Oberbürgermeister-Kandidat

„Ludwigshafen soll eigene Wohnungen bauen“: Was ein OB Wegner alles ändern würde

Am 21. September finden in Ludwigshafen Oberbürgermeisterwahlen statt. Martin Wegner will als Unabhängiger an die Rathausspitze. Es brauche neue Strukturen in der Verwaltung, sagt er.

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Stephan Alfter
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Martin Wegner sieht einen Hebel für die Arbeit als OB in Ludwigshafen in der Zufriedenheit der Verwaltungsmitarbeiter. Er stellt sich als unabhängiger Kandidat zur Wahl, auch wenn er SPD-Mitglied ist. © Stephan Alfter

Das Wichtigste in Kürze

  • Martin Wegner kandidiert als unabhängiger OB-Kandidat in Ludwigshafen.
  • Er setzt auf Verwaltungsreform und Mitarbeiterzufriedenheit.
  • Er will bezahlbaren Wohnraum durch städtischen Wohnungsbau schaffen.

Ludwigshafen. Herr Wegner, wie läuft denn Ihr Wahlkampf?

Martin Wegner: Ich bin unglaublich motiviert. Bis zum heutigen Tag gab es keine unangenehmen Begebenheiten oder sonst irgendetwas Nachteiliges. Ich erlebe eine funktionierende Stadtgesellschaft im politischen Diskurs. Das ist mir wichtig, zu transportieren.

Ich frage auch nur, weil es ja schwerer ist, einen Wahlkampf zu führen, wenn keine Partei dahinter steht.

Wegner: Das ist außerordentlich schwierig, weil man weder auf eine Agentur noch auf diese finanziellen Mittel, die ja immerhin bei den Parteien sicherlich sechsstellig sind, zurückgreifen kann. Man ist auf Menschen angewiesen, die die Grundüberzeugung teilen, dass es auch anders möglich ist. Ich habe so eine Gruppe von 30 Leuten.

Beteiligen sich die Leute auch finanziell oder nur ideell?

Wegner: Finanziell sind auch tatsächlich Leute da, das hält sich aber in Grenzen. Parteien verfügen über mehr Spender, weil da die Spenden auch steuerlich absetzbar sind.

Was kostet Sie denn der Wahlkampf?

Wegner: Das weiß ich am Ende. Ein Plakat kostet vier Euro. Bei 2 000 Plakaten ist man schnell bei 8 000 Euro. Wenn man alles schlank hält, ist man bei 20.000 oder 30.000 Euro. Wenn man jetzt die eine Agentur dazu nimmt, ist das unter 70.000, 80.000, 90.000 Euro gar nicht möglich. Man muss als unabhängiger Bewerber anders arbeiten.

Wenn man die sozialen Netzwerke beobachtet, hat man den Eindruck, es ist noch nicht so richtig viel los um Sie herum? Werden Wahlkämpfe heute nicht im Internet gewonnen?

Wegner: Für die sozialen Netzwerke haben wir vieles produziert, aber das haben wir uns für den Endlauf vorbehalten. Ich kann so einen Wahlkampf als unabhängiger Bewerber nicht über sechs Monate intensiv führen.

Weg vom Wahlkampf, hin zu Ludwigshafen: Mehr als andere Städte muss sich die Stadt vom industriellen ins digitale Zeitalter bewegen. Wo fangen Sie denn an, wenn es darum geht, diesen Umbau verantwortlich zu begleiten?

Wegner: Das Digitale ist überhaupt kein Selbstzweck. Nur digital zu werden, ist nicht die Absicht. Es geht darum, Abläufe zu verbessern. Beispiel Zulassungsstelle: Wir haben eine sehr hohe Personalbindung durch administrative Vorgänge, die in absehbarer Zeit digital, eventuell mit Künstlicher Intelligenz abgewickelt werden können.

Sie sind jetzt sehr konkret geworden. Ich meine die große Transformation. Die BASF plant in den nächsten Jahren die Stilllegung von Produktionsanlagen. Es gibt neue Räume, die zu bespielen sind.

Wegner: Wenn wir Ludwigshafen nachhaltig aufstellen wollen, dann müssen wir schauen, was uns besonders macht. Zunächst einmal das Know-how aus der industriellen Geschichte im Bereich Chemie, Biopharma, Biotechnologie. Nicht umsonst investiert das Unternehmen Abbvie hier 150 Millionen.

Martin Wegner



Martin Wegner (57) ist im Oktober 1967 in Lingen an der Ems geboren worden.

Seit 1984 ist er Sozialdemokrat und war bis 2019 acht Jahre lang Vorsitzender des SPD-Unterbezirks Vorderpfalz . Dennoch tritt er als unabhängiger Kandidat an, nachdem seine Partei mit Jens Peter Gotter in den Wahlkampf gehen wollte.

Wegner ist Rechtsanwalt und führt eine Kanzlei in Ludwigshafen mit Fokus auf Immobilien- und Erbrecht . Er lebt mit seiner Frau auf der Parkinsel. Das Ehepaar hat zwei Töchter, die schon erwachsen sind. Ina Wegner leitet das APH-Altenpflege-Bildungszentrum in Mannheim. sal

Nochmal: Wo fangen Sie an?

Wegner: Wir fangen mit den Strukturen bei der Stadtverwaltung als Basis zukünftiger Entwicklungen an. In Ansehung der Personalprobleme muss die Stadt vordringlich wieder als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen werden. Dazu brauchen wir unter anderem eine größere Mitarbeiterzufriedenheit.

Der Sozialhaushalt platzt aus allen Nähten. Die Gräfenau-Grundschule ist unverschuldet ein Symbol für Sprach- und Integrationsprobleme geworden. Wie gehen Sie das Thema an?

Wegner: Das ist eine Weltmeisterschaft an Kleinigkeiten. Zur Gräfenau-Schule: Gibt es kein regelmäßiges Monitoring an den Schulen? Ich frage mich etwa, inwiefern das System sich selbst reflektiert? Von solchen kleinen Dingen hängt es ab, dass man auf große Probleme rechtzeitig reagiert. Ansonsten ist auf das Land als zuständiges Organ für Lehrerangelegenheit einzuwirken, dass die Personalausstattung endlich angepasst wird.

Kita-Plätze sind eine Kleinigkeit?

Wegner: Die Kita-Frage ist zentral, aber wir müssen sie strukturell lösen, und strukturell heißt: Wir brauchen Personal und Gebäude und die parallel hierzu die weitere Förderung der Kindertagespflege Letztere läuft aber schon recht gut.

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Viele Gebäude sind am Ende der „Lebenszeit“ angekommen: Eberthalle, Südweststadion – damit identifiziert man sich in LU. Was machen Sie?

Wegner: Wir sollten aufhören, Dinge schnell abzureißen. Das BASF-Hochhaus abgerissen – ohne Perspektive. Die Tortenschachtel abgerissen – ohne konkrete Perspektive. Das muss aufhören. Aber bevor wir zum Stichwort Bauen kommen, sollten wir uns überlegen, wie Wohnraum entsteht und ob die Stadt nicht selbst Wohnungen bauen sollte – ohne den Druck, Gewinn machen zu müssen.

Jetzt haben Sie meine Frage aber nicht beantwortet: Wie würden Sie mit der Eberthalle oder dem Südweststadion umgehen?

Wegner: An der Eberthalle hängt das Herz der Stadt. Wir wären gut beraten, alles zu prüfen, dass sie erhalten bleibt – auch wenn es betriebswirtschaftlich irrational erscheint. Identitätsmerkmale sind meist unersetzlich. Zum Südweststadion habe ich noch keine gefestigte Auffassung.

Herausforderungen für Städte sind auch klimatische Anpassungen. Ideen?

Wegner: Vollkommen außer Frage, dass wir das prüfen müssen. Es wurde noch nie wirklich diskutiert, aber Flächen wie der Vorplatz vor dem Pfalzbau sind ein Trauerspiel. Im Hemshof, aber auch am Berliner Platz herrscht Entwicklungsbedarf. Es muss Schluss sein mit weiterer Versiegelung. Man muss im Sommer nur mal den Temperaturunterschied zwischen Innenstadt und Parkinsel wahrnehmen. Das sind zum Teil drei bis vier Grad Unterschied.

All das kostet Geld, das Ludwigshafen mit seiner Milliarde an Schulden bekanntlich nicht hat.

Wegner: Nur weil wir wenig Geld haben, heißt das nicht, dass wir keine Gestaltungsmöglichkeiten haben. Die Oberbürgermeisterin sagt anderes, aber das, was wir haben, müssen wir nutzen. Die Kommunalaufsicht hat allerdings eine völlig irre Vorstellung davon, wie Kommunen funktionieren sollen. Es werden etwa 4,4 Millionen Euro im neuen Haushalt gekürzt, dabei fehlt überall Personal. Wir brauchen jetzt neue Formen, Aufgaben zu erfüllen. Dazu brauchen wir Impulse aus der Stadtgesellschaft. Ein Wirtschaftsbeirat wäre dabei ganz wichtig, wie wir auch einen Migrations- und Seniorenbeirat haben. Und ein Bürgerforum, damit wir die Bürger direkt in Entscheidungsprozesse einbinden. Im Grünflächenbereich kann man mehr Verantwortung abgeben, indem Bürger mehr Patenschaften übernehmen. Die Liste könnte ich lange fortsetzen.

Wie viel Prozent wünschen Sie sich denn bei der Wahl?

Wegner: Ich wünsche mir, in die Stichwahl zu kommen, und dann werde ich sie gewinnen.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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