"Gipfel der Metropolregion"

OB Steinruck: Ludwigshafen stehen bei Finanzen "grausame Dinge" bevor

Schulden, Rheinbrücken, Stau: Die Oberbürgermeister von Mannheim, Ludwigshafen und Heidelberg diskutieren beim "Gipfel der Metropolregion" über die Themen, die die Region bewegen. Es fallen teils drastische Worte.

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Julian Eistetter und Sebastian Koch
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Der "Gipfel der Metropolregion" im Technoseum. Von links: Bernhard Zinke (Teamleiter der Redaktion Metropolregion), Oberbürgermeister Eckart Würzner (Heidelberg), Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (Ludwigshafen), Oberbürgermeister Christian Specht (Mannheim) und  Florian Karlein (Teamleiter der Redaktion Mannheim) © © Christoph Bluethner

Mannheim. Ludwigshafens Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (parteilos) hat beim "Gipfel der Metropolregion" des "Mannheimer Morgen" am Donnerstagabend im Technoseum angekündigt, dass ihr Amtsnachfolger aufgrund der finanziellen Lage der Stadt „grausame Dinge“ angehen müsse.

Falls die finanzielle Forderungen an die Stadt auf dem jetzigem Niveau bleibt, müsste die soziale und kulturelle Infrastruktur weiter "auf 0" zurückgefahren werden, erklärte Steinruck in der Diskussionsrunde mit Mannheims Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) und Heidelbergs Rathauschef Eckart Würzner (parteilos) und forderte deshalb eine Lösung der Altschuldenregelung.

Jutta Steinruck fordert mehr Unterstützung von Bund und Land

Steinruck kritisierte die mangelnde Unterstützung für städtische Finanzen. Dass Ludwigshafen so hoch verschuldet ist, läge nicht daran, „dass wir auf großen Fuß leben“, sagte die Parteilose. Stattdessen müssten Kommunen „seit Jahren“ Mehrausgaben für Aufgaben stemmen, die ihnen von Bund und Land auferlegt würden. Wenn man Kommunen Aufgaben übertrage, müssten die für diese auch unterstützt werden. Es dürfe nicht sein, dass eine Stadt bei sowieso klammen Sportvereinen kürzen müsse, „weil die Aufsichtsbehörde uns zwingt, jedes Jahr 10 Millionen im Haushalt einzusparen“, kritisierte Steinruck.

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Klare Worte beim Gipfel der Metropolregion

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Das führe zu einem Demokratieverdruss, den die Ludwigshafener Oberbürgermeisterin bereits jetzt wahrnehme. "Wenn wir Schwimmbäder schließen müssen, wenn wir keinen Sport mehr treiben können, wenn Kinder keine Bibliothek mehr haben, um Bücher auszuleihen, dann läuft dieses Land vor die Wand."

Mannheims OB Christian Specht spricht sich gegen Generalstreik der Kommunen aus

Specht sprach sich gegen einen Generalstreik von Kommunen aus, den Würzner angesichts der finanziellen Situation der Kommunen jüngst ins Spiel gebracht hatte. Man müsse aufpassen, dass nicht der Eindruck entstehe, die Kommunalpolitik würde Verantwortung allein auf Land und Bund abschieben.

Viel los beim "Gipfel der Metropolregion" des Mannheimer Morgen. © © Christoph Bluethner

Der Mannheimer Oberbürgermeister forderte stattdessen auch bei Kommunen in der Frage, was diese sich leisten könnten und was nicht, einen Bewusstseinswandel. Specht verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass Steuereinnahmen derzeit auf hohem Niveau seien. Diese gelte es, richtig einzusetzen, sagte der CDU-Politiker.

Eckart Würzner kritisiert: In der Vergangenheit Finanzierung zu häufig vernachlässigt

Würzner erklärte, es sei nicht die Frage, ob es einen Generalstreik von Kommunen gebe oder nicht. Vielmehr müsse man sich für einen faireren Umgang von Bund, Ländern und Kommunen engagieren. Die Anforderungen an Kommunen durch Bund und Länder seien in der Vergangenheit immer weiter gestiegen. Gleichzeitig hätten alle Städte in Deutschland Finanzprobleme, was in diesem Umfang vor einigen Jahren so noch nicht gewesen sei, sagte Würzner, der auch stellvertretender Präsident des Städtetags ist.

Der Parteilose kritisierte, in der Vergangenheit sei bei Projekten zu häufig die Finanzierung vernachlässigt worden. „Wir sind nicht mehr in der Lage, die Infrastruktur und die Finanzierung der Daseinsvorsorge so zu finanzieren, wie wir es sollten“, sagte Würzner und forderte auch die Kommunen zu einer „ehrlicheren“ Politik auf. „Wir dürfen nicht mehr so viel versprechen.“

Specht zu Verkehrsproblemen: Konzeptstudie für Seilbahn muss wieder auf den Tisch

Bei der Lösung der Verkehrsprobleme in der Metropolregion Rhein-Neckar setzt der Mannheimer Oberbürgermeister Specht auf eine Seilbahn zwischen Mannheim und Ludwigshafen. Entsprechende Konzeptstudien des Verkehrsverbunds Rhein-Neckar (VRN) müssten spätestens dann aus der Schublade geholt werden, wenn die maroden Rheinbrücken zwischen beiden Städten umfassend saniert werden, sagte Specht am Donnerstagabend vor mehr als 200 Besuchern im Mannheimer Technoseum.

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An beiden Bauwerken – der Konrad-Adenauer- und der Kurt-Schumacher-Brücke - waren Ende 2024 zunehmende Schäden festgestellt worden, die ein Tempolimit und Abstandsgebot für Lkw zur Folge hatten. „Eine Punkt-zu-Punkt-Seilbahn zwischen Mannheim und Ludwigshafen wird wieder Thema werden“, kündigte Specht an.

Forderung nach dritter Rheinquerung für Specht nur "Scheindiskussion"

Die immer wieder aufkommende Forderung nach einer dritten Rheinquerung zwischen Mannheim und Altrip nannte Specht eine Scheindisskussion. „Die wird die aktuellen Verkehrsprobleme nicht lösen.“ Wenn es dennoch einen eindeutigen politischen Willen gebe, sei die Wiederaufnahme der Planungen nicht unmöglich. Das übersteige aber die Kräfte der Städte, da für die Realisierung der Vorzugstrasse einem Europäischen Landschaftschutzgebiet im Norden Altrips der Status entzogen werden müsse. Naheliegender als eine Brückenlösung könnte in diesem Zusammenhang ein Tunnelbau unter dem Rhein hindurch sein, weil dieser weitaus weniger einschneidend sei als eine Brücke.

Ludwigshafens OB Steinruck richtete den Blick auf das Mobilitätsverhalten jedes einzelnen. „Die Menschen müssen in ihrem Kopf etwas ändern“, sagte sie. Mit Carsharing, Nahverkehr oder Fahrrad gebe es ausreichende Möglichkeiten, die Staus auf den Rheinbrücken zu umfahren. Gleichzeitig betonte sie, dass Staus ein Symptom einer funktionierenden Wirtschaft seien. „Es gibt keine wirtschaftlich florierende Stadt in der Welt ohne Staus. Ich würde mir Sorgen machen, wenn wir irgendwann keine Staus mehr zur BASF oder nach Mannheim haben.“

Steinruck lobt Zusammenhalt der Metropolregion bei Hochstraßen-Problemen

Im Zusammenhang mit den maroden Hochstraßen in Ludwigshafen lobte Steinruck den Zusammenhalt in der Metropolregion Rhein-Neckar. „Ich habe mich bei der Bewältigung der Herausforderung nicht alleingelassen gefühlt.“ Ganz konkrete positive Auswirkungen habe die Metropolregion Rhein-Neckar auf den zügigen Neubau der Hochstraße Süd gehabt, der derzeit läuft. Ludwigshafen profitiert dabei vom Planbeschleunigungsgesetz des Bundes, mit dem ein langwieriges Planfeststellungsverfahren umgangen werden konnte. „Das hätten wir als Ludwigshafen allein nicht geschafft.“

Genau in diesen langen bürokratischen Planungsprozessen für große Infrastrukturprojekte sieht Eckart Würzner ein großes Problem. „Wir haben allein Planungsphasen von zehn bis 15 Jahren, das sind Zeiträume, die man sich gar nicht vorstellen kann“, sagte er. Es bestehe also eine große Diskrepanz zwischen dem Bedarf an großen Infrastrukturmaßnahmen und den Zeiträumen, in denen sie tatsächlich realisiert werden können.

Mannheim und Ludwigshafen planen gemeinsame Brückengesellschaft

Um Fachwissen und Expertise zu bündeln, denken Mannheim und Ludwigshafen über eine gemeinsame Brückengesellschaft nach, wie Christan Specht erklärte. „Die Ludwigshafener haben mit ihrer Bauprojektgesellschaft für den Bau der Hochstraßen etwas tolles geschaffen“, sagte Specht. Diese Kompetenz will er auch für die Probleme in Mannheim und das erforderliche Sanierungspaket nutzen. In beiden Landeshauptstädten werde dieses Vorhaben noch kritisch betrachtet. „Dennoch sind wir zuversichtlich, dass wir es hinbekommen.“

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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