Mannheim. Ein Auftritt wie ein Popstar: Zu riesigen Lichtkegeln und seinem Song „ImBaba“ joggt Teddy locker auf die Bühne. Die Kulisse ist dem angemessen: Der 1983 im damals äthiopischen Asmara geborene Tedros „Teddy“ Teclebrhan füllt die Mannheimer SAP Arena an diesem Wochenende stolze dreimal, restlos – mit jeweils 9500 Fans. Solche Comedy-Dreierpacks am Stück sind bislang nur Mario Barth, zuletzt Felix Lobrecht und natürlich Bülent Ceylan in Mannheim gelungen.
Warum zieht der am Rand der Schwäbischen Alb aufgewachsene Schwabo-Eriträer so dermaßen? Sein auf Insider-Witzen und Figuren-Comedy aufgebauter Humor ist eigentlich eher eigenwillig und schräg, er polarisiert. Das läuft aber auf einer ähnlichen Schiene wie Ceylan: Diese Art von Comedy funktioniert wie ein Besuch von einem Freund, der gern viel redet – über Sympathie. Man sieht den Bülents, Teddys und Co. auch einfach gern zu. Dank Bühnenpräsenz – und „funny bones“. Seinen Humor transportiert der gelernte Schauspieler („Systemsprenger“, „Bad Banks“ auch über Körpersprache und ein witziges, flexibles Gesicht.
Nähe stellt Teddy scheinbar natürlich her, 2025 auch durch sehr persönliche Geschichten. Mit starken emotionalen Kontrasten. Und er ist ein Meister der „Crowd-Work“ – Interaktion mit dem Publikum.
Am Freitag schafft er direkt eine Verbindung zu seinen Fans: „Wer hatte heute einen stressigen Tag?“ Dreimal ausverkauft – „das macht mich schon ein wenig emotional“, sagt er mit typisch verdrehter Stimme und englischer Aussprache. „Warum lacht Ihr?“ Tja, warum? Phonologische Ausritte bis ins Schräge und Quengelige, auf Schwäbisch oder Kiezdeutsch, sind charakteristisch – und werden gefeiert.
Eigentlich müsste ich sagen: Danke, Deutschland. Danke, dass ich noch hier sein darf. Wer weiß, wie lang?
Tatsächlich muss man sich in den Comedy-Sound von Teddy und seinen teilweise überdrehten Figuren einhören – wie in anfangs sperrige Musik. Schon während der gut zweistündigen Show zeigt sich der Wiedererkennungswert – die seit 2011 vor allem bei YouTube geschulten Insider lachen schon, wenn sie den blonden Schnauzbart von Antoine Burtz sehen, einem der Zweit-Ichs des Komikers.
Aber der Mann kann mehr als nur Klamauk. Wobei man als afrodeutscher Komiker in diesen Zeiten gar nicht viel sagen muss, um klare Statements zu setzen. Nach dem Dank ans Mannheimer Publikum muss er nur mit gut getimeden Pausen bemerken: „Eigentlich müsste ich sagen: Danke, Deutschland. Danke, dass ich noch hier sein darf. Wer weiß, wie lang?“ Dafür erntet er sehr warmen Applaus. Das teilweise weitgereiste Publikum in Mannheim ist so tolerant, dass es sogar den hohen Anteil an Schwäbisch akzeptiert.
Seine Familie bekam zuerst in Mannheim Asyl
Teddy rekurriert sogar auf „dieses geheime Treffen“, gemeint ist die pseudokonspirative Remigrationsversammlung rechter „Patrioten“ Anfang 2024 in Potsdam. Dessen Thema fasst Teddy so zusammen: „Wie kriegen wir die Batschaken hier raus?“ Da habe er schon Angst gekriegt und simuliert Telefonat mit seiner Mutter: „Mama, wir müssen hier raus.“ Aber seine Mutter habe hier drei Kinder großgezogen. „Ihr wisst, wie stark Frauen sind“ – Abschieben unmöglich. Seine Mutter hatte 1985 mit ihm und seinen zwei älteren Brüdern Asyl in Deutschland gesucht und zunächst in Mannheim gefunden. Über Karlsruhe zog die Familie dann in die Nähe von Tübingen.
Das ist die Überleitung zu seiner femininen Seite und starken Frauen wie Krankenschwestern oder Alleinerziehenden. Als Teddy die erste Begegnung mit seinem inzwischen verstorbenen Vater in Eritrea schildert, führt er die Zuhörenden durch die Extreme zwischen anrührend und sarkastisch. Der ihm bis dahin unbekannte Mann sei schon geschwächt gewesen und habe geweint – „und ich habe mich gefragt, all diese Jahre und Momente – wie viele Alimente das wohl wären?“
Auch der Abschied trug wohl Züge schwäbischer Romantik: „Wie mache mers jetzt? (…) Zahlst in Raten?“ Dann findet der Publikumskameramann einen Herrn mit großer Familienähnlichkeit zu Teddy – großer Applaus. Wichtig sei gewesen, dass er ihm verziehen habe. So konnte sich das Gefühl einstellen, dass er sich immer gewünscht habe, als er eine Vaterfigur vermisste.
Die Figurenparade von Ernst Riedler bis Antoine Burtz räumt ab
Die Umkleidephasen werden mit Einspielern gefüllt: Teddy als schnauzbärtiger, zum Rassismus tendierende Batschkapp-Träger Ernst Riedler klingt fast wie Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer, wenn er über das Tallohoonieren herumschwadroniert. Schon steht er live in dieser Montur auf der Bühne. „Schönes Stadtbild“, sagt er mit Blick ins Mannheimer Rund. Der Mann mag Einfalt lieber als Vielfalt, sein Kurzauftritt endet mit „Kontrolle ist gut … Verachtung ist besser.“ Seine Einlage mit Percy als Fransenjeansjackenträger zu „Thunderstruck“ als Einlaufmusik gerät weniger spektakulär.
Die Figur Lohan Cohan verwandelt die Show in eine amtliche R&B-Show
Das kann man von der singenden Figur Lohan Cohan nicht behaupten. Der gibt den R&B-Star im glitzernden Snoop-Dogg-Look und mit sehr passabler Stimme. Zu Ginuwines „Pony“ gibt es eine Tanzeinlage mit kleiner Showtruppe und Pyroeffekten. Ansonsten braucht er bei der Bühnenshow keine riesigen Aufbauten, denkt man noch – und plötzlich fällt der riesige Vorhang und die Bühne sieht aus wie bei Usher. Mit 20 Leuten auf der Bühne: achtköpfiger Band, sechsköpfigem Chor und sechs Tänzern. Ein funkiger Wow-Effekt! Musikeinlagen gehören zwar fix zu einer „Teddy Show“ – aber das nimmt nun Ausmaße an, dass man ihn fast für Glücksgefühle auf dem Hockenheimring nachbuchen müsste.
„Solle mer heute a bissle Party mache?“, fragt Teddys als Antoine Burtz nach der halbstündigen Pause. Vor einer wirklich großen Pop-Produktion mit quietschbunten Bildern und Teddy-Rap. Auch das geht auf – die Hände fliegen durch die Luft als wäre er der Fantastische Fünfte. Zu Samba-Rhythmen steigt er auf die Ränge und gegen Ende der Show kommt die B-Bühne in der Hallenmitte zum Einsatz. Dort singt er eine Art Hit aus dem Teddy-Universum: „Flieg, klein Wellensittich“ in Grönemeyer-Diktion und Soul-Sound, getragen vom sechsköpfigen Chor. Jetzt ist die Arena ein Meer aus Smartphone-Lichtern. Dazu fliegt eine Drohne im großen Sittichkostüm umher, als wäre sie Helene Fischer oder Pink. Teddys Popshow auf dem Höhepunkt.
Showtechnisch setzt „Mona Lisa“ zum Schluss fast noch einen drauf. „Halb Mensch, halb Disco“, ist jetzt die Parole. Die heftig umjubelte Zugabe startet mit „I Would Die 4 U“ von Prince – dabei übergibt Teddy die Strophe an den Chor. Die Stimme sei durch – auch das wirkt sympathisch. Zum Schluss gibt es noch mal eigene Musik wie „Nukho“, Abtanzen auf der Zweitbühne und eine Einlage als Percussionist. Viel vielseitiger geht‘s kaum.
Meiste Comedy-Shows in der SAP Arena nach Bülent Ceylan und Mario Barth
Dank seinem Dreierpack am Wochenende gehört Teddy zu den drei erfolgreichsten Comedians in der 20-jährigen Geschichte der SAP Arena - mit sieben Auftritten seit 2017. Weit vorn liegt Lokalmatador Bülent Ceylan mit 26 Shows (ab 2009) vor dem Berliner Mario Barth mit 22 seit 2007. Luke Mockridge (ab 2017) kommt ebenfalls auf sieben Auftritte, Carolin Kebekus (Debüt 2017), Chris Tall (2017) und Michael Mittermeier (2022) haben jeweils viermal in der Arena gespielt. In Lauerstellung: Felix Lobrecht (drei, 2022), der am 20. und 21. November 2026 zwei Shows terminiert hat. Aber nach dieser „Teddy Show“ ist zu erwarten, dass sich der 42-Jährige weiter absetzt – es sei denn, man muss ihn künftig in der Konzertrubrik listen.
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