Interview mit Oberbürgermeisterkandidat

Warum das größte Problem in Ludwigshafen nicht die Finanzen sind

Am 21. September finden in Ludwigshafen Oberbürgermeisterwahlen statt. Klaus Blettner (57) will für die CDU an die Rathausspitze. Ist er ein Law-and-Order-Mann?

Von 
Stephan Alfter
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Klausbesuche: So nennt die CDU den Haustürwahlkampf von Oberbürgermeister-Kandidat Klaus Blettner. Der Wirtschaftswissenschaftler wohnt seit 15 Jahren in Ludwigshafen. © Constanze Kraus

Das Wichtigste in Kürze

  • Klaus Blettner kandidiert für die CDU als Oberbürgermeister in Ludwigshafen.
  • Er will die Stadt durch mehr Sicherheit und Wirtschaftsstärke verbessern.
  • Blettner lehnt eine aktive Zusammenarbeit mit der AfD ab.

Ludwigshafen. Herr Blettner, wie viele Ludwigshafener Haustüren haben Sie denn besucht in den vergangenen Wochen?

Klaus Blettner: Zwischen 4.000 und 5.000 Haustüren. Wir nennen das ein bisschen scherzhaft nicht Hausbesuche, sondern Klausbesuche. Mittlerweile kennen mich die Leute.

Man hätte ja auch damit rechnen können, dass ihr CDU-Fraktionsvorsitzender Peter Uebel nochmal kandidiert.

Blettner: Als Peter Übel dann in der Fraktion gesagt hat, dass er nicht mehr als OB-Kandidat zur Verfügung steht, habe ich so ein bisschen alle Blicke auf mich wandern sehen und war total überrascht. Es war wahrlich nicht Teil meiner Planungen, Oberbürgermeister der zweitgrößten Stadt von Rheinland-Pfalz werden zu wollen. Nach zwei Wochen Bedenkzeit habe ich gesagt: ,Ja, ich mache das‘.

Warum wollen Sie das machen?

Blettner: Im Wesentlichen, weil ich diese Stadt so mag. Es ist in 15 Jahren meine Heimatstadt geworden und ich bin menschenverbunden. Ich sehe gleichzeitig, wie viel Potenzial diese Stadt hat, eingebettet auch in die Region. Wir haben so ein bisschen einen Hang, die Dinge schlecht zu reden.

Sie sprechen von der Region. Ludwigshafen ist nicht typisch Pfalz, oder?

Blettner: Ludwigshafen ist schon eine Besonderheit. Vor allen Dingen ist das eine Stadt der Arbeit. Hier wird das Geld verdient, das leider anderswo versteuert und ausgegeben wird.

Man darf jetzt auch nicht anfangen, Ludwigshafen ohne BASF zu denken.

Das ist eines der Probleme.

Blettner: Ja, das ist eines der Probleme. Und das wird auch so bleiben, es ist eine Industriestadt …

… die vor einer richtigen Transformation steht. Ein Problem für Ludwigshafen oder eine Chance?

Blettner: Aktuell nehmen das sicherlich viele Menschen als Problem wahr, aber da steckt natürlich auch eine Chance drin. Ich glaube übrigens, dass das nicht die Digitalisierungsmetropole der Zukunft ist, sondern wir werden eine Stadt der Industrie bleiben. Ich bin jetzt nicht derjenige, der denkt: Naja, wir müssen jetzt hier ein paar hippe Start-ups ansiedeln und dann haben wir die Transformation geschafft. Wir haben die Menschen hier, die diese Arbeit können. Und: Wir haben unheimlich viel Know-how, auch in der Forschung. Denken Sie an Abbvie als großen Forschungsstandort.

… mit Investitionen in Höhe von 150 Millionen Euro?

Blettner: Ja, wirklich toll. In einer anderen Stadt würde man Abbvie auf Händen tragen. Aber hier ist man natürlich im Schatten dieses Giganten BASF. Man darf jetzt auch nicht anfangen, Ludwigshafen ohne BASF zu denken. Aber man steht dort im globalen Wettbewerb und verdient aktuell hier kein Geld. Wenn jemand in Ludwigshafen investieren möchte, dann sind offene Türen gefragt. Die letzte große Ansiedlung eines Unternehmens hier war Vögele. Das ist 15 Jahre her.

Klaus Blettner

Klaus Blettner (57) ist in Heilbronn geboren und in Koblenz aufgewachsen

Er hat drei erwachsene Kinder und lebt mit seiner aktuellen Partnerin im Süden Ludwigshafens

Blettner lehrt BWL an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft in Ludwigshafen. Er ist Mitglied der Leitung der Hochschule

Im Stadtrat sitzt Blettner seit Juni 2024. Im Oktober präsentierten ihn die Fraktionen von CDU und FWG als gemeinsamen OB-Kandidat. Im Frühjahr bestätigte ihn seine Partei mit großer Mehrheit. sal

Die Städte leiden alle.

Blettner: Insofern sind wir die Avantgarde in Ludwigshafen. In Mannheim können Sie noch jede Woche berichten, welches Traditionsunternehmen im Einzelhandel nun geschlossen hat. Damit sind wir schon fertig. Heidelberg und Mannheim sind jetzt genauso unterwegs wie wir vor einigen Jahren. Es gibt dafür keine Häme oder sowas. Es ist die Realität. Wenn es gut läuft, sind wir da auch früher wieder raus und die anderen fragen uns: Wie habt ihr das gemacht?

Und? Wie machen Sie es?

Blettner: Ich bin Wirtschaftswissenschaftler. Wir müssen über die Einnahmenseite und über die Ausgabenseite reden. Jutta Steinruck hat meinen großen Respekt, dass sie das Thema Konnexitätsprinzip und die staatliche Zechprellerei – so möchte ich es mal nennen – auf die große Bühne gebracht hat. Hier wird viel bestellt und wenig bezahlt. Das geht nicht. Das macht eine Gesellschaft mürbe.

Klaus Blettner am Tag seiner Kür zum Oberbürgermeister-Kandidaten der CDU in Ludwigshafen. © Dennis Bachmann

Konnexitätsprinzip höre ich als Journalist seit bald 30 Jahren. Wer bestellt, bezahlt, heißt es immer. Geändert hat sich wenig.

Blettner: Man muss als Kommune gegenhalten und Verbündete suchen. Ein kleines Gedankenspiel: Wenn das deutsche Steuersystem so wäre, dass die Leute ihr Geld da versteuern müssten, wo sie es verdienen und nicht da, wo sie wohnen, wäre Ludwigshafen saniert – von heute auf morgen. Mir geht es auch nicht um Steuererhöhungen, sondern darum, dass wir mehr Gewerbesteuer einnehmen – durch die Ansiedlung von funktionierenden Unternehmen. Und: Wir brauchen junge Familien, die hierherziehen und nicht in den Speckgürtel.

Wenn es aber keinen Kita-Platz gibt?

Blettner: Ja, das ist ein Standortfaktor. Wie entscheidet eine junge Familie, wo sie wohnt? Nach Kinderbetreuung, Wohnraum und Lebensqualität vor Ort.

Wie kommen Sie denn zu den Kita-Plätzen? Es fehlen mehr als 2 000 in Ludwigshafen.

Blettner: Das Smart-Kita-Konzept halte ich für einen guten Ansatz. Die größte Herausforderung, die wir in Ludwigshafen haben, ist aber das Thema Sicherheit und Sauberkeit.

Nicht die Finanzen?

Blettner: Ich bin nicht gestartet als Law-and-Order-Politiker. Aber: Ich habe aber noch kein Gespräch erlebt, wo das Thema Sicherheit und Sauberkeit nicht früher oder später kam.

Das Südweststadion ist im aktuellen Zustand eine Schande. Muss man unbedingt prüfen und ich kann im Moment nicht sagen, ob das erhaltbar ist.

Und jetzt sind sie Law-and-Order-Mann?

Blettner: Nein. Aber wenn Leute über den Berliner Platz gehen und sagen, dass sie sich unsicher fühlen, dann kriegen sie das nicht weg, indem sie ihnen sagen, dass die Statistik das nicht hergibt. Warum gibt es in Mannheim eine intelligente Videoüberwachung und in Ludwigshafen nicht? Das können sie keinem Bürger, keiner Bürgerin klarmachen. Das ist nur ein Baustein, natürlich im Rahmen der Grundrechte und des Datenschutzes.

Ludwigshafen hat zuletzt Identifikationsobjekte verloren - Tortenschachtel, Engelhorn-Hochhaus. Wie gehen Sie mit der Ludwigshafener Seele um - mit Eberthalle und Südweststadion?

Blettner: Dinge, die erhaltbar sind, sollte man auch erhalten. Die Tortenschachtel nicht zu kaufen und abzureißen, war glaube ich ein Fehler. Die Eberthalle sollten wir erhalten.

Trotz völlig irrationaler Sanierungskosten?

Blettner: Ja, also da muss man natürlich abwägen. Die Gefahr ist, dass man das alte abreißt und nichts Neues aufbaut. Das Südweststadion ist im aktuellen Zustand eine Schande. Muss man unbedingt prüfen und ich kann im Moment nicht sagen, ob das erhaltbar ist.

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Wie sehen Sie die City West?

Blettner: Eine große Chance für Ludwigshafen, auch mal was Neues hinzustellen und einen guten Mix hinzubekommen aus Wohnen, Arbeiten, vielleicht eine internationale Schule, ein interessantes Museum und so weiter.

Würden Sie mit der AfD auf kommunaler Ebene zusammenarbeiten?

Blettner: Nein, aktiv zusammenarbeiten und eigene Mehrheiten suchen nicht. Umgekehrt würde ich aber einen Antrag, dem die AfD zustimmt, nicht direkt verteufeln. Gute Vorschläge sind gute Vorschläge - egal wer dem zustimmt.

Was wünschen Sie sich denn für den ersten Wahlgang?

Blettner: Ein möglichst gutes Ergebnis, das widerspiegelt, dass ich mit meiner Art und mit meinen Inhalten bei den Menschen angekommen bin.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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