Mannheim. Seit 2004 lag es im Verbindungskanal unterhalb vom Parkring – aber nun sind seine Tage gezählt: Das frühere Landungsboot „Zander“ der Bundesmarine, das zuletzt als schwimmendes Vereinsheim der Marinekameradschaft diente, muss wohl verschrottet werden. Einbrecher, vermutlich Buntmetalldiebe, haben auf dem Boot gewütet, wodurch dann Wasser eindrang.
„Wir waren überaltert"
„Es ist von vorne bis hinten alles verwüstet“, seufzt Gotthard Hauser, zuletzt Erster Vorsitzender der Marinekameradschaft und nun ihr Liquidator. Der Verein, der zuletzt etwa 50 Mitglieder zählte, hat nämlich schon 2018 seine Auflösung beschlossen. Sie ist aber juristisch noch nicht ganz vollzogen.
Es ist von vorne bis hinten alles verwüstet
„Wir waren überaltert, es kam kein Nachwuchs mehr“, bedauert der letzte Vorsitzende des 1895 gegründeten Vereins. Der bestand nicht nur aus ehemaligen Marinesoldaten, sondern vereinte lange viele Mannheimer mit maritimen Interessen, richtete jährlich ein sehr gut besuchtes Labskausessen aus, wirkte bei Hafenfesten mit und pflegte die Verbindung zur Besatzung der S 66 „Greif“, dem Patenboot der Stadt bei der Bundesmarine. Aber das ist auch 2005 außer Dienst gestellt worden.
Als Vereinsheim diente der Marinekameradschaft lange das frühere Landungsboot. Es verfügte über einen in Mannheim hergestellten MWM-Motor, war Mitte der 1960er Jahre von der Howaldt-Werft in Hamburg gebaut und als L 769 „Zander“ vom ersten Landungsgeschwader der damaligen Bundesmarine für die Verteidigung der dänischen und der deutschen Ostseeküste eingesetzt worden. Das Landungsboot konnte Minen legen oder bis zu drei Panzer – etwa den Flugabwehrpanzer „Gepard“ – tragen. Im Zuge der Reduzierung der Bundeswehr ab den 1990er Jahren verzichtete die Marine jedoch auf fast alle Landungsboote. Einige wurden an Griechenland verkauft, andere abgewrackt. Nur eines (!) von einst 22 Booten ist noch nicht ausgemustert.
Vom „Biber“ leergepumpt
Die „Zander“ kam 2004 nach Mannheim und erhielt – mit offizieller Taufe per Champagnerflasche – einen neuen Namen: „Götz von Mannheim“. Schließlich hatte der mit dem Bloomaulorden geehrte Unternehmer Rolf Götz, bis zum Ruhestand als Fregattenkapitän der Reserve und Navigationsoffizier noch oft im Auslandseinsatz für die Deutsche Marine, mit seinen guten Verbindungen dafür gesorgt, dass das ausgemusterte Landungsboot zur Marinekameradschaft kam. Aber nach der Auflösung der Marinekameradschaft hatte auch er keinen Kontakt mehr.
Das 40 Meter lange, 8,80 Meter breite, schwimmende Vereinsheim lag zuletzt fest vertäut unbeachtet abseits an einer vom Hafenbetrieb nicht frequentierten Stelle im Verbindungskanal, wo es auch niemand störte. Der in Auflösung befindliche Verein zahlte weiter die Liegegebühr. In der vergangenen Woche beobachteten Hafenarbeiter aber plötzlich, dass das Schiff absackte, weil offenbar Wasser eindrang.
„Wir haben den Eigentümer dann aufgefordert, etwas zu unternehmen“, sagt Hafendirektor Uwe Köhn. Doch schnell war ihm klar, dass Gefahr im Verzug ist und die Experten vom Hafen selbst eingreifen müssen. Schließlich sei durch Tröpfchenbildung an der Wasseroberfläche „ein minimaler Austritt von Betriebsstoffen“ zu sehen gewesen.
Daraufhin fuhr die „Biber“, das Arbeits- und Baggerschiff der Mannheimer Hafengesellschaft, in den Verbindungskanal. Sie pumpte den „Zander“ leer. Die Hafenarbeiter stellten dann fest, dass ein Ventil geöffnet und entwendet wurde, weshalb das Wasser eindrang. „Unsere Leute haben das dann selbst hergestellt und wieder draufgeschraubt“, berichtet Uwe Köhn.
Anfrage an Museen erfolglos
In dem Landungsboot ist nach seinen Worten kein Öl mehr drin, da es ja nicht fahrbereit ist. Der Austritt anderer Betriebsstoffe sei „nur minimalst“ gewesen. Die Hafenmitarbeiter hätten den Zugang gesichert. „Es geht nun keine Gefahr mehr davon aus“, so Köhn. „Derzeit ist alles stabil, wir haben die Situation bereinigt“, betont er. Er habe aber „die Eigentümer aufgefordert, sicherzustellen, dass keine Unbefugten mehr Zutritt erhalten und der Verbleib des Boots geklärt wird“, erklärt der Hafendirektor.
Die Wasserschutzpolizei ermittelt jetzt wegen Metalldiebstahl. „Da sind irgendwelche Leute eingebrochen und haben alle Edelmetalle geklaut, Kupfer und Messing, was abzuschrauben war“, beklagt Gotthard Hauser. Deshalb sei auch das Ventil entwendet worden und dadurch Wasser in den Maschinenraum eingedrungen. „Da wurde viel demoliert“, so Hauser.
10 000 Liter Schwarzwasser
Was mit dem Landungsboot passieren solle, wisse er nicht. Vergeblich habe der in Auflösung befindliche Verein versucht, ein Museum – etwa das Technik Museum Speyer – oder ein Marinemuseum dafür zu interessieren. Das Boot ist demilitarisiert, es fehlt also sämtliche Bewaffnung, und auch die Technik ist stillgelegt – es sollte ja nur noch schwimmendes Vereinsheim sein.
Derzeit ist alles stabil, wir haben die Situation bereinigt
„Vermutlich werden wir es verschrotten müssen“, bedauert der Liquidator des Vereins, aber auch das ist mit Kosten verbunden, für die gar keine Mittel da sind. Schließlich müsste der „Zander“ abgeschleppt, auseinandergeschweißt und müssten mögliche Schadstoffe entsorgt werden. Laut Köhn ist zum Beispiel der Fäkalientank noch gefüllt – bei der Marine nannte man das offiziell „Schwarzwasserzelle“. Sie fasst 10 000 Liter.
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