Kriminalität

Plünderungen auf Friedhöfen: Was Mannheim und andere Städte dagegen tun

Um an Buntmetall zu kommen, plündern Diebe Friedhöfe in der Region. Auch Kunstwerke werden  - wie zuletzt in Ludwigshafen - gestohlen. Warum es für die Kommunen nur wenige Mittel gibt und was die Polizei rät

Von 
Julian Eistetter
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Von mehr als 400 Kriegsgräbern auf dem Wormser Hauptfriedhof wurden Metall-Schilder abgehebelt. © Stadt Worms

Rhein-Neckar. Das aktuell wohl prominenteste Opfer ist „Der Radfahrer“ aus Ludwigshafen. Mutmaßlich in einer Nacht-und-Nebel-Aktion sägten Unbekannte die mehr als zwei Meter große Bronzefigur oberhalb der Knöchel ab, verluden sie aller Wahrscheinlichkeit nach in einen Transporter und waren seither nicht mehr gesehen.

Das Schicksal dürfte die Statue inzwischen in einem Schmelzofen ereilt haben, bei irgendeinem halbseidenen Schrotthändler irgendwo in der Region oder sonstwo. Genaue Erkenntnisse gibt es nicht, wo die Kriminellen die Abnehmer für ihr metallenes Diebesgut finden. Klar ist aber, dass solche Diebstähle von verwertbaren Buntmetallen zu einer unerfreulichen Masche geworden sind.

Metalldiebe haben es derzeit besonders auf Grabschmuck auf Friedhöfen abgesehen

Friedhöfe sind in besonderem Maße davon betroffen, immer öfter aber auch Kunstwerke im öffentlichen Raum, wie eben der bedauernswerte „Radfahrer“. Polizei und Kommunen in der Region haben das Problem längst erkannt. Ein Allheilmittel gibt es nicht, aber zumindest einige Ratschläge seitens der Behörden, wie Bürgerinnen und Bürger es vermeiden können, ebenfalls Opfer Krimineller zu werden.

Von der Statue „Der Radfahrer“ im Ludwigshafener Stadtteil Friesenheim sind nur noch die Füße übrig geblieben. © RSC Ludwigshafen

Dass die Diebstähle von Friedhöfen ein hochaktuelles Phänomen sind, zeigt allein ein Blick in den Polizeibericht der vergangenen Wochen: Im südhessischen Viernheim wurde Mitte Juni eine aus Bronze bestehende Statue von einem Grab gestohlen, in Schifferstadt hatten es die Täter eine Woche später auf zahlreiche Kupferschalen abgesehen, und in Worms erlebten die Friedhof-Verantwortlichen inzwischen sogar schon ein unerfreuliches Déjà-vu. Erst im September 2023 zogen Unbekannte eine regelrechte Vandalismusschneise über den Hauptfriedhof, jetzt wüteten erneut Kriminelle. Laut Stadtverwaltung hatten diese es besonders auf Metallgegenstände abgesehen. Etwa 400 Namensschilder hebelten die Diebe von Gräbern ab, die den Verstorbenen des Zweiten Weltkrieges gewidmet sind. Auch von privaten Gräbern ließen sie Schalen oder Figuren mitgehen.

Das unternehmen Kommunen in der Metropolregion Rhein-Neckar gegen die Friedhofsplünderer

Der Friedhof im Heidelberger Stadtteil Kirchheim wurde Anfang des Monats ebenfalls von Dieben heimgesucht, wie ein Sprecher der Stadtverwaltung auf Anfrage mitteilt. Ein Schutz der öffentlich zugänglichen Friedhöfe in der Stadt sei nur bedingt möglich, erklärt er. „An Wochenenden werden die Zufahrtstore zu den Friedhöfen geschlossen. Der Kommunale Ordnungsdienst ist regelmäßig im Bereich der städtischen Friedhöfe unterwegs“, zählt er auf. Eine Rundum-Überwachung gebe es aber natürlich nicht.

Die Probleme kennt auch die Stadt Ludwigshafen mit ihrem Hauptfriedhof und acht Stadtteilfriedhöfen. „Der Hauptfriedhof wird nachts abgesperrt, trotzdem ist er mit einer Fläche von etwa 25 Hektar so groß, dass auch tagsüber Diebstähle stattfinden, da manche Bereiche schlecht einsehbar sind“, sagt Rathaussprecher Florian Bittler. Darum seien die Bronzeplatten im Urnenhof des Hauptfriedhofs zusätzlich gegen Diebstahl gesichert worden.

Warum die Stadt Mannheim einen etwas anderen Weg geht als beispielsweise Ludwigshafen

Die Stadt Mannheim geht diesbezüglich einen etwas anderen Weg. „Die Friedhöfe in Mannheim sind nachts nicht abgeschlossen“, sagt Verwaltungssprecher Kevin Ittemann. „Erfahrungen anderer Kommunen zeigen, dass abgeschlossene Tore und hohe Friedhofsmauern keinesfalls Hindernisse für Diebe darstellen“, erklärt er. Die Stadt kaufe vielmehr Bewachungsleistungen ein, wenn wieder einmal vermehrt Diebstähle in der Region auftreten. „Darüber hinaus werden die örtlichen Polizeidienststellen sensibilisiert“, so Ittemann. Gleiches gelte für die Gewerbetreibenden rund um die Friedhöfe, die verdächtige Wahrnehmungen sofort melden sollen, beispielsweise, wenn Personen in auffälliger Weise Gräber fotografieren. „Wir unterstellen, dass die Tätergruppen bei Tageslicht die Örtlichkeiten ausspähen.“

Der Mannheimer Hauptfriedhof, hier der Eingang zum jüdischen Friedhof, bleibt nachts unverschlossen. © .Christoph Blüthner

Auf öffentliche Kunstwerke hatten es Kriminelle bis dato vor allem in Ludwigshafen abgesehen. Neben dem „Radfahrer“ wurde auch aus dem Ebertpark eine größere Figur entwendet. Der Stadtrat hatte daraufhin die Verwaltung beauftragt, ein Schutzkonzept für solche Kunstwerke zu prüfen. „Die Verwaltung hat geprüft, inwieweit Sender in den vorwiegend zu schützenden Bronzestatuen in den Grünanlagen angebracht werden können“, sagt Florian Bittler auf die Frage nach den Ergebnissen der Untersuchung. „Das ist jedoch auszuschließen, da die Sender leicht zu erkennen und leicht zu entfernen sind. In den Statuen angebracht, können sie nicht mehr empfangen und sind somit untauglich für diesen Zweck“, erklärt er. Auch die bessere Sicherung der Sockel sei nicht unbedingt zielführend, wie das Beispiel des „Radfahrers“ zeige, der einfach oberhalb der Füße abgetrennt worden sei.

Kunstwerke künftig nur noch in einem umfriedeten Bereich?

Die verbleibende Möglichkeit sei, wertvolle Kunstwerke nur noch in einem umfriedeten, abgeschlossenen Bereich aufzustellen oder in Bereichen, die durchgehend stark frequentiert sind und somit einer sozialen Kontrolle unterliegen. In Mannheim wurden Kunstwerke, die das Interesse von Dieben geweckt hatten, nach erfolglosen Übergriffen noch stärker verankert und technisch gesichert, berichtet Ittemann.

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Ein konkreter, dauerhafter Anstieg der Fallzahlen von Metalldiebstählen in der Region, beziehungsweise Diebstählen auf Friedhöfen im Allgemeinen, lässt sich nach Auskunft der beiden Polizeipräsidien in Mannheim und Ludwigshafen statistisch nicht feststellen. Das liegt aber daran, dass die Deliktart in der Kriminalstatistik nicht explizit erfasst wird.

Über die Täter hat die Polizei dabei nur wenige Erkenntnisse. „Auf den Diebstahl folgt erfahrungsgemäß oft eine Verwertungstat. Das heißt, dass das Metall eingeschmolzen und weiterverkauft wird. Da man so den Originalzustand verändert, erschwert das die Nachverfolgung“, sagt eine Sprecherin des Präsidiums Rheinpfalz.

Wer sind die Abnehmer? - Stadt Ludwisgahfen vermutet vereinzelt „schwarze Schafe“ unter den Schrotthändlern

Hinweise auf die Abnehmer des gestohlenen Metalls liegen den Polizeipräsidien nicht vor, wie eine Sprecherin der Mannheimer Polizei sagt. Die Stadt Ludwigshafen vermutet, dass es „neben den vielen professionell und seriös arbeitenden Schrotthändlern offensichtlich immer noch vereinzelte schwarze Schafe gibt, die derartige Metallgegenstände annehmen“.

Um es gar nicht erst zum Diebstahl kommen zu lassen, geben Kommunen und Polizei Tipps. Die Stadt Mannheim rät ihren Bürgern, wertvollere Gegenstände keinesfalls nur an oder auf die Gräber zu stellen, sondern fest zu verankern, am besten auf einem Sockel. „Dies verhindert zumindest die ,leichte’ Mitnahme“, so Kevin Ittemann. Die Mannheimer Polizei und die Stadt Ludwigshafen gehen so weit und raten dazu, gar nicht erst wertvolle Gegenstände oder Metalle an Gräbern anzubringen. In Ludwigshafen seien dafür eigens die Grabgestaltungsvorschriften gelockert worden, erklärt Florian Bittler.

Diese Tipps gibt die Polizei, um sich gegen Metallplünderer auf Friedhöfen zu wappnen

Die Polizei Ludwigshafen verweist auf moderne Technologien wie Bewegungsmelder, Alarmanlagen und GPS-Tracking, um die Gegenstände im Falle eines Diebstahls schnell wieder zu finden. Kommunen sollten auf eine ausreichende Beleuchtung von Friedhöfen und Kunstwerken achten, damit „dunkle Ecken“ vermieden werden. Auch die Installation einer Videoüberwachung könne unter Beachtung der Rechtslage eine Möglichkeit sein.

Ihren Grabschmuck sollten Privatpersonen zudem fotografieren, um ihn einwandfrei zuordnen zu können, sollten doch mal Täter vor dem Einschmelzen des Diebesguts gefasst werden, rät die Ludwigshafener Polizei. Leider ist das eher die Ausnahme. Und so wird wohl auch der Verbleib des „Radfahrers“ ein Rätsel bleiben.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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