Oberbürgermeisterwahlen

Reißt ein neuer SPD-Oberbürgermeister in Ludwigshafen das Südweststadion ab?

Am 21. September finden in Ludwigshafen Oberbürgermeisterwahlen statt. Jens Peter Gotter will für die SPD Jutta Steinruck nachfolgen. Er sieht sich als Manager und weniger als Politiker.

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Stephan Alfter
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Jens Peter Gotter vergangene Woche in einem Ludwigshafener Restaurant. Er will neue Firmen entlang der Chemiebranche ansiedeln. © Stephan Alfter

Das Wichtigste in Kürze

  • Jens Peter Gotter kandidiert in Ludwigshafen als Oberbürgermeister.
  • Er will die Wirtschaft stärken und neue Firmen ansiedeln.
  • Schwerpunkt liegt auf Chemiebranche und innovativer Verwaltung.

Ludwigshafen. Herr Gotter, wir steigen in die heiße Wahlkampfphase ein. Im Januar kannte Sie hier kaum jemand. Wo stehen Sie jetzt?

Jens Peter Gotter: Gefühlt bin ich inzwischen weitaus bekannter. Wir haben dazu keine Umfragen gemacht. Ich werde außerhalb meiner Blase aber deutlich mehr wahrgenommen. Das empfinde ich persönlich als positiv. Das heißt, dass unsere Teamarbeit wirkt.

Sie haben vor einigen Tagen mit LU.2042 eine Zukunftsagenda für Ludwigshafen vorgelegt. Es geht um Standortpolitik, wie Sie sagen. Können Sie das ein wenig erläutern?

Gotter: Ludwigshafen befindet sich in einem Transformationsprozess. Die Veränderungen bei der BASF – der Abbau von bis zu 20 Prozent der Produktionsanlagen im Werk bis 2027, verbunden mit einem Personalabbau von schätzungsweise 5 000 bis 6 000 Mitarbeitenden – werden an Ludwigshafen nicht spurlos vorbeigehen. Da muss man gemeinsam mit der BASF und der Stadtgesellschaft Zukunftsszenarien entwickeln. Zusätzlich haben wir eine bestehende Unternehmerlandschaft - vom kleinen Handwerksbetrieb bis hin zu sogenannten Hidden Champions. Diese müssen wir stärker vernetzen und einbinden in die Stadtentwicklung. Ein weiteres großes Thema ist Innovation: Gründung, Ansiedlung von Unternehmen, und das auch fokussiert. Wir wollen chemienahe Branchen entlang der Wertschöpfungskette unterstützen, Biotechnologie voranbringen und auch künstliche Intelligenz in der Verwaltung fördern. Ich komme mit meinem Start-up selbst aus der Szene und weiß, was Start-ups brauchen.

Hat die Stadtverwaltung da in den vergangenen Jahren etwas verpasst?

Gotter: Das würde ich aus meiner Wahrnehmung sagen. Ich höre in Unternehmergesprächen oft, dass Neuansiedlungen schwierig sind – wegen der Verwaltungsprozesse.

Liegt das daran, dass die Verwaltung zu wenige Leute beschäftigt? Es sind ja jetzt schon 4000.

Gotter: Im Detail kann ich das nicht sagen, wir dürfen als Externe ja nicht so tief reinschauen. Ich habe vorgeschlagen, eine Art „One-Stop-Agency“ einzurichten, einen Anlaufpunkt für Unternehmen, der auch Genehmigungsverfahren organisiert. Die Prozesse sollen einfacher und koordinierter ablaufen.

LU.2042 heißt auch, dass sie mit einer Wiederwahl nach acht Jahren rechnen?

Gotter: Genau, ich trete für zwei Perioden an. Denn diese Standortpolitik dauert. Das muss nachhaltig aufgebaut werden. Wenn es die Wählerinnen und Wähler ermöglichen, möchte ich also gerne 16 Jahre kontinuierlich daran arbeiten.

Jens Peter Gotter bei der Kandiaten-Kür im Mai in Maudach mit dem rheinland-pfälzischen Ministerpräsident Alexander Schweitzer. © Stephan Alfter

Sie gehören der SPD an, einer Partei, die sich seit ihrer Gründung 1848 stark über Sozialpolitik definiert hat. In Ihrer Agenda 2042 finde ich zunächst kein einziges Wort über Kindergartenplätze, Sprachförderung, Integration, Grundschulen. Ist das denn keine Standortpolitik?

Gotter: Doch. Im Papier geht es aber um standortorientierte Wirtschaftspolitik. Bildung, Wohnraum, Integration et cetera finden sich im größeren Wahlprogramm. Ich wollte beim Thema Wirtschaftspolitik mit einer eigenen Vision vorangehen. Themen wie Bildung, Kita und sozialer Wohnraum sind weitere Punkte, die sich in meinem Programm wiederfinden.

Sie machen ein eigenes Wirtschaftspapier, aber die zentralen Probleme in Ludwigshafen sind doch sozialer Natur. Kita-Plätze fehlen, es gibt zu wenige Erzieherinnen und Erzieher. Die Grundschule Gräfenau macht dauerhaft Schlagzeilen wegen einer hohen Anzahl sitzen gebliebener Kinder in der ersten Klasse. Wo sind die Lösungen dafür?

Gotter: Gemeinsam mit dem Bildungsdezernat müssen wir daran arbeiten, schnell Abhilfe zu schaffen. Das Thema „Smart Kita“ ist hierbei ein Ansatz.

Jens Peter Gotter

  • Jens Peter Gotter (53) ist verheiratet und kinderlos
  • 1972: Geburt im St. Annastift, LU-Mundenheim
  • 1991: Abitur am Max-Planck-Gymnasium, Friesenheim
  • 2000: Direktor Beratung IDS Scheer AG
  • 2012: Direktor DELL GmbH
  • 2018: Senior Vice President & Geschäftsführer CANCOM Deutschland GmbH
  • 2020: Mitgründer & CEO 3Jguys GmbH - ArenaFans
  • 2024: Eintritt SPD Ortsverband Oggersheim
  • 2024: Mitarbeiter bwCloud - IT Universität Mannheim
  • 2025 OB-Kandidat in Ludwigshafen

Können Sie beschreiben, was das ist?

Gotter: Bei „Smart Kita“ geht es um modulare Bauweise. Kindergärten sollen schnell errichtet werden können. Bei Bedarf sind sie umrüstbar -zum Beispiel in Jugendräume oder Räume für Kindertagespflege.

Nochmal: Wäre der zentrale Aspekt von Standortpolitik nicht das Thema Spracherwerb bei Kindern. Gerade mit Blick auf die zukünftige Wirtschaft vor Ort.

Gotter: Wenn man Standortpolitik umfassender definiert, stimme ich zu. Ein Papier zur generellen Standortpolitik fehlt noch, das wird aber folgen. Ich glaube, mein Gesamtpaket ist das Beste für Ludwigshafen. Ich will zeigen, dass ich Sozialdemokrat, Geschäftsmann und Volkswirt in einer Person bin.

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Das hört sich etwas nach Ludwigshafen GmbH an. Bleibt das Soziale da nicht auf der Strecke?

Gotter: Die Kaufkraft und Finanzen der Stadt sind die Voraussetzung, um Vereine, Sport, Ehrenamt, Kultur zu fördern. Wenn wir immer nur Kosten senken, statt Einnahmen zu erhöhen, fehlt das Geld. Darum setze ich auf Einnahmesteigerung durch Umschichtung bei den Steuern und Wirtschaftsförderung.

Was meinen Sie konkret?

Gotter: Wenn wir etwa den Umsatzsteuerschlüssel ändern, hätten wir in Ludwigshafen 60 Millionen Euro mehr im Jahr. Das Geld könnten wir direkt einsetzen: Schulen, Schuldenabbau. Das will ich weiter thematisieren, auch auf Bundesebene.

Ludwigshafen ist bekanntermaßen nicht die schönste Stadt Deutschlands. Das fängt bei der Ankunft am Hauptbahnhof an? Was machen Sie da?

Gotter: Ich will mit der Deutschen Bahn ins Gespräch kommen. Mehr Arbeitsplätze und Unternehmen in der Stadt bringen mehr Fahrgäste. Das erhöht den Druck auf die Bahn, dort zu investieren.

Was ist mit der Eberthalle, die saniert werden muss? Das Südweststadion ist ruinös.

Gotter: Die Eberthalle muss erhalten bleiben – mit Hilfe des Landes. Sie ist eine Ikone der Stadt. Das Südweststadion ist eine Diskussion wert, vielleicht sollte dort stattdessen eine Multifunktionshalle entstehen.

Ludwigshafens Kriminalitätsrate ist nicht überdurchschnittlich, dennoch haben viele Leute oft ein subjektiv empfundenes Unsicherheitsgefühl. Würde Ihre Frau nachts alleine durch die Stadt laufen?

Gotter: Das subjektive Sicherheitsgefühl ist wichtig. Wir müssen Angst-Räume vermeiden, mehr Licht schaffen und an der Einführung eines Bezirkspolizeidienstes arbeiten. Videoüberwachung sehe ich kritisch.

Wieviel Prozent bekommen Sie im ersten Wahlgang?

Gotter: Ich wünsche mir 50 Prozent plus eine Stimme – dafür werden mein Team und ich in den nächsten Wochen alles in die Waagschale werfen.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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