Ludwigshafen. Um 14.03 Uhr wird es in der Hemshofer Schanzstraße richtig spannend. Dann wird die Türe des dortigen Bunkers aufgemacht. „Ich schau mir den auch zum ersten Mal an“, sagt Klaus Jürgen Becker. Der Historiker ist genauso gespannt wie die anwesenden Journalisten und die kleine Gruppe, die den Bunker genau vermessen möchte.
Im Zweiten Weltkrieg bot der 1941 gebaute Bunker an der Schanzstraße 69 für 300 Menschen Schutz. Insgesamt gab es in den fünf Etagen 36 „Zimmer“. Kleine Räume, circa acht Quadratmeter groß, ohne Fenster, die mit einer Tür geschlossen werden konnten. „Angelegt waren diese Räume für Familie mit sechs Personen. Sie wurden den Leuten zugeteilt. Immer wenn Fliegeralarm war, konnten Kinder, Frauen, Männer Schutz finden. Natürlich nur, wenn man die bestimmte Eintrittskarte dafür hatte“, erklärt Becker.
450 000 Euro als Kaufpreis für das Areal
140 000 Einwohner zählte Ludwigshafen Anfang der 1940er-Jahre. Als die Bombenangriffe der Alliierten von 1942 bis 1945 immer heftiger wurden, flüchteten viele aus der Stadt. „Zum Schluss geht man von 40 000 Einwohnern aus, die geblieben sind. Wer noch hier war, wurde in der Stadt gebraucht“, sagt der Historiker. Zwangsarbeiter hatten keinen Zugang zu den Bunkern wie den in der Schanzstraße. „Wenn sie es gehabt hätten, wären sicher weniger von ihnen gestorben“, so Becker.
Bei Fliegeralarm konnten bis zu 500 Personen in den Bunker. Beim Gang durch die Etagen wird klar, wie eng das gewesen sein muss. „Die Betondecke ist hier vier Meter dick. Ein Volltreffer hat sicher für Dellen gesorgt, aber hier war man ganz sicher“, sagt Becker und zeigt nach oben. „Geschwankt haben muss das Gebäude trotzdem.“
Der Bunker in der Schanzstraße soll ja verkauft werden. Zwei Interessenten gebe es schon, erzählt Georg Kuthan, der Besitzer des Ludwigshafener Immobilienbüro Kuthan-Immobilien, der mit dem Verkauf beauftragt worden und an diesem Samstagmittag ebenfalls anwesend ist. Was die damit machen wollen? Das wolle man herausfinden, sagt Kuthan. Das Gebäude samt einem zugehörigen Areal, das bebaut werden kann, soll für 450 000 Euro verkauft werden.
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Gibt fast 50 Bunker in Ludwigshafen
An den beiden Seiten des Gebäudes sind aktuell Funkmasten installiert, die für Handykommunikation benutzt werden. Der bisherige Besitzer bekommt dafür Mieteinnahmen. Offenbar können sich die Interessenten auch vorstellen, Wohnungen zu schaffen, oder den Bunker als Lagerraum nutzen.
Becker ist sich unterdessen nicht so ganz sicher, was er von einem geplanten Verkauf halten soll. Einen Abriss würde er bedauern. Becker würde es lieber sehen, wenn in der Stadt ein Bunkermuseum entstehen würde: „So ein Gebäude ist ein idealer Ort, um gerade Jugendlichen die Schrecken des Krieges zu zeigen. Bei einem Vortrag in einem Saal hört dir da aber keiner zu. Hier in dieser engen Atmosphäre schon.“ Becker kennt viele der Luftschutzgebäude in Ludwigshafen. Er spricht von 47 Hoch- und Tiefbunker. Nur Berlin hat mehr. „Der hier ist für mich in der Rangliste auf Rang 13.“