Edingen-Neckarhausen. Holger Vier ist Unternehmer in Ladenburg und noch immer eng mit Neckarhausen verbunden. Warum der parteilose Bewerber jetzt Bürgermeister von Edingen-Neckarhausen werden will und was seine Ziele sind, erläutert er im Interview.
Herr Vier, Sie wollen Bürgermeister von Edingen-Neckarhausen werden – warum?
Holger Vier: Das ist eine spannende Frage. Wir gehen wirtschaftlich schweren Zeiten entgegen. Als Unternehmer stelle ich fest, dass es für die Menschen immer schwieriger wird, Rechnungen zu bezahlen. Da müssen wir als Gemeinde neue Wege gehen, damit die Menschen Wohnen und Energie weiter bezahlen können. Das treibt mich an. Auch die Pflege wird bald unbezahlbar sein. Bei der Digitalisierung setze ich mich dafür ein, dass wir da große Fortschritte machen.
Sie haben mit der Kommunalpolitik in Edingen-Neckarhausen bislang nichts zu tun. Sehen Sie darin eher einen Vorteil oder einen Nachteil?
Vier: Ich glaube, gerade in der jetzigen Situation ist es wichtig, ohne Vorbelastung hineinzugehen, offen für Gespräche zu sein. Ich persönlich sehe das deshalb als Vorteil an. Neutralität sollte eine Grundvoraussetzung für das Amt sein.
Sie gehören keiner Partei an. Wo würden Sie sich politisch verorten?
Vier: Ich möchte mich da überhaupt nicht verorten. Ich denke, jede Partei hat gute Ansätze, und die sollte man umsetzen. Unabhängigkeit ist da ein Pluspunkt.
Ich habe ein wenig in Ihrem Facebook-Profil gestöbert. Würden Sie sich selbst zu den Reihen der Querdenker zählen?
Vier: Nein. Was ist ein Querdenker? Ich muss in meiner Firma jeden Tag alle Prozesse hinterfragen. Insofern bin ich ein Querdenker. Ich bin aber kein Corona-Leugner oder jemand, der den Rechtsstaat ablehnt, falls Sie das meinen.
Sie haben auf Facebook mehrfach Beiträge des rechtsalternativen Kanals eingeschenkt.tv geteilt. Sympathisieren Sie damit?
Vier: Nein. Ich bin einfach nur der Meinung, dass man sich in unterschiedlichen Medien unterschiedliche Positionen anschauen muss. Das lernt man auch in der IT, dass man sich aus verschiedenen Quellen ein eigenes Bild machen muss. Ich bin kein Verfechter von eingeschenkt.tv.
Sie sind 55 Jahre alt. Mehr als eine Amtsperiode als Bürgermeister wäre für sie also nicht drin, oder?
Vier: Ich mache Dinge gerne, wo mein Herz dran hängt. Wenn ich merke, dass das bei mir als Bürgermeister der Fall ist, dann würde ich auch eine zweite Amtszeit dranhängen.
Holger Vier
- Alter: 55
- Beruf: Geschäftsführer und Gesellschafter
- Ausbildung: Mittlere Reife, Mess- und Regelmechaniker, Handwerksmeister
- Ehrenamt: Sachverständiger
- Partei: keine (früher CDU)
- Homepage: keine
- Facebook: facebook.com/turtle.hunter.world
- Telefon: 0162/2 75 24 00
- E-Mail: vier@buekom.de
Wo sehen Sie die besonderen Stärken von Edingen-Neckarhausen?
Vier: Ich sehe sie in der Vielfalt der Vereine und der Menschen, die hier leben. Wir haben hier Deutsche, Türken, Italiener, wir sind eine multikulturelle Gemeinde. Die Lage in der Region ist außergewöhnlich und bietet viel Potenzial für die Zukunft, wenn wir die richtigen Entscheidungen treffen und für Energie und Wohnraum sorgen. Dafür setze ich mich ein.
Was wollen Sie verändern in der Gemeinde, wo sehen Sie den größten Nachholbedarf?
Vier: Den größten Handlungsbedarf sehe ich in meinen drei Kernthemen. Die Gemeinde muss energieautark werden und ihre Bürger mit Strom beliefern. Ich will, dass wir einen eigenen kommunalen Pflegedienst bekommen. Da müssen wir investieren. Und mit der Digitalisierung werden Liveübertragungen aus dem Gemeinderat und ein eigener TV-Sender der Gemeinde möglich sein. Das alles gibt ein besseres Wir-Gefühl.
Wie stehen Sie zu mehr Bürgerbeteiligung per App?
Vier: Ich wünsche mir den digitalen Gemeinderat, in dem die Bürger eine eigene Stimme haben. Wie das umzusetzen ist, müssen wir klären. Ich wünsche mir, dass jeder zuhause mitreden kann.
Welchen Stellenwert werden Sie dem Klimaschutz einräumen?
Vier: Das ist eines der wichtigsten Ziele, die wir verfolgen. Die Klimafrage kann letztlich nur international gelöst werden , aber wir können kleine Marker setzen und zeigen, dass dieses Thema in der Gemeinde gelebt wird.
Wenn Sie an die kommenden acht Jahre denken, welches Projekt in Edingen-Neckarhausen fällt Ihnen da als erstes ein?
Vier: Ich werde Digitalisierung im ersten Jahr umgesetzt haben und das Thema Pflege in den nächsten vier Jahren auf den Weg bringen. Den Energiewandel können wir nur bescheiden über viele, viele Jahre realisieren. Da gilt es, die Bevölkerung mitzunehmen. In acht Jahren will ich ganz große Schritte gemacht haben, bis hin dazu, dass die Bürger von der Gemeinde kostengünstig Strom beziehen können.
Denken Sie bei der Energieversorgung auch an großflächige Solaranlagen?
Vier: Ich selbst habe Photovoltaik seit über zehn Jahren. Aber die Sonne scheint nachts nicht. Insofern denke ich auch an Blockheizkraftwerk, Biomasse und Wasserstoff, auch zusammen mit Nachbargemeinden.
Um die Finanzen der Gemeinde ist es nicht besonders gut bestellt. Was ist eher Ihr Ansatz, um das zu ändern? Für mehr Einnahmen sorgen oder bei den Ausgaben den Rotstift ansetzen?
Vier: Wir haben rund 1500 Euro Pro-Kopf-Verschuldung, aber wir haben Potenzial für die Zukunft. Um dieses zu heben, brauchen wir niedrigere Energiepreise. Nur Grundstücke zu verkaufen, bringt uns nicht weiter, zumal die Preise dafür gerade wieder nach unten gehen. Wir brauchen einen gesunden Mittelweg zwischen Wohnraum und Gewerbe.
Simon Michler hat nach sieben Jahren als Bürgermeister vorzeitig das Handtuch geworfen. Haben Sie Angst, dass Ihnen das im Falle Ihrer Wahl auch passieren kann?
Viel: Angst hat man natürlich immer, aber ich bin seit über 30 Jahren Unternehmer, ich bin kommunikativ und gehe offen auf alle zu. Wenn ich es schaffe, den Gemeinderat hinter mich zu bringen und die Bürger in den Mittelpunkt zu stellen, dann werden die acht Jahre sehr erfolgreich sein.
Mindestens drei Ihrer Mitbewerber werden auch nach der Wahl im Gemeinderat sitzen. Glauben Sie, dass das Ihre Arbeit als Bürgermeister erschweren wird?
Vier: Überhaupt nicht. Mit zwei Kandidaten habe ich sogar ein sehr gutes Verhältnis.
Mit Schürle und Wolf?
Vier: Richtig. Ich will mit allen Gespräche auf Augenhöhe führen. Am Ende wollen wir alle etwas für die Bürger voranbringen.
Das Bewerberfeld ist groß. Wo setzen Sie für sich persönlich die Messlatte im ersten Wahlgang?
Vier: (überlegt) Das ist eine gute Frage. Wir werden alles in den Wahlkampf stecken. Ich bin mit jedem Ergebnis zufrieden, das ich erreiche.
Lassen Sie es mich anders formulieren: Unter wie viel Prozent steigen Sie vor der zweiten Runde aus?
Vier: Auch das kann ich Ihnen nicht beantworten. Wenn Ergebnisse vorliegen, muss ich darüber nachdenken. Jetzt will ich mich auf keine Prozentzahl festlegen.
Was ist Ihr Anspruch an sich selbst als Bürgermeister?
Vier: Am Ende muss etwas bei den Bürgern ankommen, und die Bürger müssen zufrieden sein mit ihrem Bürgermeister.
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