Heidelberg. Mehr als 12 000 Mitarbeiter bekommen im nächsten Jahr vermutlich einen neuen Chef: Der Vertrag von Ingo Autenrieth, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor des Heidelberger Universitätsklinikums, wird über März 2025 hinaus nicht verlängert. Das hat weit über die Stadt hinaus für Gesprächsstoff gesorgt. Autenrieth und der Aufsichtsrat des Medizinzentrums wollen sich nicht weiter zu der vertraulichen Sitzung äußern, bei der die Entscheidung „einvernehmlich“ getroffen worden sei.
In Mannheim wird nun gerätselt, ob sich die Personalie womöglich negativ auf den angestrebten Klinikverbund beider Städte auswirken könnte. Autenrieth gilt nicht nur als großer Befürworter, er hat auch zusammen mit seinem Mannheimer Kollegen Hans-Jürgen Hennes 2020 das ursprünglich gewünschte Fusionskonzept maßgeblich mitentwickelt. Zwischen beiden stimmte die Chemie, das wurde damals bei einem gemeinsamen Gespräch mit dem „MM“ sehr deutlich.
Zu den Hintergründen für das Nicht-Verlängern von Autenrieths Vertrag habe er keine näheren Informationen, sagt nun auf Anfrage Ralf Heller, der Betriebsratschef der Mannheimer Universitätsmedizin. „Wir hoffen natürlich sehr, dass sich diese Personalentscheidung nicht nachteilig auf den Verbundprozess auswirkt. Aber bisher war es ja zum Glück so, dass sowohl die Heidelberger Uniklinik als auch die Universitätsspitze mit großer Geschlossenheit hinter diesem Projekt standen, weil beide Seiten davon langfristig stark profitieren werden.“ Und daran habe sich nichts geändert.
Experte der Mikrobiologie kommt mit Beginn der Corona-Pandemie
Autenrieth gab 2020 auch seine Position als Dekan an der Universitätsklinik Tübingen auf - die übrigens von seinem Namensvetter und vielleicht Ahnen Johann Ferdinand Autenrieth 1805 gegründet worden war. „Hervorragend und hocheffizient führte Ingo Autenrieth die Fakultät in Forschung und Lehre an und hat durch die enge Kooperation zur hochwertigen Krankenversorgung beigetragen“: So verabschiedete Michael Bamberg, bis 2023 Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Tübingen, Autenrieth 2020 nach Heidelberg. Dort wurde der musikliebende schwäbelnde Sportmensch Autenrieth der sechste Leitende Ärztliche Direktor seit 2007: Nach Eike Martin (bis 2007), Jörg Rüdiger Siewert (bis 2012), Guido Adler (bis 2017), Matthias Karck (kommissarisch) und Annette Grüters-Kieslich (bis 2020).
Autenrieth hatte 20 Jahre den Lehrstuhl für Medizinische Mikrobiologie in Tübingen inne; 13 Jahre leitete er parallel das Interfakultäre Institut für Mikrobiologie und Infektionsmedizin dort. Zu seinen Forschungsgebieten gehört es, Mikroorganismen im Kampf gegen Infektionen einzusetzen; ein Experte für das Mikrobiom ist er, für die bei jedem Menschen unterschiedlich zusammengesetzte Bakterienkultur im Darm. In die setzt die Medizin der Zukunft große Hoffnungen, wie die gerade ausgestrahlte vierte Staffel der „Charité“-TV-Serie, die 25 Jahre vorausschaut, belegt.
Als der stets sportlich-forsch öffentlich auftretende Autenrieth im Winter 2019 vorgestellt wurde, kam er auch fachlich wie gerufen: Die Corona-Pandemie schickte sich an, die Welt in eine Ausnahmesituation zu versetzen. Im Dezember 2019 wurde der Ausbruch einer neuen Lungenentzündung im chinesischen Wuhan bestätigt, im Januar 2020 rief die Weltgesundheitsorganisation (WHO) angesichts der schnellen Verbreitung des Coronavirus eine internationale Gesundheitsnotlage aus.
Die Gesundheitsexperten der Stadt Heidelberg und des Rhein-Neckar-Kreises schlossen sich eng mit den Wissenschaftlern der Uniklinik zusammen - für viele eine Erklärung dafür, dass Heidelberg relativ glimpflich aus der Pandemie herauskam. Unter anderem sorgte eine bis dahin neue Art der Behandlung dafür, dass Covid-Patienten deutlich bessere Überlebenschancen hatten als anderswo in der Frühphase.
Prozessoptimierungen, Fusion und Skandal-Aufarbeitung
Druck in den „Klinik-Kessel“ haben sicher auch die zähen Verhandlungen um den Klinik-Verbund mit Mannheim gebracht. „Die Aufarbeitung der Thematik ,Bluttest’ geht weiter, Strukturen und Prozesse werden wir qualitätsgesichert optimieren“, versprach Autenrieth entschlossen bei seinem Dienstantritt 2020. Wie weit er und das Uniklinikum auf dem diesem Weg gekommen sind, wird spätestens in elf Monaten bilanziert. Denn so lange läuft der Vertrag des Vorstandsvorsitzenden noch. Und wenn sich am Donnerstagabend die Klinikchefs und ihre Gäste zum traditionellen Jahresempfang treffen, wird wohl ein Gesprächsthema schon einmal gesetzt sein.
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