Kurioses

Winzerkönigin als Ampel-Symbol: Posse in Lützelsachsen geht weiter

In Lützelsachen sollen nach dem Wunsch der Ortsvorsteherin bei einigen Ampeln künftig Winzerköniginnen rot oder grün anzeigen. Das Ministerium hat etwas dagegen. Jetzt gibt es einen kuriosen Kompromissvorschlag

Von 
Carsten Propp
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In Neustadt an der Weinstraße gibt es die Fußgängerampeln bereits mit dem Weinköniginnen-Motiv (Bild links), das der Künstler Gerhard Hofmann entworfen hat. LützelsachsensOrtsvorsteherin Doris Falter (Bild rechts) würde die hübschen Ampelmotive gerne auch in der Sommergasse zum Leuchten bringen. © Stadtmarketing Neustadt an der Weinstraße/Philipp Reimer

Lützelsachsen. Gibt es vielleicht doch noch ein Happy End für die Idee, dass Winzerköniginnen auf den Fußgängerampeln in Lützelsachsen leuchten? Die Antwort ist - wie immer in diesem Fall, der Ortsvorsteherin Doris Falter seit über einem Jahr beschäftigt - kompliziert. Die Kurzfassung: Im Prinzip dürfen die Winzerköniginnen in der Sommergasse jetzt doch in Rot und Grün erstrahlen, aber nur in männlicher Begleitung.

Es ist trotzdem ein Etappensieg für Doris Falter, die ihre lustige Idee eigentlich schon im Herbst 2022 zum 75-jährigen Bestehen des Bergsträßer Winzerfestes - auf Spendenbasis - in die Tat umsetzen wollte.

Vorbild in Neustadt: Winzerkönigin breitet Arme aus

Als Vorbild dienten die Weinköniginnen mit Krönchen auf dem Kopf und Weintrauben in der Hand, die sie damals in Neustadt an der Weinstraße entdeckt hatte. Bei „Rot“ breitet die stehende Weinkönigin die Arme aus. Bei „Grün“ ist sie von der Seite zu sehen, die Figur ist in Bewegung - die Trauben trägt sie vor sich her.

Den Verkehrsbehörden in Rheinland-Pfalz war das eindeutig genug. Dort ist man ohnehin recht großzügig, was prominente Ampelfiguren angeht: In Mainz leuchten die Mainzelmännchen, in Trier Karl Marx und in Worms Martin Luther. Auch andere Bundesländer haben besondere Motive schon lange zugelassen.

Eine Modifizierung der Sinnbilder für Lichtsignalanlagen ist nicht möglich

In Baden-Württemberg achten die zuständigen Behörden aber offenbar besonders streng darauf, dass die Straßenverkehrsordnung penibel eingehalten wird. Falters Anfrage wanderte zunächst von der Verkehrsbehörde der Stadt zum Regierungspräsidium Karlsruhe. Dort hatte man Bedenken, ob eine „rot leuchtende Winzerkönigin die Fußgänger rechtswirksam zum Anhalten auffordern“ kann. Vorsichtshalber leitete man die Anfrage aber auch noch ans Stuttgarter Verkehrsministerium weiter. Im besten Amtsdeutsch wurde nach intensiver Prüfung mitgeteilt: „Eine Modifizierung der Sinnbilder für Lichtsignalanlagen ist nicht möglich.“

Doris Falter konnte es nicht fassen: Ein rotes „Männchen“ werde von Fußgängern als „Stopp“ erkannt, ein rotes „Mädchen“ aber nicht? Doch es half alles nichts. Selbst ein Brief der Ortsvorsteherin an Ministerpräsident Winfried Kretschmann blieb ohne die erhoffte Wirkung.

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Rotes Licht auch von Bundesverkehrsministerium

Auch vom Bundesverkehrsministerium, bei dem diese Redaktion angefragt hatte, gab es damals keine Schützenhilfe: „Die Verwendung anderer Sinnbilder für Fußgänger stellt (...) einen Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung (StVO) dar“, teilte die Pressestelle lapidar mit. Auf den Hinweis, dass dies nicht alle Bundesländer so eng sehen, ging das Ministerium erst gar nicht ein.

Selbst in Baden-Württemberg gibt es nämlich durchaus Fußgängerampeln mit besonderen Motiven. So zieren „Äffle und Pferde“ Ampeln in Stuttgart und Böblingen, in Singen wurde der Narr „Poppele“ auf diese Weise verewigt. Allerdings gab es in diesen Fällen zwei Bedingungen des Stuttgarter Verkehrsministeriums: Die Anschaffung musste mit Spenden finanziert werden, und die Motivampeln durften nicht anstatt, sondern nur zusätzlich zu den StVO-konformen Ampelmännchen aufgehängt werden.

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Klärendes Gespräch mit Verkehrsminister Winfried Hermann

Schon früh hatten sich auch die beiden Landtagsabgeordneten des Wahlkreises Weinheim, Fadime Tuncer (Grüne) und Sebastian Cuny (SPD), auf die Seite der Lützelsachsener Winzerköniginnen geschlagen. Zunächst erfolglos.

Doch jetzt überbrachten sie der Ortsvorsteherin die überraschende Nachricht: „Der Weg für die gewünschte Motivampel im Weinheimer Stadtteil Lützelsachsen ist frei. Ein klärendes Gespräch mit Verkehrsminister Winfried Hermann führte zu dieser positiven Nachricht“, teilten die Abgeordneten in einer gemeinsamen Stellungnahme mit. Zwei Voraussetzungen müssten freilich noch erfüllt werden. Es müsse ein formeller Antrag bei der unteren Verkehrsbehörde im Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises gestellt werden. Und es müsste eine „Doppelampel“ installiert werden: rechts die Ampel mit den Winzerköniginnen, links davon die reguläre Fußgängerampel. Beide Signalanlagen müssten zudem parallel geschaltet sein.

Doris Falter wusste anfangs nicht, ob sie sich wirklich freuen sollte. Denn die Anschaffung einer zweiten Ampel samt Montage und Parallelschaltung wäre natürlich deutlich teurer als der Austausch der Gläser auf der bestehenden Ampel. Von der Sinnfrage mal ganz zu schweigen.

Aber sie will sich das jetzt noch einmal durch den Kopf gehen lassen sowie die voraussichtlichen Kosten und die Spendenbereitschaft für eine solche Doppellösung ermitteln. Bis zum 76. Bergsträßer Winzerfest (29. September bis 1. Oktober2023) dürfte es auf jeden Fall knapp werden. Aber vielleicht findet sich ja bis zum Winzerfest 2024 eine schöne Erklärung für das ungleiche Pärchen an der Lützelsachsener Ampel.

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