War es nicht erst vor ein paar Wochen, dass man sich gesehen, gesprochen hat? Die Zeitabläufe - sie verschwimmen in Corona-Zeiten, wo so viele Konstanten fehlen. Es war tatsächlich im Juli. Da deutete nichts darauf hin, dass so eine Nachricht kommen würde. Doch nun ist Hugo Steegmüller im Alter von knapp 73 Jahren überraschend gestorben und damit ein Künstler verstummt, der über Jahrzehnte hinweg tausende von Menschen einfach gut unterhalten, zum Mitsingen, Mitsummen, zum Schwelgen und zum Schmunzeln gebracht hat.
Dabei hatte der Ilvesheimer einen ganz anderen Beruf erlernt. Nach einer Elektromechaniker-Lehre studierte er Nachrichtentechnik und Pädagogik, war lange als Berufsschullehrer tätig. Aber privat galt seine Liebe der Musik. Daher entschloss er sich zudem zu einem Gesangsstudium bei Theo Lienhard und Edith Jaeger. Die berühmte, 2007 verstorbene Gesangspädagogin bildete an der Musikhochschule, der Städtischen Musikschule und der Mannheimer Abendakademie viele Menschen in Gesang und Gestik aus. Die „Klasse Edith Jaeger“ stand in Mannheim lange für Qualität und absolvierte viele Auftritte.
33 Mal auf der Seebühne
An der Musikschule lernte Hugo Steegmüller 1974 seine Frau Regina kennen, und der erste gemeinsame Auftritt war bei der Mannheimer Bundesgartenschau 1975 auf der Seebühne im Luisenpark. Vor rund 30 Jahren eroberte das Ehepaar dann nach und nach die Bühnen der Region, vom Prinzregenten Theater Ludwigshafen, über das Oststadt-Theater und die Musikbühne Mannheim Astoria oder als gefeierter vornehm-huldvoller Kaiser Franz im „Weißen Rössl“ im Capitol Mannheim. Das Ehepaar sang auf Kreuzfahrtschiffen und 33 Mal (!) auf der Seebühne, und er wirkte bei unzähligen weltlichen und auch geistlichen Konzerten im In- und Ausland (Toulon/Frankreich und Klaipeda/Litauen) mit.
Aber die leichte Muse war seine große Stärke - Schlager, Evergreens, Filmmelodien, Wiener Lieder, eben all die populären, nostalgischen Melodien, die viele Menschen einfach immer wieder gerne hören.
Die zum Mannheimer Stadtjubiläum 2007 einstudierte Revue „Alla gut!“, eine höchst vergnügliche musikalisch-humoristische Liebeserklärung an die Quadratestadt, lockte in über 240 Vorstellungen mehr als 22 000 Besucher an. Mit seiner Frau bildete Hugo Steegmüller ein perfektes Duo, das sich herrlich ergänzte - beide Garanten guter Unterhaltung, wunderbare Volksschauspieler und sehr gute Sänger. Dabei war er ein stets warmherzig-galanter Charmeur, sie wiederum schlagfertig-witzig. Ein Abend mit dem Duo machte einfach Spaß, ihre Harmonie wirkte nie gespielt. Das Schatzkistl wurde ihr „Wohnzimmer“, hier entstanden viele beliebte Produktionen wie die Komödie „Nierentisch & Caprifischer: Mannem in de 50er“, die Operettenkomödie „Es muss was Wunderbares sein“, die Stücke „Freie Fahrt ins Glück“ oder „Tandem für drei“.
2020 hatte das Ehepaar langsam an Rückzug gedacht, aber noch die Szenische Lesung „Alte Liebe“ nach dem Roman von Elke Heidenreich und Bernd Schroeder einstudiert. Darin geht es um ein älteres Ehepaar, das noch Neues erleben, nicht nur rückwärtsgewandt bleiben will. Beide hatten das mit großer Leidenschaft nicht nur gespielt, sondern verkörpert. Traurig, dass ihnen dazu nun keine Zeit mehr vergönnt war.
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