Konzertkritik

Gringo Mayer fand's "brutal" im Café Central

Von 
Jörg-Peter Klotz
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Neue kurpfälzische Live-Attraktion: Gringo Mayer. © Manfred Rinderspacher

Weinheim. So eine unbeschwerte Stimmung konnte man sich bei einem Konzert in vier Wänden lange nicht vorstellen. Aber der kurpfälzische Mundartrock von Gringo Mayer löst trotz teilweise hörbarem Indie-Anspruch alle Beklemmungen, das eine oder andere Bier tut beim Publikum im sehr gut gefüllten Weinheimer Café Central ein Übriges, um für Ausgelassenheit zu sorgen. Das Aufwärmprogramm hat ein ausgewachsener Bundesliga-Trainer konzipiert: DJ Bavaria alias Fußball-Europameister Markus Babbel legt mit der Rückennummer 14 schnörkellosen Oldschool-Rock auf, bodenständig und ohne Berührungsängste zu den kommunikativen Leuten. Und wann hört man heutzutage schon noch mal Creedence Clearwater Revival auf so etwas wie einer Tanzfläche?

Schee war’s – aber es wird noch besser, als Babbels Podcast-Partner Gringo alias Tim G. Mayer die Bühne betritt. Der 1988 in Ludwigshafen geborene Ex-Sänger der Indie-Rocker Die Felsen (2010-2015) trifft auf ein so ausgehungertes wie begeisterungsfähiges Publikum. Wichtiger noch: Seine Fans sind wesentlich mehr geworden seit der Präsentation seines Debütalbums „Nimmi normal“ im November 2021 im Mannheimer Club Kulturbrücken – und der harte Kern zeigt sich erstaunlich textfest.

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Das geht schon beim ersten Song „Elafonisi“ los, setzt sich beim ziemlich bösen Rock-’n’-Roll-Titelsong fort und gipfelt im inbrünstig mitgesungenen „Ru’ do driwwe“. Das – wie einst die Mundart-Klassiker der großen Joy Fleming – sehr unverblümt im eigentlich so freundlich klingenden kurpfälzischen Singsang die herzhaft-derb bis harten, auch mal asozialen Seiten des Lebens zwischen Rhein und Neckar herausstellt. In dem an Ostbahn Kurti erinnernden Blues geht es um Nachbarschaftsstreit, der demnächst eskaliert. Das signalisieren wunderbar phrasierte Textzeilen wie „Ich ruf’ kei’ Bulle, jetzt hast gelitte, ich hab noch mehr von deinrer Sort’ bei mir im Keller ligge.“

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Die Band mit Mayer an der Gitarre und mit den Freiburgern Simon Martin (Bass) und Jeremy Dhôme (Schlagzeug) transportiert ihren von der neuen Mannheimer Mastering-Institution Christian Bethge mitgeprägten Sound fast perfekt. Nur die großartigen Orgelteppiche vermisst man, und das Keyboard aus der Konserve scheppert manchmal – mit weiter steigendendem Erfolg lässt sich das irgendwann sicher organischer lösen. Die Kompositionen hätten es verdient.

Galgenhumor gegen die raue Relaität
Mayers raue Stimme und die herben Texte signalisieren eigentlich, dass es hier keine Stimmungsmucke im Dialekt zu hören gibt – wie es vor allem die Die Anonyme Giddarischde auf inhaltlich hohem Niveau kultivieren. Vor dem Schunkler „Allahopp“ mit seinem fatalistischen Text erzählt er launig, aber mit ernstem Hintergrund, wie er sich selbst in einem ungeliebten Beruf gequält hat – und macht nach Monaten, in denen ihn die Pandemie live ausgebremst hat, klar: „Ich freu’ mich, dass ich heute einen Grund gehabt hab, aufzustehen – ihr macht, so als wär das lustig.“ Tatsächlich sind seine Lieder nicht halb so fröhlich wie sie klingen. Musikalisch wird das allerdings mehrmals vom Klassetrompeter Julian Maier-Hauff als Gast versüßt.

„Mo gugge“ und das großartige „Viel zu arg“, das auch von Wanda oder mit weniger bodenständigem Text von Element Of Crime stammen könnte, sind große Abräumer. Getoppt von „Gibt’s do’ net“, dessen kurpfälzisches Fußballvokabular kurventauglich mitgeschmettert wird. Mayer kann aber auch Balladen und sogar Liebeserklärungen an Ludwigshafen („Am Rhoi“). Es gibt auch nicht nur Galgenhumor, etwa, wenn er die Sprechchöre im Central kommentiert: „Gringo, Gringo – so geht’s in meinem. Kopf de ganze Tag. Komisch, dass ihr das auch habt. Muss an Corona ligge.“ Nach weiteren Höhepunkten wie „Oh Jesses“ oder dem Frühwerk „Monnemer Dreck“ geht langsam das Material aus. Egal, da gibt’s manches halt zweimal. „Es war brutal mit eich“, ruft der Sänger zum Schluss – Danke gleichfalls!

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