Mannheim. Jung, irgendwie zeitgemäß und erfolgreich, nämlich ausverkauft über Nacht - so startet das Mannheimer Schatzkistl am 12. September in seine 26. Spielzeit. Der erste Abend der Saison 2023/24 gehört einem in Neustadt an der Weinstraße heimisch gewordenen Nordlicht und „Beerfluencer“ Clemens Brock. Ihm folgen auf TikTok 1,7 Millionen Konten. Dafür klingt der Titel der Vorpremiere seiner ersten Tournee recht bodenständig: „Der Vadda live“. Aber das ist nur das erste Highlight in der bis 26. Mai durchgeplanten Spielzeit.
Termine im Schatzkistl schnell ausverkauft - dank einer etablierten Fanbase
Brock ist ein repräsentativ für das aktuelle Programm der Kleinkunstbühne: „Viele Künstler, besonders Newcomer, haben die Corona-Pause genutzt, sich auf Social Media eine enorme digitale Präsenz aufzubauen“, erklärt Programmgestalter Martin Heiler. „Diese Beharrlichkeit, Durchhaltevermögen und Zuversicht zahlen sich nun aus.“ Stand-up- Comedians wie Serdar Karibik (16.11., ausverkauft), Philipp Uckel (4.11., 21.12.), Jan Preuss (30.9., 17.5.) und Alex Stoldt (20.1.) hätten ihren regulären Termin dank ihrer auf diese Weise etablierten Fanbase „im Nu ausverkauft, so dass wir zahlreiche Zusatztermine anberaumen konnten“. Im Doppelpack zu sehen sind auch bewährte Kräfte wie Ingmar Stadelmann (9./10.11.), Schöne Mannheims mit „Es wird ja immer schöner“ (22./23.11.) oder Markus Barth (2./3.2.)
Es gibt auch ansonsten nicht nur neue Gesichter: „Trotz der Pausen konnten beliebte Reihen wie „Flamenco Pasión - Silke Beck y Compañeros“, die Schatzkistl Burlesque-Nacht mit Fanny di Favola und wechselnden Gästen oder die beliebte Kindertheater-Reihe halten.“ Besonders Letzteres habe viel Geduld und Gespräche erfordert, um den Eintritt trotz gestiegener Kosten stabil halten zu können. Erstmals seit 2020 wird das beliebte „Dinner for One … wie alles begann“-Stück als Dinnershow angeboten. Die teilweise selbstproduzierten Theaterstücke halten sich stabil im Programm (zum Beispiel „Achterbahn“, „Ehe im Lockdown“, „Iwwa de Brick“ u.a.).
Das Spektrum der Gastspiele reicht von der stimmstarken Liedermacherin (und promovierten Demenz-Expertin) Sarah Straub (18.11.) bis zu bodenständigen Stand-up-Urgesteinen wie u.a. Maddin Schneider (1.12.) und Ausbilder Schmidt (3.11., 9.3.). Regionale Größen kommen auch weiterhin zum Zug: Etwa Daniel Helfrich (23.9.), Toby Käp (30.11.), Katja & Rüdiger (14.12.), Anna Krämer (16.2.), die Spitzklicker (18./19.2.) oder Arnim Töpel (20.4.). Das Schauspieler-Paar Sarah und Samuel Koch zeigt ihr musikalisches Hörspiel „Das Kuscheltier-Kommando“ (16.12.). Die Wahl-Mannheimerin ist als Sängerin zuvor mit ihrem hochgelobten Gesangsprogramm „Bittersüßes Finsterlicht“ im Schatzkistl zu erleben (27.10.)
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Steigende Kosten bereiten den Machern im Schatzkistl weiter Sorgen
Besonders auffällig sei beim „Post-Corona-Booking“, „dass wir viel weiter im Voraus planen müssen“, sagt Heiler. Die Terminanfragen lägen immer weiter in der Zukunft, teilweise bis zu drei Jahre. „Es fühlt sich für uns so an, als gebe es den Künstlerinnen und Künstlern Sicherheit, so viele Termine im Kalender zu wissen.“ Leider hätten auch ein paar wenige ihre Bühnenkarriere aufgeben müssen und sich beruflich neu orientiert. Von schmerzlichen Verlusten wie den verstorbenen Hugo Steegmüller und Madeleine Sauveur nicht zu reden, die das Schatzkistl-Repertoire jahrzehntelang mitgeprägt haben. Beide hinterlassen Lücken nicht nur im Programm.
Große Sorgen bereiten den Machern weiterhin die enorm gestiegenen und weiter steigenden Kosten in allen Bereichen, besonders auffällig beim Technikpersonal. „Sie sind nur durch die institutionelle Förderung der Stadt, unsere langjährigen Sponsoren und den Förderkreis abzufangen“, erklärt Theaterleiter Peter Baltruschat. „Wenn sich diese Spirale in der bisherigen Geschwindigkeit weiterentwickeln sollte, wird es trotz ausverkauften, oder gut ausgelasteten Veranstaltungen, mittelfristig ein Ritt auf Messers Schneide. Deshalb werden wir uns in nächster Zeit, ergänzend zu den künstlerischen Aufgabenbereichen, verstärkt um neue Partner und Unterstützer kümmern.“ Ein Weg zu mehr Sichtbarkeit: Das ebenfalls von Baltruschat geleitete Kulturnetz Mannheim Rhein.Neckar veranstaltet im Schatzkistl groß gewordene Kreative wie Daphne de Luxe (9.9.), Masud Akbarzadeh (15.9.), Alain Frei (6.10.) und erstmals auch Serdar Karibik (11.4.) weiterhin auch im größeren Capitol.
Die Vorstellungen beginnen in der Regel um 20 Uhr, sonntags um 17 Uhr. Mehr unter schatzkistl.de
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