Kommt die Obdachlosenunterkunft auf den früheren Bolzplatz in der Karlsbader Straße oder doch aufs Freizeitkickergelände, wie es sich die Bürstädter CDU samt Bürgermeisterin wünschen? Auch die SPD kann sich das vorstellen – sofern als Ersatz ein neues Freizeitgelände hinter der TSG-Halle geschaffen wird. Im Bauausschuss haben sich die Kommunalpolitiker einmal mehr die Köpfe heiß geredet und Argumente ausgetauscht, die längst bekannt sind.
Jürgen Heiser (FDP), der einige Jahre nicht mehr in der Kommunalpolitik mitgemischt hat, hört staunend zu und wundert sich, „dass hier solche Spielchen um Menschen am Rand der Gesellschaft ablaufen“. Nach jahrelanger Diskussion sei endlich ein Entschluss – für das Gebiet Rodstücke – gefallen, trotzdem fingen die Spielchen wieder an, kritisiert er. Sein Appell verpufft, direkt danach attackiert die CDU die Freien Wähler, die sich bei der Entscheidung zum Teil enthalten hatten. Jürgen Eberle (CDU) fordert sie auf, klar Stellung zu beziehen. Dabei stimmt Heinz Huth (Freie Wähler) nachher genau wie Eberle gegen die Rodstücke, weil sich beide diese Unterkunft nicht mitten im Wohngebiet vorstellen wollen.
Die Freien Wähler wollen aber auch nicht, dass Wohnungslose auf dem Freizeitkickergelände unterkommen. Dass sie für dessen Erhalt kämpfen, haben sie vor der Kommunalwahl immer wieder versprochen. Und ein neues Freizeitgelände südlich der Gartenstraße kann sich Huth ebenso wenig vorstellen, weil das Gelände nicht nur als Sumpfgebiet, sondern auch als belastet gilt.
SPD will Bebauung des ehemaligen Bolzplatzes ermöglichen
Die SPD wiederum wirbt dafür, den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan in den Rodstücken zu fassen, damit der ehemalige Bolzplatz überhaupt bebaut werden kann. Ob darauf dann wirklich die Obdachlosenunterkunft errichtet wird, ist laut Werner Klag noch offen. Wobei es einen Parlamentsbeschluss dafür gibt, der erst aufgehoben werden müsste.
Abgesehen davon möchte SPD-Mann Klag wissen, ob auf dem Freizeitkicker überhaupt Wohnungen gebaut werden dürfen – denn der Lärm durch die Bahngleise, die Straße und den Schützenverein könnten dem entgegen stehen. „Grundsätzlich ja“, antwortet Bürgermeisterin Bärbel Schader. Denn vor vier Jahren sei bereits ein Lärmgutachten erstellt worden. Das sei vielleicht nicht mehr ganz aktuell, würde aber im langwierigen Bebauungsplanverfahren ohnehin neu überprüft.
Für die Grünen geht das alles zu schnell: Sie wollen erst wissen, wie stark der Freizeitkicker noch genutzt wird, nachdem im September gegenüber der Bildungs- und Sportcampus eingeweiht wurde. Diese Analyse stellt die Sozialagentur Fortuna aber erst nach den Sommerferien vor. „Lasst uns das abwarten“, appelliert Fraktionschef Uwe Koch an die Runde. Vergeblich. Koch zumindest kann sich die Obdachlosenunterkunft in den Rodstücken gut vorstellen: „Wir dürfen dort aber nur unkritische Menschen unterbringen.“ Keinesfalls Personen mit Drogenproblemen oder solche mit Aggressionen, die in der jetzigen Unterkunft Görlitzer Straße immer wieder für Polizeieinsätze sorgen.
Die sollen in Kochs Augen künftig am Bahnhof leben: „Dort, wo keine Kita und keine Schule, aber das Ordnungsamt in der Nähe ist.“ Die Stadtpolizei solle die Leute im Blick behalten. „Wenn die Menschen gut betreut werden, sind sie nicht so unerträglich wie hier dargestellt“, meint Luciana Catalani-Wilhelm (SPD) und findet es von der CDU wenig christlich, die Menschen an den Stadtrand verbannen zu wollen. „Wir müssen die Leute so unterbringen, dass sie keine Probleme mehr machen“, meint auch ihr Parteifreund Werner Klag: „Wir glauben, es besteht Nachholbedarf bei der Unterstützung der Obdachlosen.“
Derweil appelliert Bürgermeisterin Bärbel Schader an die Politiker, endlich eine Entscheidung zu treffen. Sie erinnert auch daran, dass sich Katharina Alborea, die vor fünf Jahren ein Konzept für die Unterbringung der Wohnungslosen erstellt hat, fürs Freizeitkickergelände ausgesprochen hat – inklusive dem Büro für Betreuer im Gebäude. Eindringlich mahnt Schader: „Ich bitte darum, dass wir jetzt weiter kommen und nicht wieder eine Runde drehen.“ Mit dem Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Rodstücke beginne nur das Verfahren, das sich über viele Monate hinziehe.
Am Ende stimmen sechs Politiker dafür und vier dagegen. Die Stadtverordnetenversammlung trifft am Mittwoch, 3. Juli, 19.30 Uhr, letztendlich die Entscheidung – sicher wieder unter den wachsamen Augen der Bürgerinitiative, die sich seit Monaten gegen diese Pläne wehrt.
Ausgleich für Landwirte
Sollte das Freizeitkickergelände bebaut werden, erhalten die Landwirte, die vor Jahren ihre Felder dafür verkauft haben, eine Ausgleichszahlung. Das wurde im Bauausschuss bekannt. Denn die Bauern hätten ihre Flächen günstig abgegeben – als Wohngebiet seien die Äcker viel mehr wert. Schon beim Bau des Netto-Supermarktes habe sich die Verwaltung mit den Landwirten geeinigt, teilte Bürgermeisterin Bärbel Schader den Politikern mit. Damit Wohnungen dort errichtet werden können, muss der Bebauungsplan geändert werden. Deshalb soll es bei einer zusätzlichen Sitzung des Bauausschusses am Dienstag, 2. Juli, 19.30 Uhr, um einen Aufstellungsbeschluss dafür gehen – über den die Stadtverordneten am Tag darauf dann entscheiden. Ebenso soll der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan südlich der Gartenstraße auf der Tagesordnung beider Sitzungen stehen. In dem grünen Gürtel hinter der TSG-Halle und dem Dachdeckerbetrieb könnte ein alternatives Freizeitgelände entstehen. Ein Großteil des Gebiets dort ist laut Schader ohnehin in städtischem Besitz und an Landwirte verpachtet. „Wir wollen sowieso die Glücksbaumallee weiterentwickeln und könnten einen Grünraum mit Freizeitcharakter schaffen, der bei Starkregen zudem als Überflutungsfläche dient“, so die Rathauschefin. Weil sich beim Busbetrieb Müller in der Gartenstraße ebenfalls Änderungen ergeben, müsse ohnehin ein Bebauungsplan her. cos
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