Es gibt angenehmere Entscheidungen, die ein Vorsitzender des Schriesheimer Bundes der Selbstständigen zu fällen hat, als all seine Aktivitäten für den Mathaisemarkt abzusagen. Rolf Edelmann hat es getan. Das ist mutig und richtig. Und es müssen sogar weitergehende Schritte folgen.
Dabei muss man Auswärtigen die Bedeutung des Mathaisemarktes für Schriesheim klarmachen. Für seine Bürger ist die zehntägige, erstmals 1579 gefeierte Veranstaltung Anfang März mehr als ein Fest. Es ist ein Stück Identität, zu vergleichen in etwa mit dem Karneval für Köln. Auf so etwas zu verzichten, das geht ins Mark einer Bürgerschaft.
Und dennoch darf man auch in einem solchen Fall die Realitäten nicht ausblenden. Schon dass man es im Jahre 2020 versucht und den Mathaisemarkt damals gestartet hat, war aus heutiger Sicht falsch. Und dass aus der ersten Mathaisemarkt-Halbzeit 2020 kein regionaler Corona-Hotspot entstand, war reines Glück.
Man erinnere sich an die Worte von Bürgermeister Höfer, die Lage vor Ort sei mit Norditalien nicht vergleichbar; dort seien viele Chinesen tätig, in Schriesheim aber gebe es keine Chinesen. Und Günther Oettinger, Festredner der BdS-Kundgebung, antwortete auf die Frage, wie er sich vor Corona schütze: mit einem zusätzlichen Viertel Schriesheimer Wein. Das alles war keine bewusste Verharmlosung, sondern nur aus heutiger Sicht naiv. Doch heute wissen wir es besser und müssen reagieren.
Ein Festzelt, in dem 1500 Menschen feiern, ein Bierstand im Gewerbezelt, an dem es kein Durchkommen gibt, eine Straußwirtschaft in der Weinscheuer Majer, in der kein Blatt Papier zwischen die Gäste passt – das ist auch im März 2022 undenkbar.
Was also tun? Alles wie immer, nur mit etwas Abstands- und Maskengebot? Mit 3G- oder 2G-Kontrollen? Reine Illusion! Wer will das bei den Feiernden mit ein paar Schoppen Weißherbst im Kopf durchsetzen? Und was würde das für ein Mathaisemarkt 2022 sein – ohne Leistungsschau und ohne seine größte Veranstaltung, die BdS-Kundgebung?
Dann schon lieber noch einmal komplett pausieren und die Zeit nutzen, eine Neukonzeption des Volksfestes zu überlegen, das ja schon vor Corona große Probleme hatte. Und dies zusammen mit der neuen Rathausspitze, die im Februar ihr Amt antritt. Dann würde wirklich gelten können: eine Krise als Chance genutzt.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Pausieren und nachdenken - BdS Schriesheim stoppt Mathaisemarkt-Vorbereitungen
Konstantin Groß zum Mathaisemarkt in Corona-Zeiten