Heidelberg. Auch Brücken bekommen regelmäßig Noten. Dafür werden sie jedes Jahr genau überprüft. Die Montpellierbrücke in der Weststadt ist allerdings alles andere als eine Musterschülerin: Mit 3,8 wurde das Bauwerk aus den 1970er-Jahren zuletzt bewertet – 4,0 ist die schlechteste Note. Damit die Querung über die Bahngleise in der Heidelberger Weststadt trotzdem noch 25 Jahre hält, wird sie ab Montag, 30. Januar, für 22,5 Millionen Euro saniert. Warum das so dringend nötig ist, zeigt ein Blick in den „Bauch“ und in die „Beine“ der Brücke. Dazu hatte Baubürgermeister Jürgen Odszuck am Mittwochnachmittag gemeinsam mit Vertretern des Tiefbauamts und der Bauunterhaltung eingeladen.
Zugverkehr unter Montpellierbrücke muss pausieren
„Die Montpellierbrücke ist eine der meist befahrenen Verkehrsachsen in der Stadt“, betont Odszuck. Mehr als 500 Mängel waren zuletzt am Bauwerk notiert worden. Da ein Abriss die schlimmste aller denkbaren Varianten sein sollte, geht die Stadt nun die teure Sanierung an. Die Baustellenplanung ist schon seit geraumer Zeit mit der Bahn abgesprochen: Um Gerüste aufbauen und Leitungen umstecken zu können, wird mehrfach der Zugverkehr gestoppt.
„Das muss drei Jahre im Voraus angemeldet und dann auch zeitlich eingehalten werden“, erklärt Odszuck eine der kniffligen Fragen, die sich mit der Sanierung stellten. Erfahrung damit hat die Stadt nicht nur beim Austausch der Hebelstraßenbrücke ein paar hundert Meter weiter gesammelt, sondern auch bei der Planung des demnächst beginnenden Baus der Gneisenaustraßen-Radwegbrücke: „Wenn wir das jetzt nicht einhalten könnten, müssten wir wieder drei Jahre warten.“
Auch Vollsperrung der Montpellierbrücke geplant
Dass die Sanierung auf der Seite des stadteinwärts fahrenden Verkehrs beginnt – hier wird es ab Ende des Monats einspurig – hat mit einer anderen Baustelle zu tun: An der Ecke Czernyring/Eppelheimer Straße wird der Durchgangsverkehr gerade ebenfalls ausgebremst. Einen „doppelten Pfropfen“ am Rande der Bahnstadt wollten die Planer vermeiden. Eine Sperrung der Montpellierbrücke soll es zumindest in diesem Jahr nicht geben.
In den Sommerferien 2024 allerdings wird die Querung komplett blockiert. Im nächsten Jahr plant die Rhein-Neckar-Verkehr (RNV) außerdem, die Schienen auszutauschen. Zuvor soll aber in diesem Jahr erst einmal untersucht werden, wie tragfähig die Brücke ist – und ob man ihr auch die neuen, deutlich schwereren Straßenbahnen zumuten darf. Von 2006 bis 2010 war die Brücke bereits eine Großbaustelle. Unter anderem wurden Stahlprofile eingesetzt, um die Spannbetonkonstruktion zu verstärken.
Wohl jeder kennt die Brückenoberseite mit ihren je zwei Pkw-Fahrspuren stadtein- und stadtauswärts, den Straßenbahngleisen in der Mitte sowie den beiden breiten Rad- und Fußwegspuren außen. 230 Meter lang ist diese Querung. Aber darunter und an den beiden Brückenköpfen gibt es Bereiche, die nur von den Technikern besichtigt werden. Bülent Kardogan kennt sich hier sehr gut aus. Der Abteilungsleiter Bauwerkserhaltung bei der Stadt zeigt auf bräunliche Flächen im Beton der Pfeiler. „Gefährliche Nässe“, diagnostiziert er, „davon gibt es viele Stellen hier“. In den nächsten Wochen und Monaten wird der Beton Zentimeter für Zentimeter abgeklopft und – wo nötig – erneuert.
Rund 22 000 Quadratmeter Brückenfläche werden nun bearbeitet. 1000 Tonnen Asphalt müssen erneuert, 120 Tonnen Betonstahl eingebaut und 1200 Meter Geländer ausgetauscht werden. An den Gesamtkosten von 22,5 Millionen Euro beteiligt sich das Land mit 9,6 Millionen Euro. Die Straßenbahnlinie 26 wird im April und Mai 2023, wenn die RNV die Gleise überprüft, über die Czernybrücke umgeleitet.
Umleitung für Radweg
Der Radweg, der vom Hauptbahnhof kommend am Ibis-Hotel vorbei und entlang der Gleise in Richtung Rohrbach führt, ist wegen der Baustellenvorbereitung bereits jetzt gesperrt – und wird es nun drei Jahre lang bleiben. Eine Umleitung führt über die Kurfürsten-Anlage und die Kaiserstraße, von der Römerstraße kommend über die Lessingstraße.
„Die meisten Arbeiten setzen von unten an“, erklärt Tiefbauamtsleiter Klaus-Peter Hofbauer, warum Autofahrer, die in den nächsten Wochen im Stau stehen, den Eindruck haben könnten, dass an der Brücke niemand arbeitet. Ab August wird die Fahrbahn stadtauswärts einspurig – und zum Nadelöhr.
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