Asyl

Erste Geflüchtete verlassen Walzmühle Ludwigshafen: So geht es jetzt weiter

Die Notunterkunft leert sich: Bis August sollen alle Flüchtlinge aus der Walzmühle Ludwigshafen ausgezogen sein. Welche Bilanz Ortsvorsteher und Polizei ziehen und wie es mit dem Center weitergeht

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Julian Eistetter
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Die Passage durch die weitgehend leerstehende Walzmühle in Ludwigshafen ist seit geraumer Zeit provisorisch abgesperrt. © Julian Eistetter

Ludwigshafen. Groß waren die Befürchtungen Ende des vergangenen Jahres, als die Stadtspitze den Einzug von bis zu 400 Geflüchteten in den ehemaligen Real-Markt in der Walzmühle angekündigt hatte. Anwohner, Einzelhändler und Gastronomen sorgten sich vor den Konsequenzen für das Umfeld des Notquartiers mitten in der Innenstadt.

Gut ein halbes Jahr später ziehen nun die ersten 80 Asylbewerber schon wieder aus dem ansonsten leerstehenden Einkaufscenter aus, wie die Stadt in dieser Woche ankündigte. Bis Ende August soll die Notunterkunft in dem ehemaligen Supermarkt im Erdgeschoss sogar wieder komplett leer sein. Alles lief ziemlich geräuschlos. Waren die Befürchtungen also überzogen?

Diese neunen Containerbauten sind in der Wollstraße entstanden. © Ruffler

Christoph Heller, Ortsvorsteher der Südlichen Innenstadt, war einer der größten Bedenkenträger. „Bisher lief alles problemlos“, sagt er jetzt im Gespräch mit dieser Redaktion. „Man muss aber auch sagen, dass wir das Ganze sehr eng begleitet haben“, verweist er auf regelmäßige Treffen und Anwohner-Informationen. „Ich gebe offen zu, dass ich dagegen war. Genauso offen sage ich jetzt: Vielen Dank an die Oberbürgermeisterin und an die Verwaltung, dass sie ihr Versprechen gehalten haben“, betont Heller.

Der Polizei wurden einige wenige Zwischenfälle gemeldet

Dass die angekündigte Belegung bis Spätsommer nicht überschritten werde, sei sehr wichtig. „Denn nach den großen Ferien hätten wir hier ein Riesenproblem mit der Schule bekommen. Die Grimm-Schule platzt so schon aus allen Nähten“, sagt der Ortsvorsteher. Weitere Kinder aus der Unterkunft hätten nicht aufgenommen werden können.

Awes Khan hatte von Anfang an keine Bedenken. Ansonsten hätte der Projektleiter bei der Mannheimer Pro Concept AG als Eigentümerin des Centers sicher auch nicht zugestimmt, dass Asylbewerber in die Walzmühle einziehen. Nach sechs Monaten sieht er sich bestätigt. „Die Sorgen waren unbegründet. Ich glaube, in der ganzen Zeit gab es keinen einzigen Vorfall“, sagt er im Gespräch mit dieser Redaktion.

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„Wenn man nicht ganz genau hinschaut, dann nimmt man die Menschen hier kaum wahr“, erklärt er und hat dazu auch eine Anekdote parat: „Irgendwann im März habe ich einen Anruf erhalten, wann denn jetzt die Geflüchteten genau kommen sollen. Zu diesem Zeitpunkt waren aber schon längst welche da“, sagt er.

Zwei Einsätze wegen körperlichen Auseinandersetzungen in der Walzmühle

Ganz ohne Zwischenfälle verliefen die vergangenen Monate dann laut Polizeipräsidium Rheinpfalz aber doch nicht. So sei es wegen körperlichen Auseinandersetzungen in der Unterkunft zu zwei Einsätzen gekommen, darüber hinaus seien drei Strafanzeigen wegen Taten in dem Notquartier erstattet worden.

Dabei sei es nach Angaben einer Sprecherin um ein Sittlichkeitsdelikt, eine Bedrohung und einen Diebstahl gegangen. Insgesamt zieht die Polizei bislang aber ebenfalls eine positive Bilanz - insbesondere im Hinblick auf die „nicht einfache Situation der Untergebrachten und die Vielzahl von Menschen auf engem Raum“, so die Sprecherin.

Ein Grund dafür, dass alles relativ geordnet ablief, ist laut Ortsvorsteher Heller aber auch, dass das Notquartier zu keinem Zeitpunkt auch nur ansatzweise voll belegt gewesen ist. „Es war glücklicherweise maximal zur Hälfte belegt“, sagt er. „Auf die angekündigten Zahlen sind wir also gar nicht erst gekommen.“

Laut städtischer Mitteilung leben aktuell rund 180 Menschen in dem ehemaligen Supermarkt. Bis Ende Juni werden 80 Menschen in eine Containerunterkunft in der Wollstraße umziehen. Gleichzeitig werden aus den dortigen Hallen, die ebenfalls Notunterkünfte sind, 85 Menschen in die neuen Gebäude einziehen, die seit März 2024 dort errichtet wurden. „Die Gebäude bestehen aus kleineren Wohneinheiten und sind für 210 bis 225 Menschen konzipiert“, teilt die Stadt mit.

In der Wollstraße Ludwigshafen sind dreigeschossige Containerbauten entstanden. Dort sollen bis zu 225 Menschen unterkommen. © Michael Ruffler

In der Walzmühle verbleiben noch bis August rund 100 Menschen, die dann in neue Unterkünfte in der Bayreuther Straße einquartiert werden. Dort laufen noch die Bauarbeiten für vier dreigeschossige Gebäude, in denen bis zu 450 Asylbewerber Obdach finden sollen. „In wenigen Monaten haben wir an zwei Standorten neue Unterkünfte für Geflüchtete geschaffen, die in den kommenden zwei bis drei Jahren genutzt werden sollen“, wird Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck in einer Mitteilung der Stadt zitiert.

Umbauarbeiten in Walzmühle zu Nahversorgungszentrum können ab September beginnen

Dabei stehe die Verwaltung in mehrfacher Hinsicht in der Verantwortung. „Da ist die humanitäre Verantwortung, Menschen, die vor Krieg und Gewalt bei uns Schutz suchen, aufzunehmen. Gleichzeitig verstehen wir auch die Sorgen von Menschen, in deren Nachbarschaft Unterkünfte entstehen“, erklärt sie. Deshalb habe die Stadtspitze immer den Dialog gesucht. Es gebe nicht den einen richtigen Weg, Kompromisse seien erforderlich gewesen.

In der Walzmühle können ab September die Umbauarbeiten zu einem Nahversorgungszentrum beginnen. Wie berichtet, sollen unter anderem Rewe und Aldi in das Center einziehen. Die Aufenthaltsqualität soll durch neue Möbel und Farbkonzepte steigen. „An diesen Plänen hat sich nichts geändert. Wir warten jetzt ab, bis die Walzmühle wieder frei ist, und dann können wir weitermachen“, sagt Awes Khan. Noch nicht in trockenen Tüchern ist die Nachnutzung des Kinos im ersten Obergeschoss. „Da sind wir weiter in Gesprächen und werden vermelden, wenn etwas konkret ist“, so Khan.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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