Zwei Stunden, nachdem der Nordturm des World Trade Center in New York eingestürzt war, schottete der damalige Militärpolizeichef Robert Harris „unsere“ US-Gemeinde in der Metropolregion hermetisch von der Außenwelt ab. Niemand durfte mehr aus den Kasernen und den Wohnvierteln heraus, keiner kam von außen mehr hinein. Damals kaum vorstellbar: Bis zum Abzug der Truppen gut zehn Jahre später sollte sich daran nicht mehr viel ändern. Wie stark die Angriffe des 11. September das Verhältnis von Amerikanern und Deutschen in Mannheim und der Metropolregion prägen würden, konnte man in jenen dramatischen Stunden allenfalls ahnen. Heute wissen wir: Nichts war mehr wie zuvor.
In den US-Wohngebieten in Mannheim und Heidelberg konnten sich Deutsche wie Amerikaner vor den Anschlägen völlig frei bewegen. Enge persönliche Freundschaften, Liebesbeziehungen, Familienbande – das war in den 1970er, 80er und 90er Jahren selbstverständlicher Alltag. Die Geschichte der US-Militärgemeinde ist vor allem eine Geschichte der Freiheit: Sie beginnt 1945, wenige Monate nach Kriegsende, mit dem Zuzug der ersten Angehörigen von US-Soldaten nach Mannheim.
Die deutsch-amerikanische Freundschaft wuchs über die Jahre, mit dem einst kultisch verehrten Radioprogramm des Truppensenders AFN, in Jazz-Clubs und Discos, bei den legendären deutsch-amerikanischen Volksfesten rund um den 4. Juli, im Autokino in Friedrichsfeld, bei unzähligen offiziellen Feierlichkeiten und privaten Partys, beim Schüleraustausch und beim Sport. In der Region lebten mehrere zehntausend Amerikaner, alleine die Mannheimer Garnison war mit rund 1000 deutschen Zivilbeschäftigten einer der 25 größten Arbeitgeber der Stadt.
Dass die Truppe auch Krieg führte – davon war in Mannheim, zwischen Frankfurt und Kaiserslautern das Logistik-, Nachschub- und Kommunikationsdrehkreuz des amerikanischen Militärs, kaum etwas zu spüren. Amerikaner und Deutsche gingen ganz casual, zwanglos, miteinander um, wie es unter engen Freunden eben üblich ist. Nach der Schockstarre des 11. September kamen Reduzierung und schrittweiser Abzug der Truppen aus der Region – gewachsene, alltägliche Kontakte wurden seltener. Der freundschaftlichen Verbundenheit zu „unseren“ Amerikanern tat das keinen Abbruch. Aber aus dem unbekümmerten Miteinander früherer Zeiten ist eine bleibende Fernbeziehung geworden, für die sich beide Partner anstrengen müssen.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Deutsch-amerikanische Freundschaft - eine bleibende Beziehung