Archäologie

Stammen Scherben aus Edingen-Neckarhausen aus der Eisenzeit?

Bei Bauarbeiten am künftigen Gewerbegebiet in Edingen-Neckarhausen sind auch Scherben aus Keramik ans Licht getreten. Archäologen datieren sie nach ersten Untersuchungen in die Eisenzeit

Von 
Hans-Jürgen Emmerich
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Anja Zähringer und Henry Ludwig bei der Ausgrabung im Gewerbegebiet an der Speyerer Straße. © Marcus Schwetasch

Die ersten Vermutungen haben sich wohl bestätigt: Bei den Funden in der Baugrube des neuen Gewerbegebiets an der Speyerer Straße in Edingen-Neckarhausen handelt es sich um Zeugnisse einer Besiedlung in der späten Eisenzeit.

Keramikfunde – wie hier noch im Erdreich – lassen sich für die Archäologen in die späte Eisenzeit datieren. © Marcus Schwetasch

„Es dürften so um die 30 archäologische Befunde sein, vor allem Gruben“, erläutert Inga Kretschmer vom Landesdenkmalamt beim Regierungspräsidium Stuttgart. Was der Laie allenfalls als schwarze Färbung im Boden erkennt, sind die Standorte jener Gruben, in denen einst Abfälle entsorgt oder Vorräte gelagert wurden. „Einige Pfosten waren erhalten“, sagt sie weiter. Also Bestandteile der Häuser, in denen die Menschen vor mehr als 2000 Jahren hier gelebt haben.

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Jetzt, da die Funde geborgen sind, beginnt die eigentliche Arbeit der Archäologen. „Ich habe mir die Keramik vergangene Woche einmal angeschaut“, erklärt Kretschmer, aber ins Detail geht sie noch nicht. „Das ist alles noch nicht gewaschen“, sagt sie zur Begründung. Immerhin eine zeitliche Einordnung kann sie bereits treffen: Späthallstattzeit, Frühlatènezeit. Das war 600 bis 200 Jahre vor Christus. Mit den Grabungen habe man Teile einer Siedlung erfasst. „Viel mehr kann man da jetzt inhaltlich noch nicht sagen“, bittet sie um Verständnis. Eine Überraschung sind die Funde für die Fachfrau nicht: „In der Gegend sind auch schon Funde aus der Bronze- und der Eisenzeit bekannt.“ Die genannten Siedlungsperioden seien auf jeden Fall bereits belegt in der Region.

Scherben und Knochen

Keramikscherben, Tierknochen und Holzkohlereste findet man üblicherweise in solchen Gruben. Die Funde werden nun gewaschen, beschriftet, dokumentiert und einer Erstbestimmung unterzogen. Danach geht alles zunächst zur Denkmalpflege, wo es gesichtet und eingeordnet wird. Schließlich kommt das gesammelte Material Material – wie alle archäologischen Funde – ins Landesfundarchiv in Rastatt.

Immer wieder gibt es im Rhein-Neckar-Raum Funde. Vor allem Ladenburg ist bekannt für seine römische Geschichte mit großen Bauwerken wie dem Forum oder dem Theater. Legendär ist zudem der Bronzeschatz, den der unvergessene Archäologe und Bundesverdienstkreuzträger Berndmark Heukemes fand. Er beobachtete bereits 1973 im Auftrag des Landesdenkmalamts Erdarbeiten in einer Kiesgrube westlich der Bahntrasse zwischen Mannheim-Friedrichsfeld und Ladenburg. Damals fand er wenige Scherben latènezeitlicher Gefäße. Mitte der 1990er Jahre trat in Heddesheim in der Flur „Lange Sträng“ rund 500 Meter südwestlich des Orts ein eiserner Doppelspitzbarren zutage, etwas mehr als vier Kilogramm schwer. Genannt werden sie so wegen ihrer auffälligen Form. Man vermutet, dass die aus der Eisenzeit stammenden Objekte ein Zwischenprodukt bei der Eisenherstellung waren. Im Baugebiet Mitten im Feld am Nordrand von Heddesheim war Ende 2018 eine Fülle von Spuren menschlicher Besiedlung gefunden worden, darunter auch Funde aus der Spätantike und der Vorgeschichte (Bronze- und Eisenzeit). In Hirschberg fand im April 2011 ein langjähriger ehrenamtlicher Mitarbeiter des Mannheimer Archäologen Klaus Wirth Scherben aus der Eisenzeit. Auch dort wurde – wie jetzt in Edingen-Neckarhausen geplant – später ein Hilfeleistungszentrum gebaut.

Drei Wochen lang gegraben

Bei der aktuellen Grabung gab es solche umfangreichen Funde nicht. Zwei bis drei Wochen waren die Mitarbeiter eines beauftragten Fachunternehmens vor Ort tätig. Die Denkmalbehörde veranlasst die Grabungen, beauftragt und bezahlt wird sie vom Verursacher. In diesem Fall ist es der Erschließungsträger, also die ESB Kommunalprojekt AG aus Bruchsal, die im Auftrag der Gemeinde gerade Leitungen für Wasser, Abwasser, Energie und Telekommunikation verlegen lässt.

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Thomas Dopfer vom Vorstand der ESB schätzt, dass es am Ende ein geringer fünfstelliger Betrag sein wird, den die archäologische Untersuchungen erfordern. Gemessen am Gesamtvolumen von 4,5 Millionen Euro ist das also kaum der Rede wert. „Das macht am Ende vielleicht 50 Cent je Quadratmeter aus“, rechnet er vor. Kosten, die auf die Grundstückseigentümer umgelegt werden.

Bald kommt der Kreisel

Auch zeitlich bringt die Grabung das Projekt nicht in die Bredouille. Man habe in dem betroffenen Bereich eine Woche Stillstand gehabt, mehr nicht. Auch sonst läuft seit den ersten Baggerarbeiten Anfang April und dem offiziellen Spatenstich im Mai alles nach Plan, wie er betont. Und dieser Plan sieht als nächste große Maßnahme den Kreisel vor, der den Verkehr an der Kreuzung der Speyerer Straße mit der bereits vorhandenen Gerberstraße und der im neuen Gewerbegebiet entstehenden Carl-Metz-Straße führen soll.

Dass es hier erneut zu Verzögerungen wegen archäologischer Funde kommt, glaubt Dopfer nicht, allerdings kann er es auch nicht ausschließen. Um den Verkehr in der Speyerer Straße während der Bauarbeiten so wenig wie möglich zu behindern, sollen diese überwiegend in den Sommerferien erfolgen.

Redaktion Aus Leidenschaft Lokalredakteur seit 1990, beim Mannheimer Morgen seit 2000.

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