Das Wichtigste in Kürze
- Beim Mannheimer Comedy Cup werden Newcomer von Profis wie Junghans und Wienand geschult.
- Der Workshop bereitet die Teilnehmer auf ihre Auftritte im Capitol vor.
- Alex Hain gehört zu den ausgewählten Kandidaten im Wettbewerb.
Mannheim. Witzigkeit kann man nicht lernen. Sollte man meinen. Auch Roland Junghans weiß urkomische Naturtalente mit „funny Bones“ (lustigen Knochen) sehr zu schätzen. Aber wenn der langjährige Autor von Bülent Ceylan gemeinsam mit Jens Wienand, dem Chef des Mannheimer Improvisationstheaters, Newcomer auf ihre Auftritte beim 11. Mannheimer Comedy Cup am 17. Mai im Capitol vorbereiten, ist die Hauptbotschaft: „Komisch sein ist ein Handwerk. Das kann man lernen.“ Einen exklusiven Einblick, wie das abläuft ermöglichten sie dieser Redaktion beim Workshop für Alex Hain.
Alex Hain, einer von 100 Bewerbern in der Newcomer-Kategorie
Der 27-jährige Wahl-Münchner, der bürgerlich Alexander Schreck heißt, gehört zu den sechs Glücklichen, deren Material für den fünfminütigen Auftritt in der bundesweit renommierten Newcomer-Sparte des Wettbewerbs im direkten Austausch mit den beiden altgedienten Profis Feinschliff erhält. Akribisch und meinungsstark, zwei Stunden lang. Dafür gab es 100 Bewerbungen. 35 waren gut genug für ein Vorab-Casting. Dementsprechend ist dem aus Aschaffenburg stammenden Alex Hain die Dimension der Chance bewusst, die sich ihm an diesem sonnigen Freitagnachmittag im Improvisationstheater in der Mittelstraße bietet. Dementsprechend offen, ja schwammartig, zeigt er sich für den hochkonzentrierten Input.
Der Mannheimer Comedy Cup
- 11. Mannheimer Comedy Cup: Samstag, 17. Mai, 19.30 Uhr . Karten ab 26,20 Euro plus Gebühren unter capitol-mannheim.de. Premium-Tickets mit VIP-Paket kosten 89 Euro. Vorverkauf unter eventim.de
- Teilnehmer in der Profi-Kategorie: Marvin Spencer, Christin Jugsch, Samuel Sibilski und Ill-Young Kim. Mehr unter capitol-mannheim.de
- Informationen zur Comedy-Schule Mannheim am neuen Standort im Lindbergh gibt es unter comedyschule-mannheim.de
- Sponsoren 2025: Rosengarten Freundeskreis, Palazzo Mannheim, Mannheimer Runde, Schies Wertelogistik GmbH und Kos Klima.
- Jury 2025: Roland Junghans, Jens Wienand, Gregor Spachmann (alle drei auch Produzenten der Show), Anna Krämer (Schöne Mannheims), Sven Sachs (Radio Regenbogen, Medienpartner wie der „Mannheimer Morgen“).
- Der erste Comedy Cup fand am 11. Mai 2013 im Capitol statt.
- Bisherige Gewinner der Profi-Kategorie:
Ingmar Stadelmann 1. Comedy Cup 2013 (u.a. vor Torsten Sträter).
Faisal Kawusi 2. Comedy Cup 2014
Joachim Hahn 3. Comedy Cup 2015
Achim Sam 4. Comedy Cup 2016
Daniel Helfrich 5. Comedy Cup 2017
Peter Löhmann 6. Comedy Cup 2018
Passun 7. Comedy Cup 2019
Johnny Armstrong 8. Comedy Cup 2022
Amir Shahbazz 9. Comedy Cup 2023
Der Storb 10. Mannheimer Comedy Cup 2024
- Gewinner Newcomer-Kategorie
Andreas Weber 1.Comedy Cup 2013
Johnny Armstrong 2. Comedy Cup 2014
Herr Schröder 3. Comedy Cup 2015
Amir Shahbazz 4. Comedy Cup 2016
Marten De Wall 5. Comedy Cup 2017
Luca Brosius 6. Comedy Cup 2018
Halid.TV 7. Comedy Cup 2019
René Kaspar 8. Comedy Cup 2022
Marcel Vrabac 9. Comedy Cup 2023
Katharina Block 10. Mannheimer Comedy Cup 2024
Zunächst trägt er seine zuvor per Mail abgestimmte Stand-up-Nummern im leeren Saal vor, der normalerweise Platz für 50 Zuschauerinnen und Zuschauer bietet. Trotz eher unaufdringlichem Vortragsstil sieht man das Talent, das sich vor allem auf Bühnenpräsenz und Situationskomik im Text verlassen kann. Man sieht dem jungen Mann gern zu. Es gibt Applaus von den beiden Lehrkräften.
Dann ist Schluss mit lustig. Und es geht direkt ins Detail. Direkt und offen. Das Feedback ist konstruktiv und klingt fast nie negativ. Trotzdem werden dem Kandidaten seine Schwächen schnell deutlich gemacht: Oft zu viele Worte, zu hohes Tempo, Wortwiederholungen. Es geht in Kleinarbeit um einzelne Formulierungen, das elementare Verwirrspiel mit den Erwartungen des Publikums („Brücken bauen – und abbrechen“), das Erzeugen von Bildern (eine Stärke dieses Aspiranten), Fallhöhe - bis hin zum Rat, eine Pointe hart mit einem Konsonanten enden zu lassen. Manchmal spinnen die Profis die Gags auch weiter, um Mut zu machen, noch viel forscher zu sein („Du bist so nett“). Junghans: „Erlaub dir, ein bisschen Gemeinheit.“ Dafür ist Alex Hain mehr als offen: „„Ist es blöd, wenn ich mir so was aufschreibe? Weil ... es ist funny.“
Lehrbuchreife Grundsätze für Live-Comedy
Irgendwann kommen die lehrbuchreifen Grundsätze für Live-Comedy Schlag auf Schlag: Atmosphäre erzeugen, den eigenen Pointen vertrauen und Raum lassen. Das bedeutet auch, dem Publikum die Möglichkeit zu geben, alles verstehen zu können. Also nicht in den Applaus reden. Und: „Nach der Pointe nicht über die Pointe reden – die Leute bewerten den Gag“, betont Wienand mit Nachdruck und fragt: „Ist das nachvollziehbar?“ Der Plauderlehrling strahlt und antwortet: „Ja, voll!“ Besonders wichtig sei laut Junghans Wiedererkennungswert: „Du stehst im Wettbewerb. Das heißt: Du musst individuell wahrnehmbar sein – und zitierfähig.“
Für den zweiten Teil des Workshops geht es ins gemütliche Foyer des Improtheaters. Und selten hat die Arbeit mit einem Flip-Chart solchen Unterhaltungswert. Es geht nun ums Schreiben, das Kreieren von Pointen und Stand-up-reifen Situationen. Das Handwerkszeug schlechthin für Komiker. Alex Hain soll für die linke Seite des Chart-Papiers Alltagssituationen nennen. Es kommen u.a. das Einscannen an einer Selbstbedienungskasse, Biertrinken mit einem Kumpel an der Isar oder Hilfestellung bei der letzten Wiederholung am Gewicht im Fitnesscenter. Wienand lässt ihn die Vorstellungen immer wieder nachschärfen: „Genauer! Als ob Du ein Foto davon machst.“ Das ist die „normale Realität“.
Eisteer-Trinken an der Isar
Die soll der Comedy-Cup-Kandidat umformen in eine „komische Realität.“ „Das ist unser Job!“ Die Mittel: Spiel mit passenden Wortfeldern, etwa nach dem Motto „40 Worte mit B“. Und freie, möglichst frei drehende, ja überdrehte bis absurde Assoziation. „Tausch die Wörter aus, so dass sie schön daneben liegen“, fordert Wienand. „Dabei eröffnen sich neue Räume“, erklärt Junghans. So landet man schnell bei Selbstgesprächen an der SB-Kasse. Oder mit etwas Anlauf und Übung, bei der erfreulich abstrusen Idee, dass man theoretisch an der Isar auch Teer trinken kann. Im Ping-Pong-System hat man dann schnell die erste originelle Wortkreation: Eistee(r). Und einen möglichen (fiktiven) Anlass: Alles Schädliche ist inzwischen verboten, es bleibt nur noch Teer, um dem Körper Giftstoffe zuzuführen.
Alex Hain ist begeistert. Sogar über die Hausaufgabe: Ein großes Flip-Chart-Blatt mit Realität füllen. „In möglichst kleiner Schrift“, witzelt Junghans, der mit Wienand auch zur Jury im Capitol gehören wird. Der wird dann Ernst: „Im Capitol bewerten wir nicht primär den Auftritt, sondern das Wachsen.“ Also die Verbesserung zwischen Workshop und den fünf Minuten vor 700 Menschen im Capitol. Alex Hain, der als Volontär bei Constantin auch im Filmgeschäft ein angehender Profi ist, formuliert sein Fazit aufrichtig begeistert: „Mit Leuten so ernsthaft über Comedy zu reden – da geht mir das Herz auf! Es war mega-lehrreich.“ Sein (Luxus-)Problem: Seine Konkurrenz wurde von den beiden Köpfen der Mannheimer Comedy-Schule genau so ernsthaft vorbereitet.
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