Ludwigshafen. Aus der Fußgängerzone ist er fast nicht zu erkennen und auch sonst fällt er in der dichten Innenstadtbebauung der Ludwigshafener City kaum auf. Dabei ist er mit acht Geschossen in massiver Stahlbeton-Bauweise ein ziemlicher Brocken. Bereits zum zweiten Mal wird der in einem Hinterhof der Bismarckstraße liegende Hochbunker bei einer Auktion zum Kauf angeboten.
Nachdem er im Jahr 2016 für 64 000 durch den Hammer der Berliner Karhausen AG den Besitzer wechselte, versucht diesmal die Westdeutsche Grundstücksauktionen AG in Köln einen guten Preis für die Sonderimmobilie zu erzielen. Die Versteigerung findet am kommenden Freitag, 8. Dezember, ab 12 Uhr im Hilton Cologne Hotel statt. Der Hochbunker wird gleich als erstes von 21 Objekten aufgerufen.
So bewertet ein Ludwigshafener Bunker-Experte den Zustand der Immobilie
Nach Angaben des Ludwigshafener Bunker-Experten Klaus-Jürgen Becker handele es sich um einen „tollen“ Schutzbau, der „in sehr gutem Zustand“ sei. Er wurde im Jahr 1942 errichtet und gehörte der Reichsbahn. „Er ist einer von vier baugleichen Bunkern, die rund um den damaligen Hauptbahnhof lagen“, berichtet Becker.
Bunker in Ludwigshafen
- In Ludwigshafen gibt es noch 47 Bunker. 13 davon befinden sich im Besitz der Stadt, die anderen gehören Firmen oder Privatpersonen.
- Für den Katastrophenfall sind sämtliche Schutzbauten in Ludwigshafen nicht mehr einsatzbereit und laut Stadt auch nicht mehr für eine Umrüstung geeignet.
- Einige der Bauwerke werden kreativ genutzt, etwa der Bunker-Wasserturm im Hemshof als Veranstaltungsstätte, der Penthouse-Bunker in Mundenheim als attraktive Wohnung oder zwei Bunker der BASF als Wandkunst-Objekt beziehungsweise Creation Center.
- Immer wieder wechseln Bunker in Ludwigshafen den Besitzer. Die jetzt anstehende Versteigerung des Hochbunkers in der Bismarckstraße ist insgesamt bereits die fünfte.
- Auch dieser Bunker wurde im Jahr 2016 schon einmal versteigert – gemeinsam mit dem Pendant auf der anderen Seite der Bismarckstraße, der dann nur drei Jahre später erneut bei einer Auktion unter den Hammer kam.
- 2021 wurde dann ein Bunker in der Prälat-Caire-Straße Oggersheim für 50 000 Euro bei einer Auktion verkauft.
Dieser befand sich damals nämlich noch dort, wo heute noch das Rathaus-Center steht. Nur wenige Meter weiter steht ein Zwillingsbau, ein weiterer auf der anderen Seite der Bismarckstraße in Richtung Ludwigsplatz. Auch der Würfelbunker, der wegen des Neubaus der Helmut-Kohl-Allee in den kommenden Jahren abgerissen wird, war einer dieser vier Reichsbahnbunker.
Sie wurden insbesondere zum Schutz der Bahnmitarbeiter sowie der Reisenden errichtet. Nach den Forschungsergebnissen des Ludwigshafener Arbeitskreises Bunkermuseum e. V., den Becker mitgegründet hat, wurde der Hochbunker auch von Einsatztrupps der Reichspost mit Anschluss an das Fernmeldenetz genutzt. Das Post-Gebäude mit der angeschlossenen Postbank existiert noch heute. Im Dritten Reich soll sich auch die NSDAP-Kreisleitung in dem Bunker getroffen haben.
Die acht Geschosse des ehemaligen Reichsbahnbunkers sind über zwei Treppenhäuser erschlossen
Der Hochbunker mit der gelblich-braunen Fassadenfarbe besteht aus acht Geschossen, die über zwei Treppenhäuser erschlossen sind. Die existierenden Aufzüge sind nicht mehr funktionstüchtig, wie aus der Objektbeschreibung im Auktionsheft hervorgeht. Der Eingangsbereich liegt im ersten Geschoss. Die Etagen zwei bis sieben bestehen jeweils aus einem großen Raum und einem weiteren mit den ehemaligen Sanitäranlagen.
Im achten Geschoss ist der ehemalige Maschinenraum für die Aufzüge und die Belüftungsanlage untergebracht. Die gesamte Nutzfläche beläuft sich auf geschätzte 1200 Quadratmeter. Das aus drei zusammenhängenden Flurstücken bestehende Grundstück ist knapp 540 Quadratmeter groß.
So hoch ist das Startgebot für den denkmalgeschützten Bunker in Ludwigshafen
Die Wände des massiven Bauwerks sind laut Auktionshaus zwei Meter dick und verfügen über keinerlei Fenster. Der ehemalige Reichsbahnbunker ist denkmalgeschützt. Als Startgebot für das Sonderobjekt, das derzeit auch noch auf dem Online-Portal Immobilienscout 24 angeboten wird, werden 55 000 Euro aufgerufen.
„Bei einem niedrigeren Kaufpreis hätten wir ein Angebot gemacht“, sagt Becker, der mit dem Arbeitskreis das große Ziel verfolgt, in Ludwigshafen ein Bunkermuseum einzurichten. Die aufgerufene Summe empfindet er als zu hoch. Denn der Bunker habe ein Problem: Der Zugang kann ausschließlich über benachbarte Privatgrundstücke erfolgen, es gibt also keinen direkten Eingang zum öffentlichen Straßenraum. „Ich kann mir vorstellen, dass das abschreckend auf Interessenten wirkt“, sagt Becker.
Was der Auktionator von der Versteigerung des Bunkers in Köln erwartet
Das sieht Thomas Engel naturgemäß ein wenig anders. Der Vorstand der Westdeutsche Grundstücksauktionen AG verspricht sich von dem Bunker bei der Auktion kommenden Freitag einiges. „Es gibt schon zwei Gebote auf das Objekt. Die Nachfrage ist vor dem Hintergrund der aktuellen Situation auf dem Immobilienmarkt sehr gut“, berichtet er im Gespräch mit dieser Redaktion. Engel rechnet damit, dass der Kaufpreis letztlich über dem Startgebot liegen wird. „Wie weit es gehen kann, wissen wir aber natürlich auch nicht.“
Auch für den Vorstand ist die Nutzung des Bunkers als Lager am naheliegendsten. „Eine komplette Umnutzung zu Wohnraum oder ähnlichem kostet einfach sehr viel Geld“, weiß er aus Erfahrung. Denn die Deutsche Grundstücksauktionen AG, zu der die Westdeutsche Grundstücksauktionen AG gehört, habe schon zahlreiche Bunker versteigert.
Auch außergewöhnliche Nutzungen sind für die Sonderimmobilie in der Innenstadt denkbar
Für Engel sind solche Schutzbauten insbesondere dafür geeignet, Dinge einzulagern, für die es ein besonderes Sicherungsbedürfnis gibt, etwa wichtige Dokumente oder ähnliches. „Wir haben auch schon Bunker verkauft, in die dann ein Rechenzentrum eingebaut wurde“, nennt er als Beispiel.
Auch eine touristische Nutzung habe Engel in seiner Zeit als Auktionator schon erlebt. „Da wurde der Bunker dann im weitesten Sinne als Erlebnishotel genutzt“, berichtet er. „Besucher konnten eine Nacht dort verbringen, um zu sehen, wie das damals gewesen ist“, sagt der Auktionator. Ideen, die auch für das Bauwerk in der Ludwigshafener Bismarckstraße denkbar wären.
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[4] https://www.ak-bunkermuseum-lu.de/
[5] https://www.wdga-ag.de/fileadmin/user_upload/api/kataloge/wdga/Katalog_W23_04.pdf
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