Mannheim. Bagger graben Erdreich aus, schwere Lastwagen transportieren es ab, und an der Seite bohrt sich eine ungewöhnliche Maschine langsam in den Untergrund hinter Wänden aus Stahl. Es herrscht reges Treiben auf der Baustelle der L 597 zwischen dem Mannheimer Stadtteil Seckenheim und Edingen-Neckarhausen.
Hier, am südlichen Knotenpunkt der künftigen Umgehungsstraße, entsteht gerade eine Grundwasserwanne. Genau genommen wird ihr Bau vorbereitet, wie Projektleiter André Nieder dem „MM“-Reporter auf der Baustelle erklärt. Dass die Wanne überhaupt nötig wird, geht auf neuere Messergebnisse zurück. Denn als die Straße vor vielen Jahren geplant wurde, ließen die Erkenntnisse von damals den Schluss zu, dass selbst bei dem höchstmöglichen Grundwasserspiegel die Trasse der Straße am tiefsten Punkt noch darüber liegt.
Doch heute weiß man es genauer. Das Wasser kann bis zu einem Meter über der Sohle der Fahrbahn stehen. Ein Meter mit erheblichen Folgen. Damit das Grundwasser auch bei Höchststand die Straße nicht nach oben heben kann, muss besagte Wanne gebaut werden. Das ist technisch eine Herausforderung und finanziell ein Kraftakt. Auf einer Länge von knapp 300 Metern wird im ersten Schritt rundherum eine Verspundung aus Stahlwänden hergestellt. Sind diese in den Boden gerammt, geht es an die Befestigung. Im Abstand von etwa zwei Metern bohrt eine Maschine 20 Meter tiefe Löcher etwa im 45-Grad-Winkel in den Untergrund.
Neubau der L 597
- Der 3,3 Kilometer lange Abschnitt der L 597 schließt eine letzte Lücke im Straßennetz und soll vor allem Ilvesheim und Seckenheim vom Durchgangsverkehr entlasten.
- Der Bau hat Anfang 2019 begonnen und soll nach Verzögerungen nun erst Anfang 2026 abgeschlossen sein.
- Herzstück wird die Neckarbrücke bei Ladenburg mit 350 Meter Länge und 21 Millionen Euro Baukosten.
- Unter anderem durch die notwendige Grundwasserwanne steigen die Gesamtkosten auf 55 Millionen Euro, das sind mehr als 50 Prozent über der ursprünglichen Kostenplanung.
- Ein durchgängiger Radweg parallel zur L 597 bis zur Wallstadter Straße in Ladenburg war von Anfang an geplant, wird nun aber voraussichtlich Teil des Radschnellwegs zwischen Mannheim und Heidelberg.
Rohre wie aus dem Revolver
Wie eine Revolvertrommel sieht das Bauteil aus, aus dem Stück für Stück lange Rohre in das Loch geschoben werden. Sitzen diese Rohre, führen Arbeiter von Hand ein langes, buntes Bündel hinein. Es besteht aus Stahlseilen und blauen, roten und grünen Schläuchen, durch die später eine Emulsion aus Wasser und Zement mit hohem Druck in die Erde gepresst wird. Ganz am Ende des Lochs, etwa auf den letzten fünf Metern, wird der so entstehende Betonpropfen dicker, so dass sich die Drahtseile beim Spannen später nicht lösen können, denn sie müssen den Stahlwänden einen sicheren Halt geben.
Bis die eigentliche Grundwasserwanne entstehen kann, dauert es noch einige Zeit. Denn zunächst müssen die Verankerungen der Stahlwände aushärten. Bagger sind bereits dabei, die Grube dafür auszuheben. Eine dunkle Färbung, die an einer Stelle deutlich zu sehen ist, ist jedoch kein Grundwasser, wie Nieder erläutert: „Das sind einfach die Erdschichten, das ist Ton.“ Wenn die Absperrung am Rand der Baugrube stabil genug ist, geht es ans Betonieren. Rund 6000 Kubikmeter Wasserbeton müssen in einem Zug in die Grube gefüllt werden. Das hohe Gewicht ist nötig, um ein Auftreiben der Straße zu verhindern. Ist dieser ausgehärtet, folgt eine weitere Schicht bewehrter Beton, die später die Straße trägt.
Logistik gefragt
Die Organisation der Baustelle ist auch ein großes Stück Logistik. „Wir wollen den Baustellenverkehr über die neue Straße abwickeln“, erklärt Nieder. So werde verhindert, dass die schweren Lastwagen über die Kreisstraße oder gar durch Neckarhausen geführt werden müssen. Dadurch könnten Anwohner entlastet werden. An- und Abtransport von Material wird also von der Autobahn kommend unter der bereits fertiggestellten Unterführung erfolgen.
Früher als geplant wird der Teil der Straße gebaut, der in Ladenburg zwischen L 536 und der Rampe zur Brücke verläuft. Wie in Neckarhausen ist auch in Ladenburg der Wall für die Auffahrt auf die neue Brücke bereits aufgeschüttet, und zwar etwas höher als das spätere Straßenniveau. „Damit sich das Ganze setzen kann“, erläutert der Projektleiter.
Außerdem gilt als wahrscheinlich, dass ein Bauwerk ganz wegfällt: die geplante Feldwegbrücke, die etwa auf halber Strecke zwischen dem Knotenpunkt bei Seckenheim und jenem bei Neckarhausen liegt. Denn die Landwirte brauchen diese Brücke nach eigenem Bekunden nicht. Ein Verzicht auf das Bauwerk würde immerhin rund 1,5 Millionen Euro sparen. Angesichts von Mehrkosten in Höhe von 20 Millionen Euro wäre das wenigstens ein kleiner Sparbeitrag. Sperrungen wird es wegen der Baustelle vorerst nicht mehr geben. Im nächsten Sommer aber muss am Knotenpunkt voraussichtlich noch einmal für zwei Wochen dicht gemacht werden. Wenn alles nach Plan läuft, geht das in der Ferienzeit über die Bühne.
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