Heidelberg. „Früher stand hier ein Jägerzaun“, zeigt Egon Müller auf die östliche Seite seines Elternhauses im Heidelberger Stadtteil Ziegelhausen-Peterstal. Nun sind hier Metallelemente mit Fundament errichtet, die mit Verstrebungen an der Hauswand befestigt sind. Der Holzzaun mag hübscher gewesen sein, die Metallwand lässt Müller ruhiger schlafen. Denn sie schützt vor Starkregeneffekten. Ein neues Förderprogramm der Stadtverwaltung hat das möglich gemacht.
Anders als das Neckar-Hochwasser, das anhand von Pegelständen flussaufwärts eingeschätzt werden kann, sind Starkregen-Phänomene schwer berechenbar, weil sie lokal sehr begrenzt auftreten können und häufig von Gewittern begleitet werden. Fast hundert Jahre lebte die Mutter von Egon Müller in dem Einfamilienhaus am Ortsrand.
Haus steht in Talsenke am oberen Ortsrand von Ziegelhausen
Ein Bach ist nicht in der Nähe, und auch die Quellen treten weiter unterhalb des Hauses aus dem Berg. Aber: Die Immobilie steht in einer Talsenke. „Alle drei bis fünf Jahre“, erinnert sich Müller, brausten die Wassermassen vom Wald bergab und am Haus vorbei. Beim Wasser blieb es dabei nicht: Der Starkregen befördert immer auch Geröll oder Schlamm ins Tal.
Man sieht solche Geschichten im Fernsehen, aber dann scheint die Sonne wieder und man schiebt die Gedanken an die Gefährdung des eigenen Hauses von sich
„Drei bis vier Schubkarren“ seien nach solchen Regen-Dreck-Massen regelmäßig runtergekommen. Verschont blieb die Familie bisher glücklicherweise von größeren Schäden, in die Kellerräume sei das Wasser aber gelegentlich schon gelaufen. Dort befinden sich aber auch die Elektro-Zentrale und die Heizung.
„Man sieht solche Geschichten im Fernsehen, aber dann scheint die Sonne wieder und man schiebt die Gedanken an die Gefährdung des eigenen Hauses von sich“, gibt der Peterstaler zu. Doch eines Tages flatterte ein Brief der Stadt in seinen Briefkasten, in dem für das neue „Förderprogramm Starkregen und Hochwasserschutz“ vorgestellt wurde.
Der Heidelberger Hausbesitzer bekam eine Beratung mit Vor-Ort-Termin sowie eine Dokumentation der Situation in einem „Überflutungs-Pass“, ist Müller sehr dankbar für die Anregung. Der Heidelberger folgte dem Vorschlag, eine Schutzwand zu errichten, die das Wasser am Gebäude vorbei ins Tal lenkt.
Unter anderem aus Dachisolierplatten entstand ein stabiler Wall, der Müller nun sehr viel gelassener starkem Regen entgegensehen lässt. Knapp 20 000 Wohngebäude gibt es in Heidelberg – in Mannheim sind es übrigens laut dem Statistischen Landesamt Ende 2022 fast genau doppelt so viele gewesen. Doch welche Häuser sind gefährdet? Darüber geben Starkregengefahrenkarten Aufschluss. Sie stellen für verschiedene Starkregenszenarien die zu befürchtenden Überflutungen da. Grundstücksscharf können Hausbesitzer diese Gefahrenkarten einsehen – und überprüfen, ob sie sich nicht vielleicht auch besser gegen die Auswirkungen des Klimawandels schützen wollen.
Risikobewertungskarten beachten drei Starkregen-Szenarien
Starkregen wird in drei Kategorien eingeteilt: ein seltenes Szenario (40 bis 50 Millimeter in einer Stunde), ein außergewöhnliches Szenario (50 bis 60 Millimeter in einer Stunde) und ein extremes Szenario (128 Millimeter in einer Stunde). Alle drei Szenarien werden in den Risiko-Bewertungskarten abgebildet, die das Landesumweltministerium und das Umweltamt der Stadt öffentlich auf ihren Internetseiten zeigen (heidelberg.de/starkregen). Grundstücksgenau kann man die Bewertung des eigenen Besitzes ansehen, erklärt Umweltbürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain.
Vergleichsweise einfache Maßnahmen verhindern Schaden
„Die starken Regenfälle mit Überschwemmungen Anfang Juni in Heidelberg und weiten Teilen Süddeutschlands haben vielen Menschen einmal mehr gezeigt, wie schnell das eigene Haus, die eigene Wohnung oder der eigene Betrieb durch Wassermassen gefährdet sein können“, unterstreicht Oberbürgermeister Eckart Würzner, „dabei können oft schon kleine oder einfache Maßnahmen größere Schäden durch Starkregen verhindern“.
2500 Euro hat Müller nun in den Schutz seines Hauses gesteckt. Neben der Schutzwand sorgte er für eine Keller-Spundwand. Etwa die Hälfte der Kosten wurde von der Stadt gefördert: Pro Einzelmaßnahme stellt die Kommune 500 Euro zur Verfügung, erklärt Sabine Lachenicht, die Leiterin des Umweltamtes.
Mit sieben Hochwasserschutzwänden für 765 000 Euro hat die Stadt sich in den vergangenen Jahren auch selbst gegen Hochwasser geschützt. Das habe sich beim jüngsten Neckar-Hochwasser am 3. Juni schon bezahlt gemacht.
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