Porträt

Warum Werner Kruck Bürstadts neuer Bürgermeister werden will

Der FDP-Kandidat aus Bobstadt setzt auf moderne Technik – und vor allem mehr Basisdemokratie. So soll die Welt in Bürstadt ein Stück schöner werden.

Von 
Sandra Bollmann
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Macht sich auf den Weg in Richtung Verwaltung: FDP-Bürgermeisterkandidat Werner Kruck zwischen dem Bobstädter Rathaus (links) und seinem energetisch saniertem Zuhause rechts in Hintergrund. © Berno Nix

Bürstadt. Schon als Schüler hat Werner Kruck darüber diskutiert, wie man die Welt besser machen kann. Jetzt sieht er dafür tatsächlich eine Chance: Als Bürstädter Bürgermeister könnte er zumindest im Kleinen etwas verändern, davon ist er überzeugt. Und deshalb hat er auch eingewilligt, sich als Kandidat der FDP für das Amt zu bewerben. „Mal schauen, ob die Bürstädter mein Angebot annehmen.“

Worum es ihm geht, ist auf seinem Pullover, den er eigens für unser Foto übergezogen hat, nachzulesen. „Machen statt meckern“ steht auf der Vorderseite. „Basisdemokratie jetzt“ wünscht er sich auf der Rückseite. Und die würde mit ihm auf jeden Fall ins Rathaus einziehen. „Wünschen sich die Bürstädter, dass einer mal ordentlich durchfegt?“ Das ist für ihn die große Frage. Falls ja, sieht er – auch wenn die FDP die kleinste Fraktion im Stadtparlament bildet – durchaus Chancen, die Abstimmung für sich entscheiden zu können.

Neue Blickwinkel und Kritik zulassen

Er will weg vom Machtdenken, lieber moderieren und nicht dominieren, andere Blickwinkel, aber auch Kritik unbedingt zulassen. „Hier in Bürstadt und den Stadtteilen gibt es verdammt viele gute Leute, die sich von der Politik fernhalten“, ist er sich sicher. Wenn sie die Chance hätten, ihre Kreativität einzubringen, könne sich das durchaus ändern.

FDP-Mitglied, Sozialwissenschaftler und Ökonom

Geboren ist Werner Kruck 1960 in Duisburg , er wächst bei Köln und im Schwarzwald auf. Zunächst absolviert er eine Ausbildung zum Werkzeugmacher , später zum Augenoptiker , macht die Fachhochschulreife und studiert Sozial- sowie Wirtschaftswissenschaften . In seiner Doktorarbeit – mit Stipendium der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung – geht‘s um Franz Oppenheimer als Vordenker der sozialen Marktwirtschaft und das Genossenschaftswesen.

Nach seiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter lässt sich Kruck als IT-Systemadministrator ausbilden und unterrichtet an den beruflichen Schulen Lampertheims . Seit 2007 betreibt er die Firma Marmor Kruck mit Mosaiken und Diamantschleifmitteln.

Kruck zieht 2003 mit Familie nach Bürstadt, 2005 nach Bobstadt, er hat eine Tochter und einen Sohn. Sein Wahlprogramm stellt er unter werner.kruck.de vor. sbo

Dass er Rathaus-Chef kann, daran hat der promovierte Sozialwissenschaftler und Ökonom keinen Zweifel – und führt als Eignungsnachweis seinen beruflichen Werdegang ins Feld. Und der ist kaum in kurze Worte zu fassen: Im Schwarzwald aufgewachsen, lernt er zunächst Werkzeugmechaniker, schraubt mit Begeisterungen Motoren aller Art auseinander und wieder zusammen. So richtig wohl fühlt er sich im Betrieb allerdings nie, die Arbeit schwer, der Ton autoritär bis militärisch. Er schult um zum Augenoptiker, holt dann aber seine Fachholschulreife nach, will Maschinenbau studieren und verdient sein Geld mit Pressearbeit.

Dass er sich dann doch für die Sozialwissenschaften entscheidet, verdankt er einem früheren Lehrer, der ihm großes Potenzial in diesem Bereich bescheinigte. Seinem Diplom lässt er die Promotion folgen, parallel studiert er Wirtschaftswissenschaften und schließt auch diesen Studiengang mit Diplom ab.

Viel Zeit für Kinder und Umbauarbeiten

Den Weg zur Professur verfolgt er dann allerdings nicht weiter. Sein Geld verdient er stattdessen als Programmierer, später als Berufsschullehrer. Als die beiden Kinder kommen, ist es für ihn selbstverständlich, für sie da zu sein. Gleichzeitig macht er sich selbstständig und verkauft Steinmosaike, die in Syrien hergestellt werden. Und baut die Immobilie um, die er - mit seiner damaligen Frau - gekauft hat.

Aus dem alten Wohnhaus des früheren Bobstädter Bürgermeisters macht er ein kleines Sonnenkraftwerk: An fast allen verfügbaren Flächen bringt Kruck Photovoltaikmodule an. Die Renovierungsarbeiten samt Dämmung und Putz übernimmt er selbst, genauso wie den Innenausbau. „Einige Nachbarn halten mich für total verrückt“, sagt er und grinst. Das stört ihn allerdings nicht. „So habe ich Tausende von Euro gespart“, erklärt er.

Technik, Sozialwissenschaften und Wirtschaft – er sieht sich als Generalisten. Und damit gründlich vorbereitet auf das Amt des Rathaus-Chefs. „Ich habe Kenntnisse in Verwaltungs- und Arbeitsrecht, Pädagogik und Sozialpsychologie“, erläutert er. In den Wirtschaftswissenschaften habe er sich zwar oft ein bisschen gelangweilt. „Aber jetzt kann ich vieles davon gebrauchen.“ Und was die Technik betrifft, hat er bereits sehr konkrete Vorstellungen für das Rathaus.

Dabei benutzt er das Wort „Digitalisieren“ gar nicht mehr: „Automatisieren“ ist das, was ihm vorschwebt. „So mache ich das auch mit meinem Betrieb“, stellt er klar. Um Rechnungen und den ganzen Papierkram kümmert er sich kaum - „das wird automatisch verschickt“. Für sein Unternehmen gehen höchsten zehn Arbeitsstunden pro Woche drauf - bei einem „ganz normalen Einkommen“, wie er erzählt. Dass er faul ist, wie er mit einem Lächeln behauptet, ist dennoch schwer zu glauben. Wohl aber, dass sich aus Faulheit Intelligenz ergebe. „So wurde ja auch das Rad erfunden.“

Im Bürstädter Rathaus will Werner Kruck so viele Prozesse automatisieren wie möglich. © Bernhard Zinke

Mit dem Automatisieren würden viele Rathaus-Mitarbeiter frei für andere Aufgaben – und die sieht er zuhauf. Flucht ist für ihn eines der großen Themen dieser Zeit – vor allem auch, weil aus seinen syrischen Geschäftspartnern inzwischen gute Freunde geworden sind. Viel Schlimmes hat er zu Zeiten des Assad-Regimes gehört. Und noch mehr über den verheerenden Krieg.

Dass die Menschen nach Deutschland flüchten, ist für ihn absolut nachvollziehbar. Allerdings nicht, wie hier mit den Leuten umgegangen werde. „Sie wollen arbeiten, und wir lassen sie nicht.“ Vielmehr würden sie als finanzielle Belastung gesehen. Die Chance, tiefere Verbindungen oder gar Freundschaften aufzubauen, werde viel zu wenig genutzt. Wenn die Menschen wieder in ihre Heimat zurückkehrten, bleibe eine solch positive Verbindung schließlich bestehen – und davon könne auch Deutschland profitieren.

Probleme angehen und nicht wegsehen

Das gelte nicht nur für Geflüchtete aus Syrien oder anderen Ländern, sondern durchweg für alle anderen, die mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Ob das nun eine Behinderung, eine Suchtproblematik oder Obdachlosigkeit ist. „Man muss sich mit den Menschen auseinandersetzen, an Probleme herangehen und nicht wegsehen.“

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Auch wenn in Bürstadt seit Jahren um einen neuen Standort für die Obdachlosenunterkunft gerungen wird: Für Kruck ist eine große Lösung keine gute Idee. Eine Art Ghetto will er dringend vermeiden. Allerdings sieht auch er: „Wohnraum zu finden ist ein großes Problem.“ Das gelte vor allem für Menschen mit kleinem Einkommen, Auszubildende, Studierende und viele mehr. Warum also nicht Wohnheime schaffen – „klein, fein, aber bezahlbar?“ Dann sei auch immer zu prüfen, ob es dort für einzelne Leute „mit entwurzelten Biografien“ Platz gebe. Bauen müsse ein Investor – oder die Stadt, überlegt Kruck.

Für ihn wäre das zumindest ein Ansatz, den zu verfolgen sich lohne. Und der Bürstadt wieder ein Stück besser, schöner machen würde. Auf jeden Fall sei auch dieses Thema basisdemokratisch zu behandeln. „Was hindert uns daran, Arbeitsgruppen zu bilden, in denen sich Bürger zusammenfinden können?“ Kruck will einen echten „Systemwechsel“ anbieten – „hier vor Ort, im Kleinen“. Damit könnten bessere Entscheidungen getroffen werden als bisher. Und die Demokratie gestärkt werden. Dass die Bürstädter dieses Angebot am 9. März annehmen, kann er sich durchaus vorstellen.

Redaktion Redakteurin "Südhessen Morgen", Schwerpunkt Bürstadt

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