Es war am Mittwoch fast alles wie früher: Nach der corona-bedingten Zwangspause hatte das Mannheimer Energieunternehmen MVV wieder zu seiner Bilanz-Pressekonferenz in die Alte Börse nach Frankfurt geladen, MVV-Vorstandsvorsitzender Georg Müller stellte nach seiner gesundheitlichen Auszeit wieder das Ergebnis des zum Oktober beendeten Geschäftsjahres vor – und er hatte erneut hervorragende Zahlen zu präsentieren. Wie prognostiziert, konnte das Unternehmen sowohl seinen Umsatz als auch das Ergebnis steigern – Letzteres sogar um mehr als ein Viertel.
Mitverantwortlich ist dafür Müller zufolge der Verkauf von zwei Beteiligungen der Energieversorgung Offenbach, die knapp zur Hälfte der MVV gehört. Ohne diese Einmaleffekte in Höhe von 55 Millionen Euro liegt der Ergebniszuwachs bei 8 Prozent. Insbesondere die Direktvermarktung von erneuerbaren Energien, die gute Entwicklung bei den Anlagen zur Verwertung von Reststoffen und Biomassen sowie die eigene Erzeugung von erneuerbarer Energie haben nach Angaben des MVV-Chefs zu dieser Verbesserung des operativen Ergebnisses geführt.
Millionen-Verlust durch Ausfall
Der Wert hätte sogar noch deutlich höher sein können – wenn im Sommer nicht ein Block des Grosskraftwerks Mannheim (GKM) ausgefallen wäre. Da der Strom jedoch bereits verkauft war, musste er, um die Kunden dennoch bedienen zu können, zu sehr hohen Preisen an der Strombörse eingekauft werden, erklärte Müller – so dass die MVV unterm Strich einen Verlust hinnehmen musste. Wie hoch genau dieser war, wollten die Verantwortlichen nicht sagen. Fachleute bezifferten die Differenz zum Vorjahresquartal auf rund 20 Millionen Euro.
Dass die MVV trotz dieses guten Ergebnisses zum Jahresbeginn ihre Grundtarife für Gas und Strom um 110 beziehungsweise 60 Prozent erhöht und auf die zuletzt übliche Preisgarantie verzichtet, begründete Müller zum einen damit, dass die Großhandelspreise als Folge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine massiv gestiegen seien. Zum anderen habe das Unternehmen im vergangenen Geschäftsjahr in diesem Kundengeschäft seine Ziele nicht erreicht – weil man zusätzliche Energiemengen zu sehr hohen Preisen habe einkaufen müssen, um Kunden zu versorgen, die aufgrund des Rückzugs von anderen Versorgern zur MVV kamen.
Bei der Stadt Mannheim dürfte man sich über diese Bilanz freuen. Da ihr 50,1 Prozent der Anteile an der MVV gehören, kann sie mit einer Ausschüttung von knapp 35 Millionen Euro rechnen – wenn die Aktionäre bei der Hauptversammlung am 10. März dem Vorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat zustimmen und wie zuletzt pro Aktie 1,05 Euro als Dividende ausbezahlt werden. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse gilt das jedoch als Formsache.
Auch beim Blick nach vorn zeigte sich Müller optimistisch: Trotz der Energiekrise stünden die Chancen nicht schlecht, dass Deutschland gut durch den Winter komme. Beim Gasverbrauch machten sich die Einsparbemühungen bemerkbar. So sei der Verbrauch der MVV-Kunden, bereinigt um die Witterungseinflüsse, um rund 30 Prozent gesunken. Der Stromverbrauch sei zwar relativ konstant geblieben. Angesichts der politischen Maßnahmen rechnet der MVV-Chef jedoch auch dort nicht mit relevanten Engpässen.
Ob das GKM, das neben RWE (40 Prozent) und EnBW (32) zu 28 Prozent der MVV gehört, seinen Block 7 an den Markt zurückbringen wird, sei noch nicht entschieden. Aktuell ist er als Reservekraftwerk eingestuft, das nur in Notfällen hochgefahren wird. Angesichts der Energiekrise hat die Bundesregierung jedoch eine Möglichkeit geschaffen, um solche Anlagen wieder regulär in Betrieb zu nehmen.
Auch wie sich die von der Bundesregierung geplante Erlösabschöpfung von Übergewinnen auf die MVV auswirken wird, lasse sich noch nicht sagen: „Wir müssen das Gesetz abwarten“, so Müller. „Es wird aber eine nennenswerte Zahl sein.“ Dennoch halte er das Vorhaben generell für „nachvollziehbar“.
Bei der Prognose für das laufende Geschäftsjahr blieb er angesichts der vielen Unsicherheiten zurückhaltend: Man sei jedoch zuversichtlich, das operative Ergebnis auf dem vorliegenden Niveau halten zu können.
Bei Analysten wie Erkan Aycicek von der Landesbank Baden-Württemberg kamen die Zahlen gut an: „Die MVV hat in einem sehr herausfordernden Marktumfeld eine gute Performance hingelegt“, sagte er. „Wenn man die Einmaleffekte herausrechnet, ist die operative Dynamik sehr gut.“
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