Rhein-Neckar. Es ist eine Diskussion, die zur Metropolregion gehört wie die Gondoletta zum Luisenpark. Sobald es im Rhein-Neckar-Delta verkehrsmäßig irgendwo hakt und quietscht, folgt die Forderung nach einer dritten Rheinquerung südlich von Ludwigshafen. „Altrip“ schallt es dann durch die Rheinebene wie ein Echo durchs Tannheimer Tal.
Tausende Zeilen sind dazu seit den 1950er Jahren in Redaktionen geschrieben worden, Hunderte Stellungnahmen wurden abgedruckt, Dutzende Widersprüche erörtert und es existierte sogar mal ein Planungsverfahren. Eines gab es jedoch nie - einen Baustart. Und dafür gab es Gründe, die auch in Zukunft noch gelten. Fest steht: Selbst im Jahr 2050 wird es vom einst durch die Römer gegründeten Altrip keine weitere Brücke für den motorisierten Individualverkehr über den Fluss Richtung Mannheim geben. Aber warum reden wir darüber eigentlich schon wieder, wo das in Altrip eher unbeliebte Projekt doch schon seit dem Jahr 2003 aus dem Bundesverkehrswegeplan gestrichen ist und bei der letzten Regionalplanung 2013 auch nicht wieder eingezeichnet wurde.
Vorhandene Rheinbrücken zwischen Mannheim und Ludwigshafen sind marode
Nachdem im Dezember 2024 festgelegt worden ist, dass aus Gründen der Standsicherheit auf beiden Rheinbrücken zwischen Ludwigshafen und Mannheim nur noch mit Tempo 30 gefahren werden darf und Lastwagen 50 Meter Abstand halten müssen, zuckten in den kleinen und großen Unternehmen rechts und links des Rheins nicht wenige erneut zusammen.
Ein Statement von Manfred Schnabel, Präsident der Industrie- und Handelskammer Rhein-Neckar, legte vergangenen Mittwoch dann denn den üblichen Reflex offen: „Die aktuellen Probleme wären geringer, hätte sich die Region vor Jahren für eine dritte Rheinquerung entschieden“, so Schnabel, der hinzufügte, dass ein Gutachten aus dem Jahr 2010 zeige, dass eine dritte Rheinquerung sowohl für die umliegenden Betriebe wie auch volkswirtschaftlich rentabel sei. „Wir unterstützen diese Idee weiterhin“, schließt er.
Optimierung der Autobahnen in der Rhein-Neckar-Region als mittelfristige Hilfe
Allein: Diese Idee verfolgt gar niemand - weder in den betroffenen Städten noch beim Rhein-Pfalz-Kreis und auch nicht im Verband Metropolregion Rhein-Neckar, wie eine Recherche dieser Redaktion zeigt. Schon gar nicht setzt sich in den beiden Landesregierungen von Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg jemand für einen vordringlichen Bedarf ein. Irene Feilhauer, Pressesprecherin im Karlsruher Regierungspräsidium, bringt es auf den Punkt: „Eine dritte Rheinquerung bei Altrip ist nicht im aktuellen Bundesverkehrswegeplan 2030 (BVP) des Bundes und auch nicht im Maßnahmenplan des Generalverkehrsplans des Landes enthalten. (...) Unseres Wissens gibt es im Verkehrsministerium Baden-Württemberg keine Aktivitäten für eine Anmeldung eines entsprechenden Vorhabens. Über weitere Dispositionen für den Zeitraum nach 2030 müsste daher im Rahmen der Neuaufstellung des (nächsten) Bundesverkehrswegeplans entschieden werden.
Das weiß auch Jürgen Vogel, Hauptgeschäftsführer der IHK Pfalz, der seinen Kollegen Schnabel in dessen Ansichten trotzdem unterstützt, aber auf weitere Dinge verweist, die seiner Ansicht nach mittelfristig verbessert werden müssten. Es geht um die Umfahrung der Innenstädte. Er spricht vom Desiderat eines sechsstreifigen Ausbaus von Autobahnabschnitten in der Region. Er nennt A6, A61 und A67, wo ein schnellerer Abfluss des Verkehrs möglich gemacht werden müsse. Er erinnert daran, dass auch die Rheinbrücke bei Frankenthal auf der A6 irgendwann saniert werden müsse. Er erwähnt eine bessere Baustellenkoordination und zählt somit eine Fülle von Dingen auf, die dazu dienen könnten beziehungsweise sollen, die neuralgischen Punkte zwischen Mannheim und Ludwigshafen nicht weiter zu belasten.
Neue Rheinbrücke: Mancher klammert sich an eine Fußnote im Flächenplan
Eine weitere Rheinbrücke bei Altrip galt einigen Wirtschaftsvertretern und Politikern schon seit Jahrzehnten immer wieder als bester Ausweg, wenn über Entlastung und neue Trassen gesprochen wurde. So tat es beispielsweise auch Ludwigshafens Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck im November 2019, als sich die Hochstraßenkrise zuzuspitzen begann. Und womöglich ist es eine nach wie vor existierende Fußnote, die für die allzeit wiederkehrende Forderung verantwortlich ist: Denn: Altrip schrieb während der Corona-Zeit seinen Flächennutzungsplan fort und wollte ein Neubaugebiet erweitern. Deshalb wurde der Verband Metropolregion Rhein-Neckar um eine Stellungnahme gebeten. Dieser meldete Bedenken an - wegen einer eines Tages eventuell doch zu beschließenden Rheinquerung müsse der Platz frei bleiben ...
Der seit 2010 amtierende Direktor des Verbandes Region Rhein-Neckar, Ralph Schlusche ist aber sicher: „Mittelfristig löst die Planung einer weiteren Rheinbrücke kein Problem und es ist ein dickes Brett.“ Die beteiligten Gebietskörperschaften müssten es zunächst mal einheitlich wollen, sagt er. Dann müssten es die Länder anmelden. Anschließend müsste es der Bund priorisieren, wovon nicht auszugehen sei, wenn die Devise dort Sanierung vor Neubau heiße und 80 Prozent der Rheinbrücken in einem schlechten Zustand seien. Fakt ist: Vor 2030 wird es keinen neuen Bundesverkehrswegeplan geben. Und insofern auch keine Willensbekundung für eine neue Brücke. Rechnet man Planungs- und Bauzeit hinzu, ist 2050 lange vorbei - und Schnabel im Ruhestand.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/metropolregion_artikel,-metropolregion-dritte-rheinbruecke-zwischen-mannheim-und-altrip-bleibt-eine-utopie-_arid,2277184.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html
[2] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.mannheimer-morgen.de/metropolregion_artikel,-metropolregion-schaeden-an-beiden-rheinbruecken-zwischen-mannheim-und-ludwigshafen-_arid,2268038.html
[3] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.mannheimer-morgen.de/metropolregion_artikel,-metropolregion-logistiker-ueber-tempo-30-fuer-lkw-auf-maroden-rheinbruecken-_arid,2275346.html
Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Rheinbrücken zwischen Mannheim und Ludwigshafen: Es braucht Tragfähiges