Kommentar Robbie Williams – ein angeheirateter Zionist?

Die Konzertabsage in Istanbul erweckt den verheerenden Eindruck, dass inzwischen jede Verbindung zu Israel ausreicht, um aus vorauseilendem Gehorsam Veranstaltungen abzusagen.

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Jörg-Peter Klotz
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Wie verrückt die Zeiten sind, merkt man auch daran, dass manche Nachrichten erstmal nur noch ein Achselzucken auslösen. Wenn in Istanbul ein Konzert von Robbie Williams wegen Sicherheitsbedenken abgesagt wird, ist ja niemand körperlich zu Schaden gekommen, man muss nicht um die Sicherheit von Flughäfen, Energieversorgung oder Reaktorsicherheit bangen, es rollt keine Angriffswelle. Eine Randnotiz …

Aber Stopp: Da rollt sehr wohl eine Angriffswelle in einem von mehreren sich überlappenden Kulturkriegen. Natürlich geht aus den vorliegenden Meldungen nicht hervor, wie konkret die Bedrohungslage gegen das Konzert war. Mit Vorwürfen gegen die türkischen Behörden muss man also vorsichtig sein – zumal bei einer fünfstelligen Besucherzahl auf dem noch relativ unerprobten Veranstaltungsgelände Ataköy Marina die Regressforderungen theoretisch in Millionenhöhe auflaufen könnten. Da sollte es sich um keine leichtfertige Entscheidung handeln. In Deutschland wäre für eine Konzertabsage schon so etwas wie eine explizite Bombendrohung erforderlich – wie zum Beispiel bei Rock am Ring 2017.

Aber schon der Anschein, den der Vorgang in Istanbul erweckt, ist verheerend: Es scheinen offenbar ein paar propalästinensische Proteste im Internet auszureichen, um eine große Kulturveranstaltung zu kippen. Die ausgerechnet am Jahrestag des Hamas-Terrormassakers in Israel stattfinden sollte. Der Tenor der Kritik: Robbie Williams sei Zionist. Begründung: Er ist mit einer Jüdin verheiratet. Zudem sei der Popsänger, der innerhalb seiner Erfolgsliga so ziemlich der unpolitischste Vertreter seiner Zunft ist, in Israel aufgetreten (2015 und 2023) und habe sich nie gegen das Wüten der israelischen Armee in Gaza ausgesprochen.

Der Vorgang öffnet der Cancel Culture weitere Türen, die von der Boykottbewegung BDS einst angestoßen wurden und die immer mehr Nachahmer findet.

Wenn diese Art von Kontaktschuld oder mangelnder Bekenntnisswille eines reinen Unterhaltungskünstlers in hochkomplexen weltpolitischen Fragen ausreichen, um Auftritte zu canceln, kann es bald ziemlich leer werden in Konzertarenen. Dass in der Türkei diesem Eindruck bislang niemand mit einem offiziellen Statement entgegenwirkt, ist schon erstaunlich. Und öffnet der Cancel Culture weitere Türen, die von der Boykottbewegung BDS einst angestoßen wurden und die immer mehr Nachahmer findet – bis in die USA unter der Präsidentschaft Donald Trumps, allerdings mit der Stoßrichtung auf linksliberale Kreative, Moderatoren und zuletzt ganz intensiv Richtung Netflix. Das erinnert so langsam an die Stasi-Methoden der antikommunistisch geprägten McCarthy-Ära, die vor allem in Hollywood von 1950 bis 1955 eine „Zweite rote Angst“ verbreitet hat.

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Mit den Ausladungen von Dirigent Lahav Shan beim Flandern-Festival oder Michel Friedman in Klütz gab es zuletzt auch im bundesdeutschen Kontext schlagzeilenträchtige Beispiele, die massive Störgefühle auslösen müssen. Solchen Entscheidungen muss eine pluralistische Gesellschaft, die Kunst- und Meinungsfreiheit hochhält, entsprechend massiv entgegentreten.

Von daher ist es gut, dass sich Bundeskanzler Friedrich Merz zuletzt entschieden gegen eine Ausladung Israels beim Eurovision Song Contest stellt. Und das bedeutet ja keineswegs, dass man die Politik der Regierung Netanjahu befürwortet. Das hat auch Robbie Williams nicht mal ansatzweise getan.

Ressortleitung Stv. Kulturchef

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