Kommentar Der Welttag des Stotterns ist ein Tag des Anstoßes

Sebastian Koch zum „Welttag des Stotterns“

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Sebastian Koch
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Heute ist „Welttag des Stotterns“. Keine Sorge – es zählt nicht zur unverzichtbaren Allgemeinbildung, wenn Sie sich dieser Tatsache nicht bewusst waren. Es gibt ständig Welttage. Für Lobby-Verbände und Betroffene dienen sie als Symbol, benötigte Veränderungen anzustoßen.

Für 24 Stunden soll die Aufmerksamkeit – im Idealfall – an diesem Freitag also auf dem Stottern liegen. Das ist schon mal gut. Ob es aber auch wirklich etwas bringt?

Denn genauso hilfreich solche Welttage am Tag selbst sein können, genauso schnell sind sie bei jenen Menschen, die nicht täglich mit der Problematik konfrontiert sind, wohl auch wieder vergessen. Die (Nachrichten)Welt dreht sich weiter – und mit ihr auch der private Alltag, in dem schnell vergessen wird, was man am Welttag noch gehört, gelesen oder gesehen hat und welche Lehren man daraus hatte ziehen wollen.

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Auch der Umgang mit dem Stottern wird sich nicht heute, wird sich nicht an diesem 22. Oktober, nachhaltig verändern. So nimmt etwa die Bundesvereinigung Stottern & Selbsthilfe den Tag zum Anlass, um berechtigterweise über die häufig negativ-konnotierte Verwendung des Begriffs „stottern“ in der Alltagssprache zu diskutieren. Zahlreiche Beispiele zeigen, dass „stottern“ meist im negativen Zusammenhang verwendet wird. Und ja, vielleicht wird heute auch die eine oder andere Dokumentation über das Stottern im Fernsehen gezeigt. Im besten Falle bleibt von diesen Dokumentationen etwas Wissen hängen. Im schlechtesten Falle geht sie im TV-Programm unter.

Ob ein Welttag des Stotterns wirklich hilft, wird sich erst an den 364 anderen Tagen im Jahr zeigen. An diesen vielen Tagen gilt es zu beweisen, dass Vorhaben keine leeren Floskeln sind. An diesen 364 anderen Tagen muss Stotternden die Zeit eingeräumt werden, die sie benötigen. An diesen Tagen müssen sich Nicht-Stotternde ermahnen, Sätze nicht zu beenden, am Telefon nicht aufzulegen und Stotternde in Besprechungen auch zu Wort kommen zu lassen. Auch erst an diesen 364 anderen Tagen wird sich im Übrigen zeigen, wie sensibel wir tatsächlich mit dem Verb „stottern“ in unserer Alltagssprache künftig umgehen.

Aber nicht nur Menschen, die nicht stottern, sind gefordert. Auch Betroffene selbst müssen das Selbstvertrauen, mit dem sie an diesen Freitag über das Stottern aufklären, ins restliche Jahr mitnehmen – und ihre Rechte einfordern.

Der Welttag ist ein Tag des Denkanstoßes. Entschieden wird aber an anderen Tagen.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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