Pop - Wahl-Mannheimer Sänger und Songschreiber Gringo Mayer veröffentlicht Mundart-Debütalbum „Nimmi normal“

Gringo Mayer: „So tanzt es sich ein wenig zwischen Humor und Ernst“

Von 
Martin Vögele
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Gespräch beim Spaziergang: Gringo Mayer (links) spricht mit „MM“-Mitarbeiter Martin Vögele über sein neues Album. © Manfred Rinderspacher

Mannheim. Die Geschichte des Gringo Mayer ist eng mit der Region und den Schwesterstädten Ludwigshafen und Mannheim verbunden. In Vorgenannter ist der Sänger und Gitarrist geboren und aufgewachsen, in Letzterer lebt er. Zum ersten Mal – neun Jahre ist das her, Mayer war damals Frontmann der fabelhaften Indie-Band Die Felsen – hatten wir uns zum Gespräch in Ludwigshafen getroffen. Heuer haben wir uns am Neumarkt in der Mannheimer Neckarstadt-West verabredet, zu einem kleinen Rundgang durch den Stadtteil, in dem der 33-Jährige wohnt, und um über sein Solo-Debütalbum „Nimmi normal“ zu sprechen.

„Es ist irgendwie Leben auf der Straße“, sagt er über diesen Ort. „Mir gefällt es, dass hier Leute stehen mit der Bierflasche in der Hand. Dieses Unaufgeräumte, wo jeder irgendwo seinen Platz hat, das gefällt mir sehr gut, und auch dieses Multikulti gefällt mir sehr gut.“

Unterschiedliche Einflüsse

„Ich laufe hier einfach gern zum Supermarkt und wieder zurück“, fährt er beim Plaudern fort. „Und ich gehe sehr viel spazieren“ – im Lockdown seien es jeden Tag zehn Kilometer am Neckar entlang gewesen. Wobei: „Der Rhein hat mich eigentlich immer mehr geprägt. Ich hab den Neckar hier anfangs erst gar nicht ernst genommen“, weil der „viel, viel mächtigere“ Rhein „alles in den Schatten stellt“, erzählt Mayer.

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Bezeichnenderweise heißt der letzte Titel auf seinem Album „Am Rhoi“, eine auf einem pulsierendem Rhythmus davon treibende Nummer, die uns darüber spekulieren lässt, wie es wohl klingen würde, wenn Bob Dylan auf Kurpfälzisch sänge.

Die zehn Songs auf „Nimmi Normal“ klingen nach völlig unprätentiösem Folk („Ahjoo“) und stellenweise so unverstellt lebensvoll wie die Anfänge der Hamburger Schule („Viel zu arg“). Mal fühlt man sich in schöner Element-of-Crime-Manier purzelnd durch den Song geschaukelt („Allahopp“), mal vom knurrigen Nachbarn hochkant aus dem Mietshaus gekegelt („Ru’ do driwwe“). Und dann überraschen einen Post-Punk-Bass und Elektronik-Sprengsel wie beim veritablen Ohrwurm „Gibt’s do’ net“ – der bereits im Juni dieses Jahres samt Video veröffentlicht worden war und zum „inoffiziellen EM-Song der Kurpfalz“ avancierte.

Die vertraute, fast komplizenhafte Nähe, die sich hier zwischen Musik und (Kurpfälzer) Hörer einstellt, liegt einerseits am sehr guten Songwriting und der rau-herzlichen Stimme von Gringo Mayer. Aber zweifellos auch an der Sprache, in der er seine Stücke verfasst.

Vor sechs Jahren hatte er mit dem Blues „Monnemer Dreck“ erstmals in hiesiger Zunge gesungen, eine Auftragsarbeit, als Titelsong für den Kinofilm „Mannheim – Neurosen zwischen Rhein und Neckar“. Aber es sollte einige Jahre dauern, nach seinem zwischenzeitlichen Umzug nach Freiburg, bis „Viel zu arg“ entstand und den Grundstein für „Nimmi normal“ legte.

Anfang des Jahres 2020 kehrte der Musiker zurück nach Mannheim, wo er die Platte fertig schrieb, um sie dann – wiederum in Freiburg – mit Simon Martini (Bass) und Jeremy James (Schlagzeug) einzuspielen. Die beiden begleiten ihn auch als Band bei seinen Liveauftritten, so auch beim Album-Release-Konzert am 20. November im Kulturbrücken-Zentrum im Mannheimer Jungbusch.

Witzigerweise habe er, als er noch Teenager war und Bands wie Tocotronic hörte, „ganz arg dafür gesorgt, dass mein Dialekt nimmer zu hören ist.“ Denn mundartlich sprechen? „Das ging halt gar net!“ Als er aber anfing, in Mundart zu texten, merkte Mayer, dass ihm das Songschreiben so sogar leichter fällt, dass es unmittelbarer funktioniert. Ein weiterer Vorteil: „Man kann halt auch Sachen sagen, die man auf Hochdeutsch nicht sagen würde“, meint er. „So tanzt es immer ein bisschen zwischen Humor und Ernst.“

Dialekt schweißt zusammen

Wir kommen auch auf die eine Sängerin zu sprechen, deren Name immer wieder fällt, wenn über Gringo Mayer geredet oder berichtet wird: Früher habe er sich mit Joy Fleming „eigentlich nie wirklich auseinandergesetzt“, erinnert er sich. Aber er wusste, sie hat „eine krasse Stimme“ und „sie hat die Leute immer berührt – total“. Und damit sind wir bei einer weiteren besonderen Qualität der Dialekt-Musik: „Ich habe das Gefühl, dass die Mundart mich meinem Wunsch zumindest ein bisschen näher bringt, alle zusammenzubringen“, erklärt Mayer. Denn dem Dialekt sei es egal, welche Schule jemand besucht hat – da „kommen alle aus demselben Eck’.“

„Der Anspruch war, es eben so zu machen, dass es trotzdem groß klingt“, dass es „eine Relevanz hat in der Popkultur“, sagt er über das Album. Das ist Gringo Mayer mit „Nimmi normal“ zweifellos auch geglückt.

  • Der Sänger, Songschreiber und Gitarrist Gringo Mayer wurde 1988 unter dem Namen Tim G. Mayer in Ludwigshafen geboren. Mit seiner Band Die Felsen trat er Ende 2010 erstmals auf, 2015 trennten sich die Wege der Gruppe. Anschließend gründete Mayer „Gringo Mayer“ zunächst als Bandprojekt. 2018 erschien die erste EP „Oh, Gringo“.
  • Mayers Solo-Debütalbum „Nimmi normal“ wurde am 19. November veröffentlicht. Das Album kann via Bandcamp (gringomayer.bandcamp.com) als Schallplatte und auf CD bezogen werden. Die limitierte Erstauflage ist handsigniert.
  • Ab 19. November ist es auch digital auf den gängigen Streamingplattformen erhältlich. Auch ein Video zum Song „Ahjoo“ kommt am selben Tag heraus.
  • Ein Releasekonzert zum Album findet am 20. November, 20 Uhr, bei den Kulturbrücken Jungbusch in Mannheim statt.
  • Infos: www.gringomayer.de, www.facebook.com/gringomayer

 

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