Mannheim. Ampeln sollen uns an vielen Orten dieser Welt sicher über die Straße leiten. „MM“-Leser Harald Loth hat dazu keine Einwände - aber eine Idee, die er dieser Redaktion schreibt: „Mainz hat es mit den Mainzelmännchen als Symbol vorgemacht, andere Städte wuchern auch mit ihren Pfunden. Die Stadt der Erfinder könnte doch hier ein Statement setzen, indem man zum Beispiel die Motorkutsche von Carl Benz oder das Laufrad von Karl von Drais als Ampelsymbol verwendet. Das wäre dann ein dauerhaftes und relativ günstiges Stadtmarketing.“ Loth ist mit seiner Idee nicht alleine: Die CDU hatte 2018 den Antrag eingereicht, den Wasserturm als Ampelsymbol am Friedensplatz zu installieren. Ein Bürger brachte zudem den Vorschlag für den städtischen Beteiligungshaushalt 2019 ein, den Blumepeter zu zeigen.
Über Ampeln wird schon diskutiert, seit die erste Lichtsignalanlage der Welt am 10. Dezember 1868 auf dem Londoner Parliament Square aufgestellt wurde - das Pioniermodell explodierte schon drei Wochen nach seinem ersten Einsatz. Knapp 100 Jahre später gab es da ganz andere Probleme: In der damaligen DDR musste das 1969 eingeführte Ampelmännchen aus ideologischen Gründen von rechts nach links - und nicht, wie üblich, von links nach rechts gehen. Und in den vergangenen Jahren gibt es vor allem in Sachsen-Anhalt Zoff um die Ampeln: Die Stadt Magdeburg hatte einen Antrag beim zuständigen Landesverwaltungsamt gestellt, statt der Ampelmänner nun auch -frauen zu installieren. Dieser wurde abgewiesen - und sorgte auch in anderen Städten des Bundeslandes dafür, dass bereits installierte Ampelfrauen wieder gegen -männer ausgetauscht werden mussten. Argument: Es dürfe keine störenden oder ablenkenden Ampelbilder geben.
Ampeln und ihre Geschichte
Die erste Lichtsignalanlage der Welt wurde am 10. Dezember 1868 auf dem Londoner Parliament Square aufgestellt. Das Modell wurde noch mit Gaslicht betrieben und explodierte drei Wochen nach Inbetriebnahme.
Der Polizist Lester Wire aus Salt Lake City erfand 1912 die erste elektrische Ampel. Sie ging 1914 in den USA, in Cleveland (Ohio), in Betrieb. In den ersten Jahrzehnten regelten diese Ampeln ausschließlich den Verkehr für Fahrzeuge.
1933 führte Kopenhagen als erste Stadt Fußgängerampeln ein. Berlin zeigte ab 1937 auf diese Weise an, wann die Straße für Fußgänger frei war und wann nicht. Eine Art Vorgänger-Modell – ein Turm mit fünf Ecken und waagrecht montierten Lampen – stand jedoch sogar schon 1924 am Potsdamer Platz – und ersetzte so zehn Polizisten.
Während Fahrzeugampeln fast überall aus drei runden Lichtern in den Farben Rot, Gelb und Grün bestehen, gibt es bei den Fußgängerampeln regionale Unterschiede. New York setzte beispielsweise 1952 neue Maßstäbe, als es erstmals Fußgängerampeln mit der Aufschrift „Walk“ (gehen) oder „Don’t walk“ (nicht gehen/stehen) statt der bis dato üblichen Lichtkreise installierte. Versuche, Schriftsignale auch in Deutschland einzuführen, stießen bei den Menschen hier allerdings auf kein großes Interesse.
Für den Einsatz besonderer Symbole wie den Mainzelmännchen in Mainz muss die übergeordnete Landesbehörde eine Ausnahmegenehmigung erteilen. Der Einsatz wird jedoch nur an wenigen Anlagen erlaubt. In Augsburg wurde das Kasperle zum Beispiel nur im grünen Leuchtfeld eines einzigen Signalgebers gestattet. Das Symbol im roten Leuchtfeld durfte aus Sicherheitsgründen nicht verändert werden.
Die Europäische Union versucht jedenfalls, eine einheitliche Darstellungsweise zu erreichen, weshalb in neue Anlagen ein einheitliches Euromännchen - eine männliche, schmale Figur - eingebaut wird. Doch auch hierzulande gibt es Unterschiede: Neben dem Euromännchen, dem Ampelmännchen im westlichen Deutschland und dem Ampelmann mit Hut im Osten des Landes sind regionale Symbole vorhanden: Diese sind mit Sondergenehmigung dann zulässig, wenn die rote Figur steht und die grüne geht.
Viele Städte nutzen diese Sondergenehmigung: In Augsburg ist es beispielsweise das Kasperle, das Menschen über die Straße leitet, in Duisburg erinnern Kumpel mit Helm und Grubenlampe an die Zeiten des Bergbaus. Im südhessischen Darmstadt gibt es Heinerampeln - übrigens nicht nur mit dem Heinerbub, sondern auch mit dem Heinermädel als Maskottchen des Darmstädter Heinerfestes. Und in Emden regelt Otto Waalkes den Fußgängerverkehr. Frankfurt setzt sogar mit gleichgeschlechtlichen Ampelpärchen ein Zeichen gegen Diskriminierung - wie viele andere Städte auch. In Bremen leuchten die Stadtmusikanten, Luther in Worms, Weinköniginnen in Neustadt, und in Friedberg ist sogar Elvis Presley auf Ampeln zu sehen, weil der König des Rock ’n’ Roll dort einst stationiert war. International sind besonders die Taiwanesen kreativ: Hier sind die Männchen animiert - und wenn sich die Grünphase dem Ende neigt, legt die Figur sogar noch einen Schritt zu und läuft schneller. Auch Spanien und die Türkei setzen auf animierte Figuren, die ihren Schritt beschleunigen.
In Mannheim ist auf Nachfrage dieser Redaktion jedoch mit keinen stadttypischen Figuren zu rechnen. „Die Verwendung anderer Symbole wird abgelehnt“, teilt die Stadt mit. Die entschiedene Haltung in dieser Angelegenheit, so die Pressestelle, gründe „auf einem wichtigen Grundsatz: Sicherheitseinrichtungen des Straßenverkehrs sind möglichst einfach und eindeutig auszuführen. Nur so ist gewährleistet, dass Verkehrsteilnehmer diese dem Sinn nach wahrnehmen und eine größtmögliche Sicherheitswirkung erzielt werden kann.“
Neben den sicherheitstechnischen Gründen gebe es weitere Aspekte, die gegen Mannheimer Ampelsymbole sprechen, begründet die Stadt ihre Haltung. Es gehe schließlich nicht allein um den Aufwand, der durch die neuen Symbolmasken entsteht, sondern „durch den erheblichen Zeitaufwand, der der Genehmigung vorausgeht“. Zunächst müsse ein Symbol generiert werden, das neben den gestalterischen Aspekten die Chance habe, von der übergeordneten Behörde genehmigt zu werden - in Baden-Württemberg das Regierungspräsidium. „Daneben ist der eigentliche Genehmigungsvorgang mit Begründung, Beschreibung und allen anderen Erforderlichkeiten und Abstimmungen sehr aufwendig. Das dafür benötigte Personal ist jedoch damit beschäftigt, die vorhandenen Ampelanlagen im Stadtgebiet sicher in Betrieb zu halten. Das geht vor.“ Die Verwaltung wolle sonst zwar gerne für Mannheim zu werben: „Aber Anlagen, die ausschließlich dazu errichtet wurden, die Sicherheit im Straßenverkehr zu garantieren, sollten für Imagekampagnen dieser Art nicht ins Auge gefasst werden.“
In Stuttgart ist der Kampf für eine Schwaben-Ampel übrigens so gut wie abgeschlossen: Über mehrere Jahre hatten sich die Bürger dort mit einer Unterschriftenaktion für ein Lichtzeichen eingesetzt, das die Maskottchen des Südwestrundfunks zeigt - Pferdle und Äffle. „Die Idee ist beim Äffle und Pferdle Fanclub entstanden. Für die Stadt entstehen hier keine Kosten, der Fanclub finanziert dies“, teilt die Pressestelle der Landeshauptstadt auf Anfrage dieser Redaktion mit. Die Ampel ist zwar noch nicht gebaut, der Weg dafür sei jedoch frei. „Für die Umsetzung ist der Fanclub verantwortlich. Daher ist uns auch kein Datum für die Errichtung bekannt“, so die Pressestelle. Das Tiefbauamt habe jedoch einen Gestattungsvertrag abgeschlossen.
Doch ob Kasperle, Elvis oder leider kein Wasserturm - eines haben alle Ampeln gemeinsam: Statistisch gesehen wartet jeder Deutsche zwei Wochen seines Lebens auf Grün.
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