationalsozialisten entwarfen einst ein gemeinsames Bunkerkonzept für Ludwigshafen und Mannheim, das einen Ring um beide Städte bildete.
  • Im Jahr 1938 wurde mit dem Bunkerbau begonnen. Nach den ersten Luftangriffen der Alliierten in der Region wurde er massiv vorangetrieben.
  • Eingestellt wurde das Programm vor Ort im Jahr 1942, als Geld und Beton für die Wehranlagen am Atlantikwall benötigt wurden.
  • In Ludwigshafen existieren heute noch 47 Bunker, im Verhältnis zur Größe der Stadt eine enorme Anzahl.
  • Für den Ernstfall betriebsbereit sind die Schutzbauten nach Angaben der Stadt nicht mehr. Auch für eine entsprechende Umrüstung seien sie nicht geeignet. 

Masten von Telefonanbietern bringen Miete

Der Bunker ist fünf Stockwerke hoch und hat noch ein Kellergeschoss. Die „Zellen“, wie sie die Kuthan-Sprecherin nennt, sind überwiegend leer, teilweise befinden sich aber auch noch Tische und Stühle darin. Anders als in anderen Bunkern in der Stadt haben sich keine Tauben breit gemacht. Auch Feuchtigkeitseintritte und Gestank seien vor Ort nicht festgestellt worden.

Die Räume an sich sind derzeit ungenutzt. „Im Bunker passiert nichts“, so die Sprecherin. Die beiden Masten auf dem Bunker gehörten jedoch Telefonanbietern. „Das sind Mieteinnahmen.“ Der Besitzer habe die Immobilie vor zwei Jahren von einem Architekten gekauft, der ausgewandert ist.

Aus der Bauserie 1941

Klaus-Jürgen Becker, stellvertretender Leiter des Ludwigshafener Stadtarchivs und Mitbegründer des Arbeitskreises Bunkermuseum, kennt sich bestens mit den Schutzbauten in der Chemiestadt aus. „Dieser Bunker stammt aus der Bauserie im Jahr 1941. Also Herbst 1941 oder spätestens Frühjahr 1942“, sagt er auf Anfrage. Das sei an den Sandsteinelementen auf der Fassade zu erkennen, auf Optik sei zu diesem Zeitpunkt noch Wert gelegt worden - später dann nicht mehr.

Der Quadratische Betonbau in der Nördlichen Innenstadt sei kein Bunker, in dem während des Kriegs massenhaft Menschen bei Luftangriffen Unterschlupf finden konnten. „Es ist ein klassischer Wohnbunker. Hier wurden Familien untergebracht, die ausgebombt wurden und deren Wohnungen zerstört waren“, erläutert er.

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Besonders heimelig sei es in der Notunterkunft nicht zugegangen. „Bis zu sechs Personen kamen in einer kleinen Parzelle unter“, berichtet Becker. Auf dem Flur habe es ein Waschbecken gegeben, dazu einen Sanitärraum. „Es war kalt und spartanisch. Aber natürlich besser, als ohne Bleibe dazustehen.“

Die Nutzungsmöglichkeiten für den Bunker an sich sind laut Becker relativ begrenzt. „Er bietet sich vor allem als Lagerfläche an, etwas anderes bekommt man eigentlich nicht genehmigt“, so der Experte. Für eine Wohnnutzung müsste ein zweites Treppenhaus im Außenbereich gebaut werden, dazu wäre eine Luftspülungsanlage vonnöten. „Das geht schnell in die Hunderttausende“, spricht Becker von einem teuren Unterfangen. „Das ist nicht unkompliziert.“

Wunsch nach Museum besteht weiter

Mit dem Bunkerverein ist Becker nach wie vor auf der Suche nach einer geeigneten Immobilie, um ein Museum einzurichten. Der aufgerufene Preis für den Schutzbau und das Grundstück in der Schanzstraße sprengen dabei jedoch sämtliche Möglichkeiten. „Wir hoffen nach wie vor, eine Lösung mit der Stadt zu finden“, so Becker. Die Verwaltung besitzt in der Chemiestadt selbst noch 13 Bunker.

Insgesamt gibt es in Ludwigshafen laut Becker noch 47 Bunker. In den vergangenen Jahren wurden zwei von ihnen bei Versteigerungen des Auktionshauses Karhausen in Berlin versteigert. Ein Bunker mitten in der Innenstadt wechselte 2019 für 29 100 Euro den Besitzer, für einen alten Bunker der Bahn am Oggersheimer Bahnhof wurden 2021 sogar rund 50 000 Euro hingelegt. Wie diese Schutzbauten heute genutzt werden, ist nicht bekannt. Bauanträge oder ähnliches wurden laut Stadtverwaltung nicht gestellt.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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